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Inflation tatsächlich 3,8 Prozent statt offiziell 0,7 Prozent? Konkrete Daten!

Höhere Inflation vor allem durch steigende Supermarktpreise

Die offizielle Inflation (Teuerung in den Verbraucherpreisen) liegt aktuell in der Eurozone bei 0,4 Prozent nach 0,7 Prozent im März. Wir bei FMW berichten monatlich über die Verbraucherpreise aus Deutschland, Eurozone und USA. Dabei berufen wir uns auf die jeweiligen offiziellen Statistikdaten. Und die werden aus sogenannten Warenkörben ermittelt. Statistiker überlegen hier, was die Bürger so alles konsumieren, und packen das in eine Gesamtkalkulation. Dazu gehören neben Lebensmitteln zum Beispiel auch Fernseher oder Pauschalreisen. Aber natürlich auch der Benzinpreis! Nun, es gibt schon länger bei diversen Beobachtern die Vermutung beziehungsweise die konkrete These, dass die tatsächliche Inflation viel höher liegt als offiziell vermeldet.

Kaputter Warenkorb?

Das Ziel der EZB liegt bei 2 Prozent Inflation oder knapp darunter. Und aktuell rauscht sie womöglich Richtung 0 oder unter 0 Prozent, weil der Ölpreis-Schock die Energiepreise für die Verbraucher vermutlich weiter kräftig runterzieht. Forscher der Uni Hohenheim haben sich überlegt: Kann es sein, dass sich in dieser Krise das Konsumverhalten der Bürger extrem gewandelt hat, so dass die Inflation für sie derzeit ganz anders aussieht, als es der offizielle Warenkorb abbildet? Denn wenn man darüber nachdenkt, ist es logisch. Die Leute buchen derzeit keine Pauschalreisen – und Millionen Kurzarbeiter werden auf absehbare Zeit auch keine buchen. Und vermutlich stark rabattierte Reiseangebote dämpfen daher für diese Konsumenten nicht ihre durchschnittlichen Verbraucherpreise. So ist es auch für andere Themengebiete wie die Benzinpreise. Die sind stark gesunken – aber derzeit wird vermutlich deutlich weniger Benzin getankt!

Inflation derzeit tatsächlich dramatisch höher

Aber was aktuell bei stark eingeschränktem Konsum der Hauptausgabenposten der Verbraucher ist? Hygieneartikel und Lebensmittel, na klar! Und da sehen die Forscher der Uni Hohenhein laut einem aktuellen Papier deutlich steigende Preise. Sie sagen sogar, dass die tatsächliche Inflation in der Eurozone derzeit bei 3,8 Prozent liegt, und nicht bei 0,7 Prozent im März. Sie analysierten dazu die Preisentwicklung von ca. 30.000 Produkten auf den Internet-Seiten von großen Supermarktketten seit Februar 2020. Würde sich die Entwicklung der letzten 2,5 Monate bis zum Jahresende fortsetzen, ergäbe sich eine Preissteigerung von 3,8 %, während die EZB deutlich niedrigere Werte errechnet. Der speziell für die Untersuchung gebildete „Chili-Con-Carne-Index“ zeigt sogar eine noch deutlichere Preissteigerung, so die Forscher. Einen Grund für die Diskrepanz sehen sie in der Zusammensetzung des statistischen Warenkorbes, der nicht dem aktuellen Kaufverhalten entspreche. Vor diesem Hintergrund müsse die Frage erlaubt sein, ob die Entwicklung des Geldwertes tatsächlich einen so großen Spielraum für eine Erhöhung der Geldmenge zulässt, wie man bei der EZB glaubt. Hier nochmal eine genauere Erläuterung der Wissenschaftler im Wortlaut:

Doch durch die Corona-Krise hat sich das Verhalten der Menschen verändert: Bestimmte Produkte des privaten Bedarfs können gar nicht oder nur noch eingeschränkt erworben werden. Ausgaben für Kultur- und Sportveranstaltungen, Restaurants und Hotels entfallen in der Krise. Aufgrund der verstärkten Tätigkeit im Home-Office entstehen weniger Spritkosten. Die Konsumausgaben konzentrieren sich auf Lebensmittel, Drogerieartikel und andere Produkte des täglichen Bedarfs.

Hier noch weitere interessante Aussagen der Uni-Wissenschaftler im Wortlaut:

Betrachtet man die Preisentwicklung seit dem 1. Februar genauer, finden sich zwei interessante Aspekte. Zunächst haben die Unternehmen die Preise nur zögerlich angepasst und es vermieden, die Krisensituation für kurzfristige Gewinne zu missbrauchen. Auch als die Regale für einige Produkte (Nudeln, Reis, Toilettenpapier und mitunter auch alkoholische Getränke) aufgrund von Hamsterkäufen leer blieben, sind die Preise für diese Produkte nur kaum merklich gestiegen.

Mit zunehmender Dauer der Krise wurden die Preisausschläge jedoch deutlicher. Dabei entwickeln sich die Preise für unterschiedliche Produktkategorien durchaus unterschiedlich. So sind frische Produkte, Backwaren und weitere Grundnahrungsmittel deutlich teurer geworden: Im 2,5-Monats-Zeitraum liegen europaweit Kekse und Gebäck mit fast 2,3 % durchschnittlicher Teuerung an der Spitze. Die Preisentwicklung für Obst und Gemüse sowie Fertig- und Tiefkühlprodukte zeigt insbesondere gegen Ende der Betrachtungsperiode einen deutlichen Preisanstieg.

„Chili-con-Carne-Index“ veranschaulicht unterschiedliche Preisentwicklung

Um die unterschiedliche Entwicklung zu veranschaulichen, haben die drei Wissenschaftler den „Chili-con-Carne-Index“ eingeführt. Dieses Gericht ist bei Studierenden besonders beliebt und kann leicht nachgekocht werden. In dem Warenkorb wurden ca. 70 Produkte zusammengestellt, die als Zutaten für die Herstellung dieses Gerichts Verwendung finden können.

Der „Chili-con-Carne-Index“ zeigt, dass sich dieses Gericht seit Anfang Februar bereits um 6 % verteuert hat. Ausnahmsweise ist die vegetarische Variante des Gerichts von der Preissteigerung ähnlich stark betroffen, da Hackfleisch im Gegensatz zu den übrigen Zutaten mit knapp 3 % den geringsten Preisanstieg verzeichnet. Tomaten hingegen wurden um fast 23 % teurer.

Anmerkung unsererseits: Die offiziellen Daten zur Inflation zum Beispiel in den USA sind ganz aktuell sogar schon deflationär (siehe hier). Auch für Europa kann man dank der sinkenden Ölpreise offizielle Daten erwarten, die weiterhin sehr gering ausfallen – halt weil die Energiepreise voll negativ reinknallen in die Gesamtstatistik! Sehen Sie auch hier das jüngste Video von Markus Fugmann zum Deflationsschock, der vor einer möglichen Inflation ansteht.



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8 Kommentare

  1. Hinzu kommt, das gerade die preiswertesten Produkte oft gar nicht verfügbar waren. Zum Teil gibt es da noch immer male wieder kurzfristige Engpässe. Und die können gerade von einkommensschwachen Haushalten oft nicht durch eigene Lagerhaltung überbrückt werden.
    Was deren Teuerungsrate weiter antreibt.

    1. Heinrich von Stein, ein Urgestein von der Uni Hohenheim, war dankenswerter Weise an der Klage in Karlsruhe beteiligt. Hoffentlich wird das Treiben der EZB zu Lasten der Deutschen jetzt endlich gestoppt. Ist ja nicht mehr zu ertragen, dieser Betrug mit Nichtautorisierung.

  2. Auch die Leute bei der EZB wissen sehr gut wie Zaubertricks funktionieren. Man staunt immer wieder wie die Zaberkünstler den Leuten die die Armbänder vom Handgelenk klauen, die Geldbörse entwenden etc. Aber Geld aus Luft der ganzen Welt andrehen und mit dieser Luftnummer Börsenkurse zum steigen zu bringen und das erst noch trotz Krise… dieses Kunststück hatte bisher wirklich noch kein noch so listiger Illusionist fertiggebracht.

  3. 1. Die Inflation war immer schon gelogen. Hat sogar Trump während der Wahl mal gesagt.
    a) Es hilft extrem bei Lohnverhandlungen, bei 2% mehr Lohn und 1% Inflationsrate jubeln die Arbeiter. Und die Regierung hat Ruhe im Kasten.
    b) Und es ist besser fürs Gemüt: ich brauch mir wegen der niedrigen Inflationsrate keine Sorge um mein Cash, meine spätere Rentenauszahlung, meine Minizinsen machen. Ist alles im grünen Bereich.
    c) Genau das verhindert die Flucht in Sachwerte bei dem kleinen Mann.

    2. Dieser Punkt ist schon (gefühlt) ewig ein Thema bei den kühlrechnenden Angelsachsen und allseits bekannt in der Allgemeinheit. Es gibt diese Shadow-Inflation. In Deutschland natürlich nur in Alternativmedien, ist ja eine Verschwörungstheorie – also outlaw. Bähbäh.
    http://www.shadowstats.com/alternate_data/inflation-charts
    So ja auch hier im Artikel: Huch, die Inflationsrate könnte ja nciht stimmen. Aber sowas aber auch. Wo kommen wir denn da hin, wenn jetzt jeder die offiziellen Zahlen anzweifelt. Anarchieee.

    3. Wo kann man denn bei der Inflations-Rate betrügen?
    a) Zusammensetzung des Korbes. Der hat noch nie gestimmt. Hoher Bewertungsanteil von Immobilien und technischen Hightechgeräten. Handy, Auto, Kühlschrank usw. Wer kauft sich aber denn dauernd eine neue Immobilie, Handy … Die Masse sicher nicht, höchstens das obere Drittel.
    b) Letzteres hat noch die zweite Betrugsmöglichkeit: Alle Neuerungen und Verbesserungen werden als höherwertig und somit preissenkend gerechnet. Hier ist Riesenpuffer bzw. sehr hohe „Gestaltungsmöglichkeit“ gegeben.
    c) Diese „Mechanismen“ werden so verkompliziert und in Schwurbeldeutsch veröffentlicht, das keine normale Sau da durchblickt. 1:0 für die Regierung. Diesen ewigen Frieden stört jetzt die Uni Hohenheim („M“ am Schluß), die sparsamen Schwaben. Aha! Gleich in die Kartei. Die Sachsen sind ja schon alle böse. Thüringen geht grad noch. Jetzt die Nächsten.

    1. „Lüge“, „Betrug“, „Schwurbel“… Warum immer so negativ?

      Die Inflation ist nicht „gelogen“ – sondern wird kreativ, aber streng wissenschaftlich berechnet und gesamteuropäisch „harmonisiert“…

      Zum Beispiel wurden heuer im April kaum Flugtickets verkauft, weil die meisten Flugzeuge irgendwo herumstanden. Trotzdem muss der europäische Verbraucherpreisindex (HICP) nicht auf Flugpreise verzichten. Es werden dafür einfach „imputation rules“ angewandt: Von März bis April 2019 stiegen die Ticketpreise um 5%. Der (fiktive) Wert für April 2020 wird daher geraten, pardon: berechnet, indem die Preise von März 2020 mit 1,05 multipliziert werden…
      Ganz ähnlich wie die Preise von saisonalen Produkten „erfasst“ werden, „when they are out of season“, also im Laden gerade nicht erhältlich sind.
      Hier nachzulesen:
      https://ec.europa.eu/eurostat/documents/10186/10693286/HICP_guidance.pdf

      Hausfrauen können vielleicht keine virtuellen Tomaten kochen – aber Statistik kann alles! Ganz zu schweigen von den Börsianern und „Analysten“, die dann mit diesen durch und durch verlässlichen Zahlen arbeiten.

  4. Man kann nur noch beten. Die Masse liegt falsch, weil sie belogen wird. Und die Lügner sitzen extrem fest im Sattel.
    Die Mehrheit hat nicht recht, sonst wär die Mehrheit reich. Engl. Sprichwort. (an meine Stalker: Stimmt. Hab ich schon mal geschrieben.)

    Stimmt übrigens mit dem Zufußgehen. Ein bekanntes älteres Ehepaar hat einen Mercedes und einen Kleinwagen. (Und 3 Häuser) Jetzt gehen sie mittlerweile zu Fuß zum Einkaufen. 3-4 km hin und zurück!

  5. Vielleicht steigen auch die Preise weil die Produktion und der Transport aufgrund von Corona eingeschränkt sind, und dadurch die Nachfrage das Angebot übersteigt – gerade bei Lebensmittel. Ich denke da z.B. an Zucchinis und Broccoli.

  6. Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln, Kaufkraftverluste in der freien Wirtschaft

    Eine befreundete Filialmanagerin meinte kürzlich, ihre Kunden würde sich über die hohen Kosten ihrer Einkäufe wundern. Die gleichen Waren wie früher, aber wesentlich teurer.

    Gleichzeitig Kurzarbeit und Einkommensverluste, auf mittelfristige Sicht werden viele Unternehmen noch einige Monate in der Verlustzone bleiben, was angesichts der vielen Zombieunternehmen ein heftiger Schlag für viele Unternehmen werden wird.

    Auch wenn es derzeit günstige Kredite gibt, rechnerisch muss die Rendite trotzdem über dem Leihbetrag liegen. Der Markt war schon lange nicht mehr so labil, der Billigzins der letzten Jahre trägt sicherlich zur Krise mit bei.

    Die Tatsache, dass die meisten Unternehmen keine Anleihen herausgeben können, trägt dazu bei, dass börsennotierte Unternehmen einfacher durch die Krise kommen können. Fair ist das nicht und schadet sicherlich dem Wettbewerb.

    Mehr Unternehmen zu stützen bedeutet mehr zukünftige Zombieunternehmen. Jede weitere Krise würde umso heftiger ausfallen. Unternehmen nicht zu stützen würde bedeuten, dass Deutschland insb. seinen High-Tech-Sektor und seine jungen Gründer verlieren könnte.

    Es ist die Wahl zwischen zwei Übeln. Einfach ist die Lage nicht.

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