Anleihen

Italien: Das große Zittern der Anleihegläubiger

Lange war es ruhig um Italien, aber nun, genauer gesagt seit gestern, steigt die Nervosität spürbar an. In Italien könnte eine Entwicklung einsetzen, die faktisch zum Bruch des Geldmonopols der EZB führt

FMW-Redaktion

Lange war es ruhig um Italien, aber nun, genauer gesagt seit gestern, steigt die Nervosität spürbar an. Der Grund sind die von uns gestern berichteten Aussagen von Ex-Premier Silvio Berlusconi über seinen Vorschlag, eine Parallelwährung einzuführen, die von ihm als „neue Lira“ bezeichnet wird (siehe dazu „Gefahr für den Euro: Berlusconi will Parallelwährung für Italien, die „neue Lira“).

Berlusconi sit derzeit in Gesprächen über eine mögliche Koalition nach den Wahlen im Frühjahr 2018 mit der (separatistischen) Lega Nord, die ebenfalls eine Parallelwährung vorgeschlagen hat, sowie der rechten Bewegung Fratelli d´Italia. Mit der „neuen Lira“ hat Berlusconi ein Thema gefunden, das die Italiener wirklich interessieren könnte: die Parallelwährung soll für den italienischen Binnenmarkt eingesetzt werden, und da die „neue Lira“ absehbar schwächer wäre als der Euro, würde dies die Kaufkraft der Italiener deutlich erhöhen (und damit natürlich auch die Inflation anheizen!). Faktisch lautet die Botschaft Berlusconis: Italien zuerst, ähnlich dem Motto Trumps „America first“, mit dem er die Wahlen gewonnen hatte.

Faktisch wäre die Einführung einer Parallelwährung eine gigantische Gelddruckmaschine, die die ohnehin schon immensen Schulden Italiens weiter explodieren lassen würde. Noch reagiert der Euro selbst gar nicht auf die Berlusconi-Aussagen (der Euro heute sogar stärker nach starken Einkaufsmanagerdaten aus Deutschland und der Eurozone).

Aber am italienischen Anleihemarkt sich sich der gestern begonnene Abverkauf heute ungebrochen fort, die Rendite der 10-jährigen italienischen Staatsanleihe steigt auf 2,10% (womit sie übrigens noch unter der Risikoprämie der 10-jährigen amerikanischen Anleihe rentiert, aber ca. 1,7% über der deutschen 10-jährigen Anleihe!):


(10-jährige italienische Anleihe, BTP)

Der Renditeanstieg italienischer Anleihen (bzw. deren Kursverluste) erfolgt dabei gegen den Trend anderer Staatsanleihen, etwa der deutschen Bundesanleihe:


(Vergleich zwischen deutscher Bundesanleihe, schwarz, und der italienischen Anleihe, orange)

Sollte Italien eine Parallelwährung einführen, dürfte dies kaum verhindert werden können durch europäische Institutionen – und genau das macht die Brisanz aus: was etwa, wenn die neu eingeführte Parallelwährung ein Erfolgsmodell würde, weil dadurch der leidende Binnenkonsum Italiens stark stimuliert würde? Dann, das wäre absehbar, würden auch andere Krisen-Länder der Euro-Peripherie eine Parallelwährung einführen wollen und damit das geldpolitische Monopol der EZB brechen. Und das wiederum wäre eine Art innereuropäische Revolution!

Und diejenigen, die Schulden Italiens gekauft hatten, im festen Glauben, dass die EZB und die Eurozone insgesamt faktisch für die Schulden des Landes haften, hätten ein kleines, klitzekleines Problem..



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6 Kommentare

  1. „… seit gestern steigt die Nervosität spürbar an. Der Grund sind die von uns gestern berichteten Aussagen von..Silvio Berlusconi“.

    Das kommt davon. Warum nur müsst ihr denn auch immer solche Aussagen verbreiten?

    1. @Gerd, das war gut?.
      Hätte da eine Schlagzeile: FMW löst weltweiten Anleihencrash mit nachfolgendem endgültigem Zusammenbruch des Finanzsystems aus?.

  2. Daß die Italiener so dumm sind und eine Lirawährung akzeptieren würden, glaube ich nicht. Man stelle sich vor, Gehälter und Pensionen in Lire wären in der EU nur mehr die Hälfte wert. In Italien würde das ja Hyperinflation bedeuten. Die Kaufkraft würde nur mehr für Italienprodukte erhalten bleiben, das ganze Land würde verarmen. Ziemlich unwahrscheinlich, aber der Silvio ist ja auch nicht mehr der Jüngste.

  3. @Columbo, da liegen Sie falsch,Italien lebte früher gut damit dass sie jedes Jahr Abwertung aber Lohnsteigerungen hatten,jetzt können sie nicht mehr abwerten u.der Export schwächelt. Sie konnten sogar mit zweistelligen Zinsen leben was jetzt unmöglich wäre.Der Aussenwert der Währung stört 95% der Leute nicht u.die Reichen sind sowieso international ausgerichtet.Die Einheitsbrei -Währung passt eben niemandem, für Südeuropa zu teuer für DE u.s.w. Zu billig.Jeder weiss es ,wenn die Akteure es zugeben könnten wäre das der Anfang für eine Änderung oder braucht es wirklich Berlusconi um es der Welt zu erklären!

    1. Na dann fragen Sie mal die italienischen Studenten, die „früher“ in Österreich studierten, als die Lira dauernd abwertete und sie in Schilling bezahlen mußten. War nicht so lustig. Ähnliche Beispiele gibt es hunderte. Wenn man es selbst erlebt hat, redet man nicht mehr gscheit herum, wie gut Italien mit der Abwertung gelebt hat.

  4. Na dann fragen Sie mal die 99% Inländer die in Italein leben u.mit einer billigen Währung gut leben oder fragen Sie mal die Schweizer Arbeitnehmer was passiert wenn die Währung zu stark ist oder fragen Sie mal Herr Draghi warum er den Euro um jeden Preis billiger machte,u.fragen Sie mal die Notenbänker warum ein Währugskrieg herrscht u.alle die Währung Schwächen. Oder schauen Sie mal wieviele Italo Autos noch in Westeuropa verkauft oder in Italien gebaut werden.Die 5-10 Studenten in Österreich werden das überleben, ich hoffe nicht dass Sie dort Wirtschaft studiert haben,sonst gratuliere ich Ihnen nachträglich.Übrigens habe ich früher mit Grenzgängern zusammengearbeitet u.weiss dass die bei jeder Abwertung gejubelt haben weil das für sie eine Lohnerhöhung war.

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