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Iran durch Öl- und Gasengpässe vor freiem Fall

Trotz großer Ölvorkommen durchlebt der Iran gerade eine massive Energiekrise. Die Lage verschärft sich. Ein Blick auf die aktuelle Lage.

Öltanks
Öltanks. Foto: rozahovnikyan8-Freepik.com

Trotz reicher Öl- und Gasvorkommen im Land spitzen sich die Energieengpässe im Iran zu. Dafür entschuldigte sich der iranische Präsident Masoud Pezeshkian bei der Bevölkerung und versprach, im Namen Gottes alles zu versuchen, dass so etwas im nächsten Jahr nicht mehr passiert. Doch das beruhigt aktuell wenig. Die Stimmung ist aufgrund unvorhergesehener Stromabschaltungen explosiv.

Energiekrise im Iran verschärft sich

Jahrelange Sanktionen, Missmanagement, veraltete Infrastruktur, verschwenderischer Verbrauch und gezielte Attacken durch Israel auf Gaspipelines haben Medienberichten zufolge dazu geführt, dass sich der Iran jetzt in einer ausgewachsenen Energiekrise befindet. „Wir sind mit sehr schlimmen Ungleichgewichten bei Gas, Strom, Energie, Wasser, Geld und Umwelt konfrontiert“, sagte Präsident Pezeshkian im Dezember in einer Fernsehansprache an die Nation.

Bereits seit Jahren kämpft der Iran mit Problemen seiner Infrastruktur. Nun warnte der Präsident, dass dies einen kritischen Punkt erreicht habe, so die New York Times im Dezember. Die meiste Zeit der Woche sei das Land praktisch heruntergefahren gewesen, um Energie zu sparen. Wut in der Bevölkerung habe sich entladen und Industrieführer hätten gewarnt, dass die damit verbundenen Verluste sich auf Dutzende von Milliarden Dollar beliefen.

„Wir müssen uns bei den Menschen entschuldigen, dass wir uns in einer Situation befinden, in der sie die Hauptlast tragen müssen“, sagte hierauf Pezeshkian besänftigend. „So Gott will, werden wir nächstes Jahr versuchen, dass dies nicht passiert.“ Für den Weg aus dem aktuellen Desaster hatte er indessen keine Lösung bereit.

Stromausfälle bringen Wirtschaft ins Trudeln

Offiziellen Angaben zufolge beträgt das Defizit an Gas, das das Land zum Funktionieren benötigt, etwa 350 Millionen Kubikmeter am Tag. Angesichts sinkender Temperaturen und steigender Nachfrage mussten die Behörden zu drastischen Maßnahmen greifen, um Gas zu rationieren. Sie entschieden sich, die Versorgung von Kraftwerken einzustellen und nicht die der Bevölkerung.

„Die Politik der Regierung besteht darin, Gas- und Wärmeabschaltungen für Privathaushalte um jeden Preis zu verhindern“, erläuterte hierzu Seyed Hamid Hosseini, Mitglied des Energieausschusses der Handelskammer. „Sie versuchen verzweifelt, die Krise zu bewältigen und den Schaden einzudämmen, denn dies ist wie ein Pulverfass, das explodieren und im ganzen Land Unruhen auslösen kann.“

Am 20. Dezember mussten schließlich 17 Kraftwerke vom Netz gehen, während der Rest nur teilweise betriebsbereit war. Das staatliche Energieunternehmen Tavinar warnte Hersteller von Stahl, Glas, Lebensmitteln und Medikamenten, dass sie sich auf weitreichende Stromausfälle einstellen müssten, die Tage oder Wochen dauern könnten. Diese Nachricht hat sowohl die staatlich kontrollierte als auch private Industrie ins Trudeln gebracht.
Gas ist knapp

Die Bürger forderte Pezeshkian in einer Video-Botschaft auf, die Durchschnittstemperatur ihrer Häuser um 2 Grad Celsius zu senken, um der Regierung bei der Bewältigung der Energiekrise zu helfen. Darüber berichtete die Deutsche Welle am 19. Dezember. Die Gasknappheit führten iranische Behörden auf Sanktionen zurück, die Investitionen in die Erschließung von Gasfeldern, den Bau von Kraftwerken sowie die Steigerung der Effizienz verhinderten.

Arezoo Karimi, die für das Nachrichtenportal IranWire über die iranische Wirtschaft berichtet, hielt dem gegenüber der DW entgegen: „Berichten zufolge hat der Iran mehr als 25 Milliarden US-Dollar (24 Milliarden Euro) für Syrien ausgegeben, hauptsächlich durch Öllieferungen.“ Dass die Regierung in Teheran lieber in regionale Allianzen investierte als in Infrastruktur wie etwa die Gasförderung, habe dazu geführt, „dass der iranische Energiesektor grundlegend erneuert werden muss“.

Der Zusammenbruch Syriens erwies sich für den Iran nun als Fehlinvestition. Auch die Vernichtung der Hisbollah im Libanon und die Rückkehr des designierten Präsidenten Donald J. Trump verheißen nichts Gutes für die Wirtschaft. Die Landeswährung, der Rial, fiel jüngst bereits gegenüber dem Dollar auf den niedrigsten Stand aller Zeiten. Dazu sprengte der Erzfeind Israel im Februar zwei Gaspipelines in die Luft, wodurch sich die Energiekrise im Jahresverlauf verschärfte. Die Regierung griff laut Hosseini heimlich auf Notreserven zurück, um die Versorgung von Millionen von Menschen aufrechtzuerhalten.

Alles hängt am Gas

Mehr als 95 Prozent der Haushalte sind an die Gasversorgung angeschlossen. Diese Schwerpunktsetzung halten Analysten für fehlgeleitet. „Der Iran hat 430.000 Kilometer Gasleitungen installiert, um auch in die entferntesten Dörfer Gas zu liefern. Diese Förderung der privaten gegenüber der industriellen Nutzung hat jedoch schwere wirtschaftliche Verluste verursacht. Engpässe bei der Gasversorgung haben zur Abschaltung industrieller Anlagen geführt und der Wirtschaft erheblich geschadet“, machte etwa Energieexperte Hossein Mirafzali deutlich.

Das erinnert an große Versprechen in Venezuela, der Bevölkerung den Ölreichtum zugänglich zu machen und durch Missmanagement die Wirtschaft dem Verfall Preis zu geben. Iran verfügt nach Russland über zweitgrößten Erdgasvorkommen. Doch wie lange die Bevölkerung im Iran stillhält und dem Mullah-Regime die Führung überlässt, ist eine Frage von einer anderen Brisanz als in Venezuela. Proteste und Unmut kamen in der Vergangenheit im Land immer wieder vor. Die Energiekrise kann das Fass zum Überlaufen bringen.

Lage im Iran ist prekär

Wie prekär die Lage ist, machen Beispiele deutlich, über die die New York Times berichtete. So wachen die Iraner jeden Tag auf und wissen nicht, ob sie zur Arbeit gehen oder ihre Kinder zur Schule schicken können oder ob die Aufzüge oder Ampeln funktionieren. „Der Stromausfall hat das tägliche Leben und Arbeiten stark beeinträchtigt. Wenn der Strom ausfällt, wird auch das Wasser abgestellt und die Boiler werden abgeschaltet, und infolgedessen funktionieren alle Heizgeräte nicht“, schilderte Sephideh, eine 32-jährige Lehrerin aus Teheran. Dazu müsse sie ihre Online-Englischkurse regelmäßig absagen, weil das Internet ausfällt.

Aus Angst vor Repressalien der Behörden bat Sephideh wie Zahnarzt Nadar darum, nur den Vornamen zu nennen. Nadar sagte, er müsse seine Arbeit im Mund der Patienten manchmal mittendrin unterbrechen, weil der Strom ausgefallen sei. Der Besitzer einer der größten Fabriken für Baumaterialien sagte in einem Interview, dass sein Betrieb Revolution, Krieg und Sanktionen überlebt habe, aber nichts davon sei so chaotisch und stressig gewesen wie die letzten Ereignisse. Im privaten Sektor mache sich ein überwältigendes Gefühl der Unsicherheit breit. Das Land drifte in unbekanntes Terrain ab, wobei eine Krise nach der anderen herrsche und die Regierung das nicht in den Griff zu bekommen scheine.



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6 Kommentare

  1. Das OPEC+-Mitgliedsland Islamische Republik Iran sollte in der Lage sein, entsprechend zur globalen Ölversorgung beizutragen. Falls der designierte 47. US-Präsident Donald John Trump an den Ölsanktionen gegen den Iran festhalten sollte, ist es wichtig, daß Teheran auch ein BRICS-Mitgliedsland ist, um dadurch den US-Ölsanktionen entsprechend entgegenwirken zu können.

  2. Ich habe das ja schon mal geschrieben, der Iran verkauft hauptsächlich an China und Südkorea. Aktuell ist eh zuviel Öl da. Trump wird die Öl Förderung weiter anheizen. Billigen Sprit hat er seinen Wähler versprochen

  3. Könnte es sein, dass die Grundursache eine für den Iran eine spezielle ist? …

    … „Gesegnet sei, wer dich (Israel) segnet, und verflucht, wer dich verflucht!“ 4.Mo.24,9 !

  4. Was es nicht alles gibt

    Dieser seltsame und russophile Schreiberling mit seiner Manie der vollständigen Namensnennung, hätte seine Freude an der Zitierung von Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abdul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah, falls ein Rückgriff auf Karl May notwendig wäre.

  5. Wie alle arabischen Staaten kann der Iran seinen Lebensstandard nur mit westlicher Technik halten. Noch ein Jahrzehnt Sanktionen und die Mullahs reiten wieder auf Eseln zur nicht vorhandenen Arbeit. So what!

  6. „Das erinnert an große Versprechen in Venezuela, der Bevölkerung den Ölreichtum zugänglich zu machen und durch Missmanagement die Wirtschaft dem Verfall Preis zu geben.“
    Die haben Missmanagement versprochen? Originell!

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