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Indien gerät in den globalen Abwärtsstrudel

Vor allem weiter anziehende Exporte und Auslandsinvestitionen sollten das Wachstum an die globale Spitze katapultieren. Doch durch den Handelskrieg und die starke weltweite Investitionszurückhaltung geht dieser Plan nicht auf. Indien ist zwar eine Demokratie, sogar die größte der Welt, aber wirtschaftlich gilt das Land als sehr stark zentralistisch gelenkt, was nicht immer von Vorteil ist. So wurden beispielsweise Anfang 2016 mehrere große Banknoten und damit 86 Prozent des im Umlauf befindlichen Bargelds in einer Nacht- und Nebel-Aktion von der Regierung für wertlos erklärt, was zunächst für Chaos sorgte.
Die Regierung hat bereits in Reaktion auf die schlechten Wachstumswerte mehrere neue Maßnahmen angekündigt, um die Konjunktur Indiens wieder anzukurbeln, darunter die Senkung von Unternehmenssteuern, Subventionen für PKW-Käufe und die Rekapitalisierung von Banken.

Entwicklung des indischen BIP

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte noch in seinem Oktober-Bericht ein indisches BIP-Wachstum von 6,1 Prozent für das Haushaltsjahr 2019 bis 2020 (April bis März) und 7 Prozent für das kommende Fiskaljahr prognostiziert. Der aktuelle Einbruch der indischen Wachstumsdynamik dürfte jedoch zu einer neuerlichen Abwärtsrevision dieser beiden Prognosen führen. Damit besteht auch Anpassungsbedarf für die IWF-Vorhersage für das Wachstum der gesamten Welt. Bereits im Oktober, basierend auf den noch optimistischeren Prognosen für Indien, schraubte der IWF seine globale Wachstumsvorhersage für dieses Jahr zum vierten Mal in Folge auf nur noch 3 Prozent nach unten – nach 3,2 Prozent im Juli.

Verarbeitendes Gewerbe und Agrarwirtschaft massiv unter Druck

Gemäß den Daten des Ministeriums für Statistik und Programmdurchführung (Mospi) schrumpfte das verarbeitende Gewerbe im abgelaufenen Quartal um 1 Prozent, nach einem robusten Wachstum von 6,9 Prozent im Vorjahresquartal. Für das erste Fiskalhalbjahr 2019/2020 (April bis September) verzeichnete das verarbeitende Gewerbe in Indien insgesamt einen Rückgang um 0,2 Prozent gegenüber einem Wachstum von noch 9,4 Prozent in der Vorjahresperiode.

Der für das Land nach wie vor wichtige Agrarsektor verzeichnete im zweiten Quartal dieses Jahres ein Wachstum von lediglich 2,1 Prozent gegenüber noch 4,9 Prozent im zweiten Quartal des Vorjahres. Fast 60 Prozent der Inder sind in diesem Sektor beschäftigt, der knapp ein Fünftel zum gesamten Bruttoinlandsprodukt beiträgt.

Wie stark die Regierung in Neu-Delhi versucht, sich gegen die Wachstumsschwäche zu stemmen, sieht man an folgender Entwicklung: Im gesamten Dienstleistungssektor verzeichnete nur die Kategorie „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und andere Dienstleistungen“ eine Beschleunigung des Wachstums von 8,6 Prozent im Vorjahresquartal auf 11,6 Prozent im dritten Quartal dieses Jahres. Auch in der Kategorie „Finanz-, Immobilien- und professionelle Dienstleistungen“ ging das Wachstum auf 5,8 Prozent zurück, verglichen mit noch 7 Prozent im Q3´18.

Fazit und Ausblick

Nach China, Japan, Süd-Korea und Deutschland schwächelt ein weiteres für die Weltwirtschaft bedeutendes Land. Ob die beschlossenen Maßnahmen der indischen Regierung ausreichen, um den Trend umzukehren, ist fraglich, da deren Dimension gemessen am indischen BIP mit nicht einmal 0,1 Prozent verschwindend gering ausfällt.

Zudem hat die Zentralbank Indiens (Reserve Bank of India) die Zinsen in diesem Jahr bereits fünfmal auf aktuell 5,15 Prozent gesenkt, zuletzt um 25 Basispunkte. Eine sechste Zinssenkung wird noch für dieses Jahr erwartet. Bislang konnte der Abwärtstrend der indischen Konjunktur damit aber nicht aufgehalten werden.

In Indien wird aktuell noch über die Notwendigkeit eines breiten Konjunkturprogramms diskutiert, da es offiziell noch keine Rezession gibt – eine ähnliche Diskussion wie in Deutschland. Erst heute Morgen hat Japan ein massives, schuldenfinanziertes Konjunkturprogramm in Höhe von 215 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Dies könnte eine Inspiration für viele Regierungen weltweit sein, mithilfe immer günstigerer Notenbankkredite sich selbst á la Münchhausen aus dem Konjunktur-Sumpf zu ziehen.

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1 Kommentar

  1. Ein BIP-Wachstum von 4,5% pro Quartal in der derzeitigen globalen Lage als Problem einzustufen, solche Probleme möchte man gerne andernorts haben.

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