Es lief eine kleine Schockwelle über die Finanzmärkte, als gestern Nachmittag unserer Zeit die neuesten Daten zur Inflation (US-Verbraucherpreise) bekanntgegeben wurden: Plus 0,9 Prozent auf Monatssicht, 6,2 Prozent auf Jahressicht. Das sind Anstiege der Inflation, die man schon seit 30 Jahren nicht mehr gesehen hat. Von den letzten acht Veröffentlichungen zur Inflation lag die Daten sechsmal weit über den Erwartungen der Wall Street.
Anfangs zeigten sich die Märkte unbeeindruckt – bis die Zinsen zu klettern begannen. Selbst US-Präsident Joe Biden nannte die Inflation und deren Bekämpfung als vordringliche Aufgabe. Doch was kann die Notenbank dagegen tun? Die Märkte hoffen auf die Abschwächung durch den Basiseffekt des Vorjahres.
Inflation: Über dem Hoch der Finanzkrise
Hier ein langfristiger Chart der zeigt, dass Inflation in Schüben kommt, als Spike, weil es ab einem bestimmten Hoch zur großen Belastung für Verbraucher und Wirtschaft wird, die die Budgets über Gebühr belastet.
Selbst die Kerninflation, also die Ausklammerung von Energie und Nahrungsmittel, brachte einen Anstieg auf 4,56 Prozent im Oktober gegenüber den 4,03 Prozent des Vormonats, deutlich über der Zielmarke der Federal Reserve von zwei Prozent.
Bei näherer Betrachtung und über einen kürzeren Zeitraum erkennt man, dass es im Gegensatz zu den letzten Krisen nicht nur der Preis für Energie ist, der die Teuerung antreibt. Es waren die Kosten für Unterkünfte (Mieten), Nahrungsmittel, Gebrauchtwagen, LKWs und für neue PKW. Nur die Preise für Flugreisen und für alkoholische Getränke gaben nach.
Der monatliche saisonbereinigte Anstieg aller Positionen war breit angelegt, wobei die gerade genannten Felder die größten Beiträge leisteten. Der Energieindex stieg im Monatsverlauf um 4,8 Prozent, während der Benzinindex um 6,1 Prozent zulegte und andere wichtigen Energiekomponentenindizes ebenfalls zulegten.
Bei einer Detailübersicht über die acht Komponenten des Verbraucherpreisindex CPI sieht man sowohl aus Monats- als aus Jahressicht den großen Treiber seit Mai diesen Jahres, als die Inflation zum ersten Mal die Fünfprozentmarke erreicht hatte.
Sowohl im Jahresvergleich..
..als auch in der monatlichen Veränderung. Es waren die Energiekosten, die auch den Transportsektor (Benzinpreise) extrem nach oben gezogen haben. Erstaunlich, dass Housing nicht stärker gestiegen ist, da in dieser Komponente auch Energie enthalten ist. Wahrscheinlich liegt es noch an der Jahreszeit.
Mit den großen Anstiegen des Energiesektors im Jahresvergleich könnte es aber zu Ende gehen, denn nach einem halben Jahr der Schwankungen um die 40 Dollarmarke erreichte der Ölpreis am 30. Oktober 2020 sein Halbjahrestief von 36 Dollar. Von da an gingˋs bergauf.
Fazit
Warum gab es noch keine stärkere Reaktion der Märkte, die sich eigentlich vor solchen Inflationsdaten gefürchtet hatten? Bei dieser Euphorie, dieser Überkauftheit der Märkte? Auch ein moderater Anstieg der Volatilität auf 18,50 Punkte spricht noch von keiner aufkommenden Panik.
Vielleicht ist es die Annahme, dass die Energiepreise nicht so ohne Weiteres einen neuen Schub für die Inflation auslösen können. Dafür wären in den nächsten Wochen Preise von 100 Dollar und mehr notwendig, um den Basiseffekt aufrechtzuerhalten. Aber soweit wird es die OPEC plus nicht kommen lassen, schließlich hat Saudi-Arabien schon einmal die Erfahrung gemacht, was nach Ölpreisen über 100 Dollar in der Regel mit dem globalen Wirtschaftswachstum geschieht.
Die Gefahr für eine dauerhaft hochbleibende Inflation dürfte daher von Seiten der Mietkosten und den ständig steigenden Löhnen kommen. Bereits seit sechs Monaten liegt die Inflationsrate für die US-Verbraucher zwischen 5,0 und 6,2 Prozent. Dies zehrt an der Kaufkraft, wenn die Helikopterschecks aufgebracht sind. Jetzt richtet sich das Augenmerk auf die Lohnforderungen, die die Kaufkraftverluste auffangen sollen.
Eine große Furcht der Ökonomen, die Erinnerungen wachruft und bei einem solchen Szenario wäre die US-Notenbank erst recht nicht in der Lage die Inflation auf mittlerer Sicht zu dämpfen.
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