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Impfstoff in Deutschland: Versagen der Bürokratie?

Vor einer Woche wurde das Thema schon richtig medial aufgekocht, die neuesten Daten bekräftigen die damaligen Feststellungen: Deutschland hat keinen Mangel mehr an Impfstoff, es fehlt an Logistik, an zentraler Organisation. Ist das Prinzip der Länderhoheit bei der Bekämpfung der Pandemie nicht sogar ein Nachteil, im Land der Bürokratie?

Impfstoff: Der Fortgang der Impfungen in Deutschland

8,4 Millionen Impfungen waren Mitte der Woche in Deutschland schon durchgeführt worden. Die Zahl der täglichen Injektionen ist von Anfang Januar von 50.000 mittlerweile auf 250.000 gestiegen. Klingt nach sehr viel, aber nicht bei Berücksichtigung der Bevölkerungsgröße von Deutschland (83,8 Millionen Menschen) und eingedenk der Tatsache, dass es in anderen Ländern sehr viel schneller vorangeht und dass es viele Impfdosen auf Halde gibt?

Hier die Impfkurve des RKI:

Zu wenig Impfstoff? Nein, wie die Impfstoffkurve zeigt

Der anschwellende Nachschub

Als ob man in Deutschland von dieser Entwicklung überrascht worden wäre. 8,5 Millionen Impfungen klingen gut, aber nicht wenn es bereits 12,5 Millionen Dosen an Impfstoff gibt, die ausgeliefert worden sind. Denn das sind bereits vier Millionen auf Halde, die in Kürze noch Nachschub erhalten: 6,5 Millionen von AstraZeneca bis zum 4.April, die anstehenden Lieferungen von BioNTech plus dem ausgehandelten Sonderpaket aus dem neuen EU-Lieferabkommen, geschätzt 760.000 für die Corona-Hotspots. Dann gibt es noch eine große Lieferung von Johnson&Johnson, dem Vektorimpfstoff, von dem nur eine Dosis verimpft werden muss.

Es ist eine prekäre Lage entstanden – und zwar dahingehend, dass man zwar eineinhalb Millionen Impfungen wöchentlich schafft, der Nachschub aber größer ausfällt. Der Ruf nach Einbeziehung der vielen Arztpraxen, Betriebsärzten und Apotheken wurde zwar immer lauter, die nach einer Videokonferenz zwischen Gesundheitsministerium und den Ministerpräsidenten getroffene Entscheidung sieht den Start für die 75.000 Arztpraxen aber erst ab dem 19. April vor. Dazu gibt es auch noch 12.000 Betriebsärzte, die einen Impfstau schnell mitabbauen könnten.

Die Forderung nach Abkehr von der Priorisierung hat schon dazu geführt, dass man in speziellen Hotspots von der allgemeine Regelung abweicht: Im Vogtlandkreis in Sachsen können sich seit Mittwoch alle über 18-Jährigen impfen lassen.

Es brennt an allen Fronten, die vielen Arztverbände machen Druck auf die Politik, die Verwirrung der Bürger wird immer größer in dem Regelungswirrwarr von Lockdown-Maßnahmen, Inzidenzregelungen und Priorisierungslisten bei den Impfungen, die auch schon viermal geändert wurden.

Deutschland, das ehemalige Vorbild in Sachen Corona-Bekämpfung

Bevor es im November 2020 hierzulande zum großen Anstieg der Coronazahlen kam, galt das Land als Vorzeigenation für die Eindämmung von Covid-19 und dies besonders in den USA. Dann kam die Meldung von BioNTech/Pfizer über die Beantragung der Zulassung von Cominaty, dem Vakzin, welches auch noch in Deutschland entwickelt wurde. Die deutschen Gesundheitsbehörden stellten plötzlich fest, dass man seitens der EU zu wenig Impfstoff geordert hat. Zwar betonte man ständig, dass die Impfzentren bis zum 15. Dezember einsatzbereit sein werden, es dauerte dennoch bis zum 27. des Monats bis es mit den Impfungen losging.

In der Zwischenzeit hatten die Briten und Amerikaner aber bereits mit großem Einsatz losgelegt. Es entstand Anfang Januar bereits ein großes Wehklagen, dass zu langsam geimpft wird, die Begründung war das Fehlen der Vakzine in den Bundesländern. Als diese geliefert wurden, kam man aus vielerlei organisatorisch/regulatorischen Gründen mit dem Impfen nicht hinterher. Allein das Erfassen der über 80-Jährigen bereitete gelegentlich Probleme.

Ständig wird von den Gesundheitsbehörden vor den Risiken der Mutation und vor einer dritten Welle gewarnt. Von zentraler Bedeutung wäre daher das Impfen der Hochbetagten und weiterer vulnerablen Gruppen, die Todesfälle sowie die schweren Fälle waren bis vor Kurzem zu weit über 80 Prozent auf diese Gruppen konzentriert.

Die Zahl der über 80-Jährigen beträgt in Deutschland 5,7 Millionen, die der über 65-Jährigen macht einen Anteil von 18 Millionen oder 22 Prozent der Bevölkerung aus. Die rasche Impfung dieser Menschen unter dem Einsatz aller Ressourcen an Impfstoff muss höchste Priorität haben, eine Inzidenzzahl von 100 im Dezember 2020 (mit einem hohen Anteil Hochbetagter) ist etwas anderes, als eine solche Zahl im Juni mit Schwerpunkt bei U 50.

Die nachlassende Geduld der Bundesbürger mit den Lockdown-Maßnahmen

Einen nochmaligen Lockdown nach Ostern kann die Politik vermutlich nicht mehr durchsetzen. Wie sagte der Risikoforscher Nassim Taleb zu Beginn der Pandemie aus seinem riesigen Erfahrungsschatz über historische Seuchen? „Eine Pandemie bekämpft man am besten mit einer kontrollierten Panik in der Bevölkerung!“ Um große Vorsicht zu erreichen, auch unter Einsatz von Quarantänemaßnahmen (der Begriff stammt bereits aus dem 14. Jahrhundert, als in Venedig die Schiffe 40 Tage lang – quaranta – wegen der damaligen Pest nicht an Land durften).

Dies funktioniert heutzutage aber nicht über lange Zeiträume, vor allem die Jungen werden dies nicht mehr lange akzeptieren. Deren Bedrohungslage ist eine fast völlig andere.

Die Psychologie teilt die Menschen, die Lockdown-müde sind, in drei Kategorien ein: Ein Teil wird depressiv, ein anderer aufmüpfig, ein weiterer fügt sich dem Schicksal. Ein sich verstärkender Trend, der aus epidemiologischen, wie auch wirtschaftlichen Gründen gefährlicher wird.

Demzufolge zählt jeder Tag, an dem die Impfgeschwindigkeit, auch angesichts der Mutationen, schneller hochgefahren wird.

Neue Sorgen sind um den britischen Impfstoff von AstraZeneca aufgetaucht. Nach dem Auftreten von Gerinnungsstörungen haben Dänemark und Norwegen zunächst die Verwendung dieses Impfstoffs gestoppt. Dies sei als Vorsichtsmaßnahme zu verstehen, das

Bundesgesundheitsministerium in Deutschland sehe zunächst keinen Anlass die Impfungen mit dem Wirkstoff in Deutschland zu stoppen.

Bisher habe die Europäische Arzneimittelagentur EMA bei ihren Untersuchungen festgestellt, dass die Zahl der Thromboembolien niedriger sei als es bei der Zahl von Impfungen zu erwarten wäre.

Natürlich wird sich durch die Meldungen über AstraZeneca die vorherrschende Abneigung vieler deutschen Impfstoffkandidaten gegen dessen Vakzin weiter verstärken. Seltsamerweise hat man von diesen Nebenwirkung aber noch nichts aus Großbritannien gelesen, wo bereits 25 Millionen Impfdosen verimpft worden sind, in der Mehrzahl von diesem heimischen Hersteller.

Fazit

Den Titel des Organisationsweltmeisters wird Deutschland bei der Bekämpfung von Covid-19 nicht mehr gewinnen können. Bleibt zu hoffen, dass die deutsche Gründlichkeit, trotz der überbordenden Bürokratie, mit unserem guten Gesundheitssystem demnächst zur großen Rally in Sachen Impfstoff ansetzt, mit den Hunderten Impfzentren, den 75.000 Arztpraxen, den 12.000 Betriebsärzten und den 20.000 Apotheken, um auf die 20 Millionen versprochenen Impfungen pro Monat zu kommen. An der Verfügbarkeit an Impfstoff dürfte es nicht mehr scheitern, die Deutschen sind Corona-erschöpft, die Geduld von vielen ist am Ende. Erst recht, wenn zu Sommeranfang Urlaubsberichte vom 17. deutschen Bundesland zu sehen sind, mit Touristen aus UK, währenddessen wir…..?

Der Impfstoff ist in Deutschland nicht das Problem, sondern die Bürokratie



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2 Kommentare

  1. Moin, moin,

    die Begriffe „Bürokratie“ und „Organisation“ sind für mich in keinen logischen Zusammenhang zu bringen. Vielmehr schließen sich diese aus, entweder das eine oder das andere.

    M.E. ist die Corona-Grippe nur ein Ablenkungsmanöver, um die Staatspleite zu vertuschen. Im Hintergrund wird das Digitalgeld vorbereitet und damit die totale Überwachung der BRD-Bürger. Und nach der nächsten Bundestagswahl geht der Klingelbeutel um und bittet um reichlich Geld, freiwillig oder mit Zwang, damit das Sozialexperiment „BRD-Fullairbag“ weiter gehen kann.

    Solange diskutieren wir überall über Corona.

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