Die offizielle Inflation in Deutschland definiert man ja hinlänglich als den Prozentsatz, um den sich die Verbraucherpreise im Jahresvergleich verteuern. Und da liegen wir hierzulande derzeit bei 4,5 Prozent. Aber im Hintergrund sieht man seit geraumer Zeit deutlich stärker steigende Preise. Die Produzentenpreise zum Beispiel steigen derzeit um 14,2 Prozent – so stark wie seit 1974 nicht mehr. Die Inflation ist da, nur ist sie in den offiziellen Endverbraucherpreisen noch nicht in diesem großen Umfang sichtbar.
Papier und Pappe mit exorbitanten Preisanstiegen
Heute zeigen offizielle Daten exorbitante Preisanstiege bei Pappe und Papier – sie finden in der Industrie und im Handel statt, aber eben noch nicht bei den Preisen für die Endverbraucher. Laut Statistischem Bundesamt haben Lieferkettenengpässe und die Folgen der Coronakrise zu diesen dramatisch steigenden Preisen auf dem Papiermarkt geführt. Vor allem zur Papierherstellung notwendige Rohstoffe wie Altpapier oder Zellstoff haben sich demnach überdurchschnittlich verteuert. So haben sich die Großhandelspreise für gemischtes Altpapier im September 2021 gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als verdreifacht (+222,4 Prozent). Papier- und Pappereststoffe waren im Großhandel zuletzt um 147,0 Prozent teurer. Aus dem Ausland importiertes Altpapier hat sich ebenfalls stark verteuert. Die Einfuhrpreise lagen im September 2021 um 75,0 Prozent über denen im September 2020. Auch Holz- und Zellstoff, ebenfalls ein wichtiger Rohstoff zur Papierherstellung – von Toilettenpapier bis Schreibpapier, kostete bei Einfuhr im September 2021 deutlich mehr als im Vorjahresmonat mit +45,7 Prozent.
Gründe für massive Inflation bei Papierprodukten
Ein Grund für den Mangel an hochwertigerem Altpapier, welches für bestimmte Druckerzeugnisse wie Zeitungen benötigt wird, ist laut den Statistikern die seit Jahren sinkende Produktion von Papier zum Bedrucken, Beschreiben und Kopieren. Wurden 2010 noch 6,62 Millionen Tonnen solcher Papiere in Deutschland hergestellt, waren es 2019 noch 5,07 Millionen Tonnen – ein Rückgang um 23,4 Prozent. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie, als kaum Veranstaltungsflyer benötigt wurden und Firmen weniger Werbematerialien drucken ließen, ging die Produktion im Jahr 2020 noch einmal um 11,5 Prozent zurück gegenüber dem Vorjahr auf 4,49 Millionen Tonnen. Insgesamt war das ein Rückgang binnen 10 Jahren um 32,2 Prozent. Da Printverlage die Umfänge von Zeitungen reduzierten, nahm auch die Produktion von Zeitungsdruckpapier ab. Mit 1,47 Millionen Tonnen wurde 2020 hierzulande 15,2 Prozent weniger Zeitungsdruckpapier hergestellt als im Jahr zuvor und 42,6 Prozent weniger als im Jahr 2010.
Die Papierindustrie in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend von der Produktion grafischer Papiere hin zu Verpackungspapieren und -pappen orientiert. Beispielsweise wurden von dem sogenannten Wellenpapier, das aus Altpapier hergestellt und zur Polsterung von Verpackungen und Kartons genutzt wird, 2010 noch 1,61 Millionen Tonnen in Deutschland hergestellt. 2020 waren es bereits 4,36 Millionen Tonnen – ein Anstieg um 170,3 Prozent.
Steigende Rohstoffpreise und eine gewachsene Nachfrage vor allem nach Verpackungen und Kartonagen aus Papier und Pappe haben laut den Statistikern auch die Erzeugerpreise für bestimmte Papierprodukte deutlich steigen lassen. Besonders das sogenannte Wellenpapier, das aus Altpapier hergestellt und zur Polsterung von Verpackungen und Kartons genutzt wird, hat sich deutlich verteuert mit +78,5 Prozent im September 2021 gegenüber dem Vorjahresmonat. Für aus Altpapier hergestelltem Deckpapier für Wellpappe erzielten die Hersteller im September 2021 um 56,5 Prozent höhere Preise als ein Jahr zuvor. Dagegen fiel die Preissteigerung für grafisches Papier mit +5,3 Prozent gegenüber dem September 2020 sowie für Zeitungspapier mit +13,3 Prozent vergleichsweise gering aus.
Kommentare lesen und schreiben, hier klicken