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Inflation im November bei 5 Prozent? „Risiken nicht länger klein reden“

Brennender Geldschein als Symbol für Inflation

Man solle die Inflationsrisiken nicht länger klein reden. Schon in vier Wochen könnte für Deutschland eine Inflationsrate von 5 Prozent vermeldet werden, so vermutet es Commerzbank-Chefvolkswirt Dr. Jörg Krämer. Denn heute haben die staatlichen Statistiker für Oktober 4,5 Prozent Inflation gemeldet (höchster Stand seit Anfang der 90er-Jahre), nach 4,1 Prozent im September. Krämers Tweet und auch die von seinem Expertenteam heute Nachmittag veröffentlichten Kommentare sind wohl eher eine Warnung, dass Politik, Medien, Ökonomen und Notenbanker das Thema endlich ernst nehmen oder überhaupt erstmal wahrnehmen sollen. Denn bislang ist es wenn überhaupt ein Randthema, oder Notenbanker oder DIW-Chef Fratzscher spielen es so weit runter, als gäbe es gar keine Preissteigerung – und wenn, dann wäre es nur ein vorübergehendes unproblematisches Phänomen.

Die Experten der Commerzbank sehen die Verbraucherpreise im November weiter ansteigen. Das Thema ist ernst – aber man sieht für Anfang 2022 entspannende, aber auch verstärkende Faktoren für die Inflation. Im Jahresdurchschnitt 2022 dürfte die Teuerungsrate laut den Bankexperten etwa 2,7 Prozent betragen. Zum einen entfällt nämlich ab Januar 2022 der Mehrwertsteuer-Basiseffekt, der die Inflationsrate in der zweiten Jahreshälfte 2021 nach oben getrieben hat. Zum anderen soll der Ölpreis seinen derzeitigen Höhenflug auf absehbare Zeit beenden und im weiteren Verlauf von 2022 wieder nachgeben, da sich auf dem Weltmarkt wegen einer steigende Produktion ein leichtes Überangebot einstellen dürfte.

Diese inflationsdämpfenden Effekte sollten die inflationstreibenden Effekte, die nächstes Jahr ebenso eine Rolle spielen werden, laut Meinung der Commerzbank überkompensieren. Die Inflation antreiben soll ihrer Meinung nach die Anfang 2021 eingeführte CO2-Steuer – denn sie wird im Januar 2022 von 25 Euro auf 30 Euro pro Tonne CO2 steigen und damit Benzin, Heizöl und Erdgas entsprechend verteuern. Und die Liefer- und Materialengpässe, die bisher zu sehr deutlichen Anstiegen in den Produzenten– und Importpreisen geführt haben, dürften sich gerade in den Anfangsmonaten 2022 in den Verbraucherpreisen niederschlagen. Sofern die Lieferprobleme bei Vorprodukten im weiteren Jahresverlauf überwunden werden, soll später auch der resultierende Preisdruck abnehmen.

Commerzbank-Erwartung zur Inflation in 2021 und 2022

EZB ist wohl keine große Hilfe beim Eindämmen der Inflation

Es versteht sich wohl von selbst, dass die EZB beim Eindämmen der Inflation keine große Hilfe sein wird. Denn sie selbst hält sie ja nur für vorübergehend erhöht. Es ist offensichtlich. Die Notenbanker in Frankfurt argumentieren so, damit sie ihre lockere Geldpolitik möglichst lange weiter fahren können – denn die Staatshaushalte der Südländer in der Eurozone müssen so lange wie möglich mit billigen Schulden versorgt werden.

Dr. Jörg Krämer sagt aktuell, dass die Vertreter der EZB die Inflationsrisiken kleingeredet hätten – einige sagten sogar, dass das eigentliche Risiko in einer zu niedrigen Inflation liege. Die Realität habe sich bekanntlich anders entwickelt. Bemerkenswert ist laut Dr. Jörg Krämer aber, dass die EZB längerfristig weiter keine Inflationsgefahren sieht. Denn Christine Lagarde habe in ihrer heutigen Pressekonferenz bestätigt, dass die EZB für das Ende ihres Prognosehorizonts (2023) weiter eine Inflation von unter 2 Prozent erwartet.

Insofern hat Christine Lagarde laut Dr. Jörg Krämer der Markterwartung eine Absage erteilt, nach der die EZB ihren Leitzins in 2022 zum ersten Mal anhebt. Die Commerzbanker teilen zwar nicht die optimistische langfristige Inflationsprognose der EZB. Aber sie erwarten, dass die EZB noch lange daran festhalten wird – auch um die lockere Geldpolitik zu rechtfertigen, auf die die Vertreter der hoch verschuldeten Länder besonders aus dem Süden der Währungsunion drängen. Deshalb erwarte man, dass die EZB nach einem Ende des PEPP-Anleihekaufprogramms im März ihre Käufe im Rahmen des APP-Kaufprogramms merklich aufstocken wird.



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7 Kommentare

  1. Ich mag diese reißerische Berichterstattung echt nicht, es kommt wie es kommt. mehr nicht…

    1. @Wohlrabe, reißerisch und Kummerfeld lassen sich nicht trennen. Der Mann ist das Pendant auf FMW für das, was die BILD in ganz DE verkörpert.

      Persönlich bin ich prinzipiell sehr überzeugt von dieser Plattform, seit Jahren ein steter und treuer Leser der FMW. Sie bietet Raum für verschiedenste Meinungen und beleuchtet Themen aus vielerlei Gesichtspunkten. Obwohl es mir erscheint, dass sich eine gewisse, manchmal etwas einseitig wirkende Tendenz in gesellschaftspolitischen und ökonomischen Zukunftsfragen einschleicht. Aber das ist letztendlich natürlich legitim, weil Sache der Redaktion und Betreiber.

      Ich lese einfach selektiv und kann Artikel von Herrn Kummerfeld zu 95% schon an der Überschrift erkennen und ausfiltern. Falls Interesse besteht, lese ich diese bestenfalls quer. Der Mann sorgt hier für Klicks, begeistert die Dauer-Revoluzzer und ständig Unzufriedenen, was soll’s? Thematisch hat er sich auf drei, vier Dinge reduziert, das dafür aber immer häufiger. Quantität statt Qualität, Lautstärke statt Tiefe, die BILD auf FMW eben.

      1. @Treuer Leser, sorry, aber ich kann Ihre Aussage bzgl. Claudio Kummerfeld nicht wirklich nachvollziehen! Schon gar nicht bei diesem Artikel – die Headline bezieht sich auf die Aussage von Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank – und der ist nicht gerade als Crash-Prophet oder Panik-Macher in Erscheinung getreten, sondern ist sehr analytisch und rational!

        1. In der Tat, ich finde die Artikel von Herrn Kummerfeld (wirklich) ausnahmslos sehr gut.
          Natürlich darf jeder seine eigene Meinung haben. Ich schätze die Meinungsvielfalt hier.

        2. @Markus Fugmann, Sie haben natürlich recht. Dieser Artikel bezieht sich inhaltlich vor allem auf Herrn Krämer von der Commerzbank. Übrigens zum wiederholten Mal. Fast alle Artikel von Herrn Kummerfeld beziehen sich auf wenige Quellen oder Analysen/Einschätzungen, die seine persönliche Meinung untermauern. Sehr oft zum Beispiel auf Dirk Müller, Herrn Krall von Degussa, die neue Sarah Wagenknecht von den liberalen Linken.

          Er veröffentlicht nach meinem Empfinden gerne eigene Meinungen und Kommentare, die nicht als solche gekennzeichnet sind. In der Hauptsache schreibt er spekulativ, sehr oft pessimistisch-destruktiv und damit natürlich publikumswirksam über mögliche, meist negative Entwicklungen in der Zukunft. Über persönliche Befürchtungen, wie massive Firmenpleiten, Hyperinflation und bevorstehenden Sozialismus. Eher über ARD statt AfD als ständig frisches Feindbild, über den Rundfunkbeitrag als Grund für einen Aufstand statt Pfennigfuchser-Symbol.

          Das ist natürlich lediglich meine Sicht der Dinge, ein kleiner Teil der (Finanzmarkt)Welt, wie ich sie ganz persönlich empfinde.
          Ich bin, wie gesagt, sehr überzeugt von dieser Plattform, seit Jahren ein steter und treuer Leser wegen ihrer Diversität.
          Es tut mir leid, sollte ich Sie unangenehm konfrontiert oder provoziert haben.
          So ist einfach meine Sicht der Dinge.

          Toll, erstaunlich schade zugleich, dass mich der Commander statt des Captains adressiert.

    2. Yeah, let’s go Brandon.

  2. Ich bleibe dabei: 2023 wird 100-jähriges Jubiläum gefeiert! Der Grund: Die Notenbanken haben mit ihren Bilanzsummenaufblähungen einfach den Bogen überspannt, und das Vertrauen nachhaltig zerstört. Ist im Moment vielleicht noch nicht so spürbar, aber so ist das halt mit den schleichenden Giften…

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