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Inflation „nur“ auf 4,1 Prozent gestiegen – Experten mit kritischen Kommentaren

Einkaufswagen

Die Inflation in Deutschland liegt laut heutiger Veröffentlichung der staatlichen Statistiker „nur“ bei 4,1 Prozent (Erwartungen 4,2) nach 3,9 Prozent im August. Damit erreichen wir in Deutschland die stärkste Teuerung seit 1993. Holger Zschaepitz von der WELT erwähnt dazu aktuell, dass das letzte Mal, als die Inflation in Deutschland über 4 Prozent lag, der Leitzins bei 6 Prozent war – heute ist er bekanntlich bei 0 Prozent. Aktuell macht man als Sparer also kräftig Minus, während man damals abzüglich der Inflation noch Plus machen konnte mit Sparanlagen.

Da kommt noch mehr in Sachen Inflation?

Wir möchten an dieser Stelle auf den gestrigen hochinteressanten Kommentar eines Asset Management-Experten hinweisen, der historische Parallelen zu den 70er und 80er-Jahren zieht, und Gründe für eine noch anstehende höhere Inflation nennt, die man so direkt nicht auf dem Schirm hat – als da wären der zunehmende Drang in Europa zur CO2-Reduzierung – und Anschluss-Preisanhebungen aufgrund der ersten „vorübergehend“ höheren Preise. Denn wenn einer startet, müssen andere Marktteilnehmer zwangsweise folgen, zum Beispiel in Form höherer Gehälter, was wiederum die Arbeitgeber veranlasst die Produktpreise anzuheben.

Die staatlichen Statistiker erwähnen heute selbst, dass von den Preissteigerungen bei den Vorlaufindikatoren noch nicht wirklich alles in den Verbraucherpreisen zu sehen ist. Zitat aus der heutigen Veröffentlichung: „Hinzu kommen neben den üblichen Marktentwicklungen die Einführung der CO2-Bepreisung seit Januar 2021 sowie krisenbedingte Effekte, wie die deutlichen Preisanstiege auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen, die sich vorerst nur teilweise und abgeschwächt im Verbraucherpreisindex und in der Inflationsrate niederschlagen.“ Aber kommen wir zu den ganz frischen Kommentaren von Experten zu dieser Inflation bei 4,1 Prozent.

Thorsten Polleit zur gestiegenen Inflation

Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt bei Degussa. Er spricht in seinem aktuellen Kommentar über eine Inflation, „die keine sein soll, die aber eine ist“. Hinter dem starken Jahresanstieg der Konsumgüterpreise verbergen sich seiner Meinung nach zum einen zwar „Basiseffekte“ und Mehrwertsteuereffekte – so blieben die Konsumgüterpreise im September voraussichtlich unverändert gegenüber dem Vormonat August. Jedoch sei zu befürchten, dass die inflationäre Geldpolitik der EZB die Inflation weiter in die Höhe treiben wird. Dafür spreche vor allem der hohe „Geldmengenüberhang“, für den die EZB seit etwa Frühjahr 2020 gesorgt hat.

Sparer und Investoren in traditionelle Kapitalanlagen – wie Bankguthaben, Geldmarkfonds, Anleihen etc. – erleiden laut Thorsten Polleit schon jetzt schwere Verluste. Die reale (inflationsbereinigte) Rendite der 10-jährigen deutschen Staatsanleihe liege derzeit bei schätzungsweise minus 4,5 Prozent – das habe es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gegeben! Sparer und Anleger sollten sich nicht täuschen lassen. Die Inflation sei nicht vorübergehend. Es sei vielmehr zu befürchten, dass die Nullzins- und Geldmengenausweitung, die die EZB praktiziert, die Kaufkraft des Euro systematisch weiter verringern werde, und dass das Halten von Euro und in Euro ausgewiesener Zahlungsversprechen zu einem noch größeren Verlustgeschäft wird, als es jetzt schon ist.

Dr. Jörg Krämer über das dicke Ende, das erst noch kommt

Dr. Jörg Krämer als Chefvolkswirt der Commerzbank kommentiert zur aktuellen Inflationsmeldung, dass das „dicke Ende erst noch kommt“. Langfristig gebe es beträchtliche Inflationsrisiken. Der Kredithunger der Staaten bleibt seiner Meinung nach eben so hoch wie die Bereitschaft der EZB, ihn durch Anleihekäufe zu stillen. Das Zuviel an Geld spreche für eine höhere Inflation in ein paar Jahren. In den kommenden Monaten dürfte es mit der Inflation wieder kräftiger nach oben gehen, auch weil die Unternehmen den gewaltigen Kostenschub durch gestiegene Materialkosten noch nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben haben. Langfristig rechnen man bei der Commerzbank wegen der EZB-Anleihekäufe für Deutschland und den Euroraum mit einem Inflationsproblem, auch wenn die Inflation nach der Jahreswende wegen des Wegfalls von Sonderfaktoren wieder fallen sollte.

So haben sich die Produzentenpreise für Konsumgüter (inkl. Autos) im Vergleich zum Vorjahr zuletzt um 1,8 Prozent verteuert, nachdem die Rate im Februar noch bei -0,9 Prozent lag. Diese Beschleunigung um fast drei Prozentpunkte hat sich laut Dr. Jörg Krämer bei den Verbraucherpreisen für Waren rechnerisch erst gut zur Hälfte niedergeschlagen, wenn man bei den Verbraucherpreisen (gelbe Linie im Chart) den Effekt der zwischenzeitlich wieder angehobenen Mehrwertsteuer herausrechnet. Für ein weiteres Anziehen der Inflationsrate würen auch die gestiegenen Preise für Öl und Gas sprechen. Legen sie weiter kräftig zu, könnte bei der Inflation bald eine Fünf vor dem Komma stehen.

Grafik zur Preisentwicklung



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