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Inflation in USA: Hoffen und Bangen um eine Wirtschaftszahl

Heute kommen die neuesten Daten zur Inflation, vor denen der Markt richtig „Bammel“ hat

Inflation Hoffen und Bangen

Es ist zwar nur eine Wirtschaftszahl von Vielen, aber dennoch bekommt sie im jetzigen Umfeld eine besondere Bedeutung: Die neuesten Daten zur Inflation, also die US-Verbraucherpreise (Consumer Price Index – CPI), die heute um 14:30 Uhr veröffentlicht werden und vor denen der Markt richtig „Bammel“ hat. Schließlich könnte ein Überschießen eine Kaskade an Aktienmarkt-unfreundlichen Folgeerscheinungen zeitigen.

Inflation – 6,8 Prozent oder was?

Eine so harmlos aussehende Zahl, jedoch betrifft diese die Teuerung in den USA, die Verbraucher und Geldsparer stranguliert, wie schon seit den 1980ern nicht mehr. So sah es im Vormonat aus. Ein kleiner Fahnenstangen-Chart, entstanden durch eine Geldflut biblischen Ausmaßes und einer Pandemie, bei der sich etwa 150 Volkswirtschaften fast gleichzeitig aus einer Rezession befreit haben. Auch dies ist ohne Beispiel in der Wirtschaftsgeschichte.

Inflation seit dem Jahr 2000 Chart

Im November ein Sprung von 5,4 auf 6,2 Prozent und sollte der heutige Tag eine Sieben vor dem Komma bringen, dann dürfte die Spekulation um das Tapering und vor allem um die Perspektive der Zinsanhebungen wieder deutlich an Fahrt gewinnen.

Die Fed müsste fünf Tage später deutlich hawkisher reagieren und kommunizieren, die Marktreaktionen bei S&P 500 und Co wäre durchaus vorhersehbar.

Die kleine Omikron-Rally

Die große Erleichterung nach den Entspannungssignalen um die Gefährlichkeit der neuen Virusvariante hat die Situation um die Reaktion auf eine hohe Inflation sogar noch verschlechtert. Hätte Jerome Powell die neue Eskalation um Corona nicht zur Vorsicht verleiten können, bei der Gefahr neuerer Teil-Lockdowns und Ungemach für die US-Wirtschaft? Wahrscheinlich. Aber so wird sich das Prozedere eben stärker auf die Daten der Verbraucherpreise fokussieren, ob in der Kernrate oder in der Gesamtzahl.

Der unerfüllte gesetzliche Auftrag

Wie oft hatte sich Jerome Powell in seinem Statement auf den gesetzlichen Auftrag der Federal Reserve berufen: Maximum Employment and Price Stability. Am gestrigen Tag kamen die Daten zu den letzten wöchentlichen Arbeitslosenanträgen. Nur noch 184.000, die geringste Zahl seit 1969 (dem Geburtsjahr von Markus Fugmann, so lange ist das schon her) und gleichzeitig verbleibt die Zahl der offenen Stellen bei etwa 11 Millionen. Eine Zahl, die höher ist als die offiziell gemeldeten Arbeitslosen.

Hier die unheimliche Grafik

JOLTs

Daher gibt es derzeit die seltsame Konstellation, dass sich die Unternehmer in den USA mehr davor fürchten keine Arbeitskräfte zu bekommen, als vor der Inflation. Analysten sprechen davon, dass damit augenscheinlich noch kein Gleichgewicht auf dem Lohn-Markt gefunden wurde und die Arbeitnehmer weiterhin zögern Arbeit aufzunehmen.

Sehr schön zu sehen in der folgenden Übersicht:

Die offenen Stellen schossen nach oben, ebenso die Kündigungen (Quits), gemäßigter die Einstellungen (Hires), während die Entlassungen (Layoffs&Charges) auf das niedrigste Niveau in der Zeit seit der Jahrtausendwende fielen.

Arbeitsmarkt offene Stellen

Das ist auch eine Folge der Politik, die mit gigantischen Helikoptergeld-Summen für Arbeitslose verhindern wollte, dass der für die USA so wichtige Konsum zum Erlahmen kommt. Vielleicht auch ein kleines Anschauungsbeispiel was passieren könnte, wenn man ein bedingungsloses Grundeinkommen durch den Staat in entsprechender Höhe einführen würde. Wie viele Bürger würden sich dann für schlecht bezahlte Jobs noch die Finger schmutzig machen?

Jedenfalls: Das duale Mandat für die Fed wird aktuell nicht erfüllt, das Augenmerk muss sich auf die Bekämpfung der Inflation richten.

Warum spielt die Höhe der Inflation eine große Rolle?

Ab einer bestimmten Höhe einer Teuerungsrate für die Verbraucher gibt es in Industrieländern nicht mehr die Frage „transitory or not“, wie es der 150-Jahreschart der Inflation in den USA aufzeigt.

Inflation Trend historisch

Weil bei hohen Raten die Notenbank gewaltsam auf die Bremse treten muss, mit heftigen Zinsanhebungen, um die fatale Geldentwertung zu stoppen.

Mit extremen Folgen für die Unternehmen und jeden, der diese höheren Zinszahlungen stemmen muss. Aber Teuerungsraten von über fünf/sechs Prozent und über eine längere Zeit können die Haushaltsbudgets der Verbraucher nicht leisten, außer es gibt starke Lohnerhöhungen, die zur Lohn-Preis-Spirale und damit zu noch mehr Inflation führen, die erst recht durch Zinsanhebungen bekämpft werden muss.

Die daraus folgende Kausalkette ist eine überaus fatale:

Ein nachlassender Konsum in der 70-Prozent US-Konsumökonomie, fallende Gewinne der Unternehmen und damit fallende Aktienkurse in den USA, Entlassungen und steigende Arbeitslosigkeit und wieder weniger Konsum.

Eine Schreckensvision für Politik und Notenbank, schließlich ist auch der US-Aktienmarkt vom 2009er-Tief bis heute von gut neun Billionen Dollar auf etwa 50 Billionen Dollar gestiegen. Schon eine 20-Prozent-Korrektur vernichtet mehr Kapital als die gesamte Fedbilanz nach ihrer Gelddruckorgie aufweist. Aus all diesen Zahlen wird deutlich, welche Gefahr sich aus einer überbordenden Inflation ergeben könnte.

Aber dennoch: Die Inflation ist gewollt, asymmetrisch zum bisherigen Ziel von zwei Prozent, bei etwa drei Prozent plus. Dies ist das unausgesprochene Ziel der Notenbank, die, wie nach dem Zweiten Weltkrieg mit den Kriegsschulden, die Staatsschulden weginflationieren will (auf Kosten der Geldhalter). Das Thema ist eben nur die Steuerbarkeit derselben, wie oft wurde schon der Vergleich mit der Ketchupflasche zitiert.

Die Märkte gestern

In gespannter Erwartung, mit zum Schluss stärker werdenden Abgaben und folgenden Index-Schlussständen:

Der Dow Jones rettete sich an die Null-Linie, nachdem er schon 177 Punkte im Minus gestanden hatte. Der marktbreite S&P 500 gab 0,72 Prozent ab, aber die große Sorge vor einem hohen CPI sah man beim Blick auf Tech und den Small Caps.

Der Nasdaq gab 1,71 Prozent ab, hier spürte man die Angst vor höherer Inflation und den Reaktionen – Stichwort Abdikontierung der Gewinne von Wachstumstiteln bei steigenden Zinsen.

Exemplarisch dafür ARK Innovations wieder ein großer Verlierer des Tages, mit 5,3 Prozent. Dieses Thema könnte im nächsten Jahr länger die Kurszettel prägen, natürlich in Abhängigkeit vom Anstieg der Kapitalmarktzinsen. Stärker erwischte es den Nebenwerte-Index Russell 2000, mit einem Minus von 2,23 Prozent. Auch nicht ungewöhnlich, denn im jetzigen Umfeld meidet man hoch bewertete oder wenig rentable Titel – Flucht in Qualität.

Die Unsicherheit war auch beim Volatilitätsindex VIX zu erkennen der um 8,44 % gegenüber dem Vortag nach oben zog.

VIX

Fazit

Auch wenn die Geschichte mit der Inflation noch deutlich komplizierter ist, als dargestellt, allein schon aus dem Aspekt der Psychologie des Menschen und dessen Unberechenbarkeit, so sieht man doch ein wenig, wie bedeutsam diese heutigen Zahlen sein könnten.

An der Börse sollte man jedoch auch an die andere Möglichkeit denken, in diesem Fall CPI-Numbers im Bereich der Erwartung oder sogar darunter, was die Lage kurzfristig sogar entspannen könnte. Und darauf hoffen eben nicht wenige Anhänger der Jahresendrally 2021. Gleich wissen wir mehr..



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