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Italiener schießt gegen Italiener: Tajani wundert sich über Draghi

Man kann Mario Draghi ja alles vorwerfen, nur nicht, dass er nicht viel getan hätte für sein Land und die Euro-Peripherie. Und nun sorgt eine neue Richtlinie der EZB für Ärger bei Draghis Landsleuten - und zeigt, wie konfus die Eurozone eigentlich ist..

Von Markus Fugmann

Man kann Mario Draghi ja alles vorwerfen, nur nicht, dass er nicht viel getan hätte für sein Land und die Euro-Peripherie. Gegen den Widerstand einiger Nordländer betreibt er als Führungsgestalt der EZB eine Geldpolitik, die ganz offenkundig der Euro-Peripherie zugute kommt. Die Wirtschaft der Eurozone läuft selbst in jenen Staaten nicht so schlecht, die so schwer getroffen waren im Gefolge der Finanzkrise.

Also braucht es Argumente, warum man mit der ultralaxen Geldpolitik weiter macht, die die notwendigen Schmerzen in die Zukunft hinaus schiebt: mal ist die Inflation zu niedrig, dann steigen die Löhne nicht stark genug, dann ist es die Unsicherheit wegen der Politik der Trump-Administration, dann weil ein Sack Reis in China umgefallen ist..

Kürzlich aber hat sich die EZB zu einem Schritt entschlossen, der aufhorchen ließ: ab 2018 müssen Banken der Eurozone Rückstellungen hinterlegen von 100% für Schrottkredite, in der Banken-Branche auch liebevoll „non performing loans“ (NPL) genannt. Für neue Schrott-Kredite wohlgemerkt, wären nämlich die Schrottkredite der Vergangenheit auch betroffen, wären viele italienische Banken, viele Banken der Eurozone insgesamt, sofort „platt“. Denn immerhin schlummern faule Kredite im Volumen von 915 Milliarden Euro in den Bilanzen der Banken der Eurozone, also peanuts, wie Deutsch-Banker sagen würden.

Knapp ein Drittel dieser peanuts, Verzeihung, der 915 Milliarden Euro, haben italienische Banken in den Büchern – weswegen das Thema natürlich ziemlich sensibel ist jenseits der Alpen. Auf der Halbinsel ist man sich nämlich sehr wohl bewußt, dass die Zeiten ja eigentlich gar nicht besser werden können: die EZB geführt von einem Italiener, sein Vize ist Portugiese, überhaupt haben die Nordländer wenig zu melden seit Jahren innerhalb der europäischen Notenbank. Und so fürchtet man in Bella Italia geldpolitische Falken wie den Bundesbank-Chef Jens Weidmann wie der Teufel das Weihwasser – wehe, wenn Weidmann wirklich EZB-Chef werden würde, dann müsste man schon erfahrene Exorzisten bemühen, um die Dinge nicht eskalieren zu lassen!

Warum also jetzt der Vorstoß der EZB, dass neue Kredite ab 2018, wenn sie den „faul“ werden sollten, mit 100% Sicherheit hinterlegt werden müssen? Vermutlich aus Sorge über die „Finanzstabilität“, also das weitere Funktionieren des von der EZB betriebenen Ponzi-Schemas: die EZB finanziert Staaten, indem sie Banken die Staatsanleihen abkauft, gleichzeitig garantiert die EZB die Banken (wenn System-relevant), während die Staaten wiederum die EZB garantieren. Ist doch alles in Butter, oder?

Nun aber schlägt ein anderer Italiener in EU-Führungsfunktion Alarm: die Rede ist von Antonio Tajani, seit Januar Präsident des Europa-Parlaments, der Nachfolger des bei der Bundestagswahl so glorreich gescheiterten Martin Schulz.


Foto: European People’s Party – Flickr.com, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=55097777

Tajani steckte einen Brief an italienische Medien durch, den er an Mario Dragi geschrieben hatte – und in dem er sich bitter beklagt über den unverschämten Schritt, das Banking endlich wieder solide zu machen durch Besicherung von aus dem Ruder gelaufenen Risiken (also die geforderten 100% Rückstellungen für die Schrottkredite).

Nun kann Tajani schlecht sagen: das trifft Italien hart, weil die Banken des Landes eben besonders anfällig sind. Spötter allerdings meinen, dass das für Italiens Banken insofern ohnehin kaum eine Rolle spiele, weil sie ja praktisch keine Kredite mehr vergeben würden, insofern auch eigentlich wenig zu befürchten hätten durch die neuen Regularien.

Aber Tajani ist nicht vom Fach – er war bei der italienischen Luftwaffe und ist ausgebildeter Jurist, der dann als Journalist arbeitete. Vom Finanzwesen fehlt dem Mann wohl der notwendige Schimmer, was ihn wiederum als Präsident des EU-Parlaments besonders qualifiziert.

Jedenfalls mahnt Tajani Draghi, dass bei solchen Entscheidungen doch unbedingt das EU-Parlament einbezogen werden müsse – und dass das nicht geschehen sei, habe ihn „ernsthaft erstaunt“ und „tief betroffen“ gemacht. Das EU-Parlament sei doch Co-Gesetzgeber und hätte daher bei solch wichtigen Entscheidungen einbezogen werden müssen.

Wirklich? Die Rechtslage in der Eurozone ist da eigentlich eindeutig – Banken-Regulierung unterliegt der Ober-Aufsicht der EZB, basta. Faktisch also versucht Tajani zweierlei: er ermahnt, erstens, Draghi, nicht gegen die Interessen seines Landes zu handeln. Und zweitens will er dem EU-Parlament eine Bedeutung und Kompetenz verschaffen, die es schlicht nicht hat in dieser Baken-Regulierungs-Frage.

Und – wetten – genau das wird Mario Draghi seinem Landsmann Tajani sehr bald klar machen. Sehr freundlich, aber wohl auch sehr bestimmt. Banken, mein Lieber, sind Privatsache der EZB. Wo kämen wir denn da hin, wenn hier auch noch Parlamente mit zu reden hätten?



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3 Kommentare

  1. „Vom Finanzwesen fehlt dem Mann wohl der notwendige Schimmer, was ihn wiederum als Präsident des EU-Parlaments besonders qualifiziert.“

    Made my day !!!

  2. Dieser Schreibstil einfach köstlich :-)
    Toller Artikel Herr Fugmann!

  3. Warum verunstaltet man in schöner Regelmäßigkeit den wirklichen Namen des EZB-Schurken ?
    Der heißt nunmal

    Ndranghi

    und nicht anders z.B. Draghi

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