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Inflation: Wen betrifft der Anstieg besonders heftig in den USA?

Was die Preise treibt - und wen es dabei besonders hart trifft!

 

Wen trifft die Inflation in den USA am Stärksten?

Wird er nun vorübergehend oder nicht, – der Anstieg der Inflation? Kaum ein Thema beschäftigt die Ökonomen wie auch Anleger derzeit mehr. Weil die Verneinung dieser Frage einige wichtige Folgen nach sich ziehen würde, für die Kapitalmärkte, aber auch für die Menschen in ihrem Alltagsleben.

Hierbei ist ein Blick auf die Zusammenstellung des Verbraucherpreisindex in der wichtigsten Wirtschaft der Welt sicherlich nicht uninteressant, der CPI oder Consumer Price Index und seine langfristige Entwicklung.

Inflation: Der Anstieg der Verbraucherpreise in den USA

„Federal Reserve has to ensure that inflation, over time, is at levels consistent with its mandate“ so die Worte des Notenbankchefs Ben Bernanke nach der Finanzkrise im Jahr 2010 – und genau so klingt es heute aus dem Munde seines übernächsten Nachfolgers, Jerome Powell. Preisstabilität wird irgendwo bei zwei Prozent Inflation verortet – derzeit mit einer gewissen Flexibilität versehen, weil man ein zeitweiliges Überschießen der Verbraucherpreise als vorübergehend betrachtet.

Ist auch notwendig, denn sonst müsste sofort gehandelt werden, nach einem monatlichen Anstieg des CPI um 0,6 Prozent, auf Jahressicht aber von 2,62 Prozent.

Die Zusammensetzung des Verbraucherpreisindex:

Inflation - die Verbraucherpreise in ihrer Zusammensetzung

In dieser Auflistung sieht man die besondere Gewichtung von Nahrungsmitteln, Kosten für die Unterkunft sowie Immobilienpreisen und Verkehr, was sich aber sehr unterschiedlich auf die Belastung der verschiedenen Haushalte auswirkt. Anders ausgedrückt: Was hilft es einer armen Familie, wenn sich die Preise für Bekleidung über Jahre geradezu deflationär entwickeln, aber die Gesundheitskosten explodieren?

Die acht Unterkategorien der Inflationsrate in ihrer langfristigen Entwicklung:

So entwickelten sich die acht Komponenten der Inflation

Sicherlich kann man aus dieser Übersicht noch nicht die aktuelle Entwicklung in den USA nach Corona herauslesen, wie den großen Anstieg der Energiepreise (ob Gas, Benzin oder Heizöl), den Anstieg der Lebensmittelpreise, die weltweit schon 10 Monate in Folge gestiegen sind. Aber in einem langen Zeitraum sehr niedriger Inflation wird erkennbar, was in den USA besonders gestiegen ist: Die Kosten für die Gesundheitskosten und die Häuserpreise, inklusive der damit zusammenhängenden Kosten.

Außerdem verzerrt diese Statistik die Bedeutung eines Anstiegs der Energiekosten, die als Subkategorie bei Transport- oder Hauskosten enthalten sind.

Das teure Bildungssystem in den USA

Bildung treibt die Kosten für Familien

Besonders deutlich wird ein Inflationsanstieg, der sich so harmlos unter der Kategorie Bildung und Kommunikation versteckt. Weist man die Studiengebühren (College Tuition&Fees) extra aus, sieht man den deutlichen Anstieg der Ausbildungskosten für den Nachwuchs, der für viele Familien eine große Hürde darstellt. Jahr für Jahr stetig nach oben.

Stichwort soziale Ungleichheit: Höhere Schulbildung in den USA nur für diejenigen, die über herausragende Fähigkeiten besitzen – oder deren Eltern es sich eben leisten können.

Inflation und Kerninflation

Bei der Inflationsrate unterscheiden Ökonomen seit Jahren zwischen der Gesamtinflationsrate und der Kerninflation (Core Inflation), also ohne die schwankungsanfälligen Nahrungsmittel- und Energiepreise. Was methodisch auch etwas seltsam ist, weil Energie nicht nur bei den Transport- als auch in den Hauskosten mit enthalten ist. Vor allem hilft das sicher nicht Familien in Vorstädten, die größere Entfernungen als Pendler zurückzulegen haben. Außerdem sind in manchen Haushalten die Kosten für Lebensmittel oder auch die Heizkosten wesentliche Bestandteile des monatlichen Budgets – und diese werden bei der Kerninflation einfach herausgerechnet?

Aktueller Inflationsanstieg vorübergehend?

Das „Mantra“ der Notenbanken und von vielen Ökonomen!

Sicherlich ist der Anstieg der Verbraucherpreise noch nicht vorbei und wird gerade erst noch an Fahrt aufnehmen. Wegen der Überwälzung all der gestiegenen Transport-, Energie-, und Rohstoffkosten und des großen Basiseffekts, der sich aus dem 12-Monatsvergleich ergeben wird.

Aber was wird in einem halben Jahr sein?

Was passiert mit dem Housing-Sektor in den USA, der den größten Teil an dem „Inflationskorb“ darstellt? Wenn es zu einem Anstieg der Kapitalmarktzinsen kommt, den die Fed kaum verhindern kann, wird hier die Bautätigkeit nicht massiv tangiert? Zeigt der Anstieg von Lumber (Bauholz) nicht, dass man vorher noch einmal die niedrigen Zinsen ausnutzt, weil dann der Boom zu Ende gehen könnte?

Was ist mit den Transportkosten auf den Meeren? Werden die Reedereien nicht massiv die Kapazitäten hochfahren, weil es gerade so prächtige Frachtraten gibt?

Was mit den Energiepreisen, speziell bei Öl und Gas? Werden die Förderländer nicht die Produktion erhöhen, in den USA auch die Fracker, die einer Masseninsolvenz entgehen wollen?

Werden die massiv gestiegenen Preise bei Lebensmitteln, aber auch bei Rohstoffen nicht zu Produktionsausweitungen führen – wenn kurzfristig möglich? Zeigen manche Forward-Kurven an den Rohstoff-Terminmärkten nicht schon fallende Preise für 2022 an?

Was ist, wenn der große Sugar Rush nach dem Reopening vieler Wirtschaftsbereiche vorübergeht und die Wirkungen von Helikoptergeld nachlassen?

Und vor allem, werden die Löhne tatsächlich so stark steigen, wie Joe Biden es sich beim Mindestlohn vorgestellt hat. Ist das politisch überhaupt umsetzbar?

Fragen über Fragen! Vor allem gibt es den großen Antizipationseffekt der Wirtschaftsteilnehmer, auch der Börsen. Will heißen, man stellt sich so schnell es geht auf absehbare Entwicklungen ein. So wie man beim Ausbruch von Corona massiv die Produktion reduziert hat, so wird man jetzt versuchen, diese wieder auszuweiten – wenn das große Geschäft winkt. Bust and Boom eben.

Und tritt der größte Rohstoffverbraucher der Welt – China – nicht gerade etwas auf die Bremse, nachdem man monatelang die Rohstoffmärkte leergekauft hat?

Unbestritten gibt es den großen Geldmengeneffekt, der aber in der Realwirtschaft ankommen muss.

Fazit

Der (kommende) Anstieg der Verbraucherpreise und damit der Inflation trifft die Menschen in den USA sehr unterschiedlich – und besonders immer wieder die Konsumenten in der unteren Skala der Einkommensschichten. Wie in meinem Artikel vom 13. April „Inflationsanstieg in den USA – kein Problem für alle“ schon dargestellt.

Aber aus den obigen Übersichten wird ersichtlich, in welchen Bereichen die Inflation in Amerika so richtig zugeschlagen hat: Bei den Kosten für die Ausbildung der Kinder, bei den Gesundheitsausgaben und bei den Ausgaben für Transport. Fakten, die auch ein Grund dafür sind, warum es im Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine solche Spreizung in der Gesellschaft gegeben hat.

Das ist eine Riesenaufgabe für die neue US-Administration!



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