Der Immobilienmarkt in China steht zwischen Hoffnung und Illusion. Aktuelle Verkaufszahlen deuten auf eine leichte Erholung hin, doch grundlegende Probleme wie sinkende Preise und Überkapazitäten belasten weiterhin.
China: Verkaufszahlen steigen – Stabilisierung in Sicht?
Die Verkaufszahlen neuer Wohnimmobilien, gemessen an den 100 größten Entwicklern des Landes, verzeichneten erstmals in diesem Jahr einen Zuwachs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Angaben schwanken je nach Quelle zwischen einem Anstieg von 0,1 %, 7,1 % oder sogar 10,5 %. Besonders bemerkenswert ist der monatliche Vergleich: Hier stiegen die Verkäufe um 67 % bis 73 % gegenüber September 2024.
Diese Entwicklungen lassen sich vor allem auf umfangreiche Maßnahmen der chinesischen Regierung zurückführen, die im September in Kraft traten. Dazu zählen die Senkung von Hypothekenzinsen, gelockerte Kaufbeschränkungen in großen Städten und eine Reduzierung der Anzahlungsanforderungen. Ziel war es, das Vertrauen der Käufer zu stärken und die Nachfrage zu beleben. Chen Wenjing, Forschungsdirektor bei China Index Holdings, kommentierte, dass diese Maßnahmen eine gewisse Belebung bewirkt hätten. Dennoch betonte er, dass weitere Reformen notwendig seien, um den langfristigen Abwärtstrend zu stoppen.
Sinkende Preise und massives Überangebot belasten weiter den Markt
Trotz steigender Verkaufszahlen bleiben die strukturellen Probleme des Marktes allgegenwärtig. Die Immobilienpreise sanken im Oktober 2024 zum 17. Mal in Folge. Während Neubauten im Monatsvergleich 0,5 % an Wert verloren, lag der Rückgang im Jahresvergleich bei 6,2 %. Zwar hat sich die Abwärtsdynamik verlangsamt, doch das zeigt vor allem die anhaltende Schwäche der Nachfrage. Bei Bestandsimmobilien ist das Bild gemischter: In Tier-1-Städten wie Peking und Shanghai gab es leichte Preissteigerungen, während Tier-2- und Tier-3-Städte weiterhin unter Druck stehen.
Ein zentrales Problem bleibt das Überangebot. Mit mehr als 80 Millionen leerstehenden Wohnungen, darunter unverkaufte Neubauten und ungenutzte Investorenobjekte, ist die Marktsättigung eklatant. Zugleich zögern viele potenzielle Käufer, da sie auf weiter sinkende Preise spekulieren. Diese Abwärtsspirale verschärft die finanzielle Lage der Entwickler, von denen viele bereits mit Liquiditätsproblemen kämpfen. Selbst Branchenriesen wie China Vanke verzeichneten zwischen Januar und September 2024 einen Rückgang der Vertragsverkäufe um 35 % im Vergleich zum Vorjahr.
Zentren erholen sich, die Provinzen schwächeln
Die regionalen Unterschiede auf dem Immobilienmarkt werden immer deutlicher. Tier-1-Städte wie Peking, Shanghai und Shenzhen profitieren stärker von den staatlichen Lockerungen und verzeichnen sowohl höhere Verkaufszahlen als auch leicht steigende Preise für Bestandsimmobilien. In Tier-2- und Tier-3-Städten hingegen bleibt die Lage angespannt. In 90% der Städte fielen die Preise im Oktober. Dort fallen die wirtschaftlichen Fundamentaldaten schwächer aus, was die Nachfrage bremst. Diese Entwicklung spiegelt die zunehmende Konzentration auf die Metropolen wider. Zwar hat sich das Tempo verlangsamt, doch der Anteil der Bevölkerung in Großstädten stieg von 61,4 % im Jahr 2020 auf 64,6 % im vergangenen Jahr.
Experten sind sich einig, dass die jüngsten Verbesserungen größtenteils auf die staatlichen Stimuli zurückzuführen sind. Doch das Käufervertrauen bleibt fragil, und ohne steigende Preise ist eine nachhaltige Erholung unwahrscheinlich. Die Unsicherheit wird zusätzlich durch die hohe Verschuldung der lokalen Regierungen und die schwächelnde gesamtwirtschaftliche Dynamik verstärkt. Fitch Ratings betonte, dass ein umfassender Aufschwung des Marktes nur bei stabileren Rahmenbedingungen und einem gestärkten Vertrauen der Käufer möglich sei.
Nachhaltige Erholung? Staatliche Maßnahmen auf dem Prüfstand
Die jüngsten Verkaufssteigerungen sind zweifellos ein Lichtblick in einem Markt, der von Überkapazitäten und sinkenden Preisen geprägt ist. Doch die grundlegenden Probleme – von den Millionen leerstehenden Wohnungen bis hin zu den anhaltenden Preisrückgängen – bleiben ungelöst. Entscheidend wird sein, ob es der Regierung gelingt, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern und das Vertrauen der Käufer nachhaltig zu stärken
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