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Inflation und Negativzinsen: Die finanzielle Repression nimmt ihren Lauf

„Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben“ - und dennoch steigt der Geldbestand auf deutschen Bankkonten weiter an

Inflation und Negativzinsen

Nur langsam steigende Kapitalmarktzinsen bei gleichzeitig wachsenden Erwartungen  für die Inflation für die nächsten Jahre: Manch einer spricht schon davon, „die Inflation ist gekommen, um zu bleiben“ – und dennoch steigt der Geldbestand auf deutschen Bankkonten weiter an.

Aus einer Untersuchung der DZ-Bank geht hervor: noch nie hatte ein so hoher Anteil an Kapitalreserven ein solch niedriges Renditepotenzial wie heute und vermutlich in den kommenden Jahren.

Inflation und das Geldvermögen der Haushalte

Auch wenn die historisch hohe Sparquote der Deutschen in der Coronakrise (19 % des Einkommens) deutlich nachgelassen hat, wächst das Vermögen im Lande, welches in Sichteinlagen und Bargeld auf Giro- und anderen Konten „gehortet“ wird, immer weiter. Der Begriff der „Horte“, der auch von Prof. Sinn so gerne verwendet wird.

Nach einer aktuellen Studie der DZ Bank sind es bereits 28 Prozent des deutschen Geldvermögens, das durch diese Form der Anlage dem Verfall gewidmet ist.

Die Aufstellung des deutschen Geldvermögens von 7,5 Billionen Euro:

  • 2.143 Milliarden Euro Sichteinlagen und Bargeld
  • 831 Mrd. andere Bankeinlagen
  • 2.105 Mrd. Versicherungen
  • 939 Mrd. Investmentfonds
  • 658 Mrd. Aktien
  • 74 Mrd. Zertifikate
  • 67 Mrd. Rentenpapiere (inkl. Geldmarktpapiere)
  • 714 Mrd sonstige Anlagen

Dieser Anlagemix entsteht nach der Analyse der Bank zum einen aus Nachlässigkeit und zum anderen aus Unwissen und Misstrauen gegenüber andere Anlageformen.

Die Konsequenzen der Realzinsfalle

Wie oft erschien schon der Hinweis in allen Medien über das unverzinste Vermögen der Deutschen auf Sparbuch und Girokonten von über 2,6 Billionen Euro (Quelle Bundesbank) und der Erosion der Erträge bei Lebensversicherungen? Bisher stark verdrängt und auch nicht unmittelbar sichtbar, aber die sich entwickelnde Lage bei der Geldentwertung wird zu gewaltigen Kaufkraftverlusten führen.

Die Inflation in Deutschland mit derzeit 4,1 Prozent könnte in diesem Jahr sogar auf fünf Prozent „peaken“, um dann im nächsten Jahr aufgrund des Basiseffektes auf prognostizierte drei Prozent im Jahresdurchschnitt zu fallen.

Aber was bedeutet das bei Null- oder Negativzinsen, auch bei vielleicht leicht positiven Kapitalmarktzinsen und Renditen bei Lebensversicherungen von um die 0,7 Prozent?

Die DZ Bank rechnet in ihrer Studie mit einem Wohlstandsverlust von 116 Milliarden Euro in diesem Jahr, umgerechnet 1400 Euro pro Bürger und in ganz großem Maßstab: 3,4 Prozent der Deutschen Wirtschaftsleistung.

Wie stark soll das deutsche BIP in diesem Jahr wachsen?

Deutschlands Geldvermögen wird sich damit real reduzieren, selbst wenn die Inflationauf die von der EZB gewollte Höhe von zwei Prozent (plus) absinken sollte. Darunter soll es aus politischen Gründen schon nicht gehen, schließlich gibt es noch das übergeordnete und nicht ausgesprochene Ziel der „finanziellen Repression“, also der relativen Entwertung der Staatsschulden durch Niedrigzinsen, Wirtschaftswachstum und moderater Inflation – auf Kosten der Geldsparer.

Der Effekt des Zinseszinses für die Vorsorge hat sich für längere Zeit vermutlich verabschiedet, der Sparer sitzt in der Zinsfalle.

Gibt es Reaktionen seitens der Politik?

Es ist fast ein kleiner Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet der Mann, der öffentlich sein Bekenntnis zur Geldanlage auf Sparbuch und Girokonto abgab, Olaf Scholz, demnächst Bundeskanzler im Land der Geldsparer sein wird.

Aber natürlich ist ihm das Problem bewusst, sein Stellverteter als Bundesfinanzminister war der ehemalige Investmentbanker von Goldman Sachs, Jörg Kukies, über ein Jahrzehnt lang in London und Frankfurt verantwortlich für die Bereiche „Fixed Income, Equities und Structured Products“.

Aus den Sondierungsgesprächen der neuen Ampelkoalition ist von einem Angebot eines öffentlich verantworteten Altersvorsorgefonds zu entnehmen, eine kapitalgedeckte Form der Altersvorsorge, die in irgendeiner Form kommen muss. Wie schon öfters in Artikeln über die Bevölkerungsstruktur dargelegt, wird die Demographie in ein paar Jahren gewaltig zuschlagen. Der geburtenstärkste Jahrgang hierzulande ist das Jahr 1964 mit über 1,4 Millionen Bundesbürgern und die Boomerjahrgänge 1963 und 1962 liegen nur wenig darunter. Und in den letzten Dekaden lagen die Geburtenraten nur noch zwischen 730.000 und 900.000.

Es ist noch ein wenig Zeit, aber die demographische Uhr tickt.

Fazit

Der Europäischen Zentralbank dürfte das Renditeproblem in Deutschland durchaus bewusst sein, das daraus erwachsende Vorsorgeproblem für die nächsten Jahre, aber dort geht es zunächst einmal um das große Ganze: „To preserve the Euro“ und den Zusammenhalt in der Eurozone, „whatever it takes“.

Man muss sein Geld ja nicht auf dem Bankkonto liegen lassen, sondern kann es in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Mit der fatalen Folge, dass derzeit damit sogar noch die Inflation angefacht werden würde und zum anderen das Vorsorgeproblem für die Zukunft weiter wüchse.

Also doch im Aktienmarkt investieren, so wie es in Norwegen oder Schweden geschieht und in vielen anderen Ländern? Zum Teil hat sich ein Umdenken in der jungen Generation bereits breitgemacht. Mit über drei Millionen Sparplänen in ETFs und in anderen Fonds, mit stark steigender Tendenz, was Aktienskeptiker sicherlich nicht gerne lesen werden. Aber die Inflation schlägt unbarmherzig zu und wenn sich die Entwicklung bei den Geldinstituten mit Verwahrentgelt (Strafzinsen) und steigenden Bankgebühren so fortsetzt? Ich möchte das (verhasste) Akronym mit den vier Buchstaben jetzt nicht nennen..



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10 Kommentare

  1. Es ist schon auffällig! Derzeit kann man in fast allen Börsenpublikationen aber auch den üblichen
    Tageszeitungen die an den „kleinen“ Mann gerichtete Empfehlung seine Altersversorgung in Richtung
    Aktien zu lenken fast schon marktschreierisch lesen. Diese Empfehlungen kumulieren nur halt stets in der
    Nähe von Höchstständen und in der Vergangenheit fast nie in der Nähe von Tiefpunkten wie z.B. krass im März
    2009. Dies realisieren immer mehr Bürger, die Geld zum Anlegen haben. Es ist schon tief in das Bewusstsein der „Normalos“ gedrungen, dass von den Drahtziehern i.w.S. jederzeit der Stecker gezogen werden kann. Dies geschieht wahrscheinlich derzeit nicht, weil sich z.B. die USA keinen Aktien-Crash mehr leisten kann. Aber verlassen kann man sich als Anleger darauf nicht. Zur Klarstellung: Vor allem jungen Menschen muss man im Grunde Aktien gestreut empfehlen. Aber m.E. schwerlich Anlegern die demnächst in die Rente kommen. Als Anleger sind wir derzeit in der Falle. Als Lösung bietet sich m.E. wirklich nur eine ganz intensive Streuung in Sach- und Finanzwerte an. Nochmals: Die Empfehlungen für die Aktie zum jetzigen Zeitpunkt in der massiven Form wie jetzt bereitet wohl jedem denkenen Anleger ein Unbehagen.

    1. @Pluto

      Richtig! Junge Leute haben da kein Problem. Es genügt eigentlich ein Sparplan auf ein „Welt-ETF“, wenn man 30, 40 Jahre vor sich hat.
      Für die älteren Semester schaut‘s anders aus. Es wird ihnen gesagt, sie müssten unbedingt in den Markt-auch bei Höchstständen-weil sie sonst Geld verlieren würden.
      Daß sie bei einem Crash oder längerem Bärenmarkt um ein Vielfaches mehr Geld verlieren können, als auf dem Sparbuch oder Konto, wird ausgeblendet.
      Ein Investment wird nicht sicherer, weil ein anderes unsicher geworden ist.

  2. Akronym mit den vier Buchstaben?

    1. @Hanna, FOMO – fear of missing out (Angst, die Rally zu verpassen)..

  3. Herr Friedrich hat doch immer von einer „Jahrhundertchance“ hinsichtlich der Kryptos gesprochen (nachdem er Gold etwas vernachlässigt hat). Immer wenn ich einen Vordenker von einer Jahrhundertchance (oder so ähnlich) fabulieren höre, werde ich skeptisch. Das habe ich von den Goldminen-Pusher schon vor 10 Jahren gelernt. Die lagen permanent 10 Jahre daneben und traten doch noch auf. Respekt vor diesem Selbstbewusstsein….! Ich meine der solide Herr Weik (oder Weick?) hat Herrn Friedrich früher immer gut getan. Auch die Bücher waren
    immer sehr gut und haben die breite Masse geschult. Schuster bleibe bei deinen Leisten.

  4. Wenn Bitcoin und die andern Kryptos durch ein Betrugssystem demoliert werden können, so ist es mit dieser Qualität nicht weit her.Sicher würde dann der jahrhundertalte langweilige Stabilitätsanker „GOLD“förmlich explodieren.
    Die Aussage ,dass das eine Betrugssystem die andern demolieren könnte erinnert mich an den Witz:
    Wann wird’s gefährlich ? Wenn die Zigeuner Diebstahlversicherungen abschliessen !

  5. Tether ist ein Risiko für Krypto’s. Bitcoin könnte auch durch den Markt an sich demoliert werden;-)

    Wer den Markt verstehen will, muss sich auch zwangsläufig mit dem Derivatemarkt auseinandersetzen. Wenn es hier Probleme geben sollte (z.B. weniger Liquidität bzw. weniger Leverage) , wird Bitcoin auch meiner Meinung nach kein „sicherer Hafen“ sein.
    Dies wurde hier bei FMW schon illustriert .

    Der „manipulierte“ Derivatemarkt ist eines von vielen Symptomen bzw. Fehler im System oder Probleme, die die Notenbanken erschaffen haben.

    https://themarket.ch/meinung/bitcoin-die-derivat-bombe-ld.3400

    Ein „älterer“ Artikel. Aber immer noch Aktuell ;-)

  6. …das Land NRW versteigert gerade die Kryptowährung Bitcoin gegen Geld…der Staat tauscht anscheinend schon mal das wertlose gegen das wertvolle Derivat ein…in der Geschichte der Menschheit war es bis jetzt immer so, dass der Staat versucht hat sich gegenüber der Bevölkerung seiner Schulden zu entledigen…das ist auch jetzt nicht anders…

  7. Wie der Name schon sagt, kann man bei dem BTFD-ETF nichts falsch machen! Sicherheitshalber kann man ja beim Kauf noch ein kleines Gebet murmeln… ;-)

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