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Jack Ma und Börsengang von Ant: Peking läßt den Superstar fallen

Peking hat an Alibaba-Gründer Jack Ma seine Macht demonstriert. Der Unternehmer hatte offenkundig unterschätzt, wie sehr sein Spott die Machthaber kränken musste

Gestern sollte eigentlich mit dem IPO von Ant der größte Börsengang der Geschichte stattfinden – aber Peking sagte das IPO (für Aussenstehende völlig überraschend) ab, weil Alibaba-Gründer Jack Ma (Ant ist eine Tochter von Alipay, die wiederum zur Alibaba-Group gehört) sich aus Sicht der Machthaber ungebührlich über das Finanzsystem Chinas geäussert hatte. Und wer sich über Chinas Finanzsystem äussert, der äussert sich eben auch über jene, die dieses Finanzsystem geschaffen haben – sprich die Machthaber!

Jack Ma macht sich über die Machthaber lustig – die Diktatur zeigt ihre Macht

Was aber hatte Jack Ma gesagt? Auf dem „2020 Shanghai Bund Summit“ hatte der Alibaba-Gründer sich im Grunde über die Herrschenden lustig gemacht mit den Worten:

„China hat keine systematischen Finanz-Risiken – weil Chinas Finanzen kein System haben. Chinas Risiko ist, dass es gar kein Finanz-System hat“.

Lacher im Publikum (siehe hierzu das Video) – und das können autoritäre Herrscher wie die Machthaber in Peking überhaupt nicht leiden: das Lachen ist der Todfeind der Diktatur, weil eine Diktatur spätestens dann Schrecken und Autorität verliert, wenn man über sie lachen kann.

Am Montag wurde Jack Ma dann von der chinesischen Börsenaufsicht einbestellt – spätestens dann war klar, dass der Börsengang von Ant vorerst abgesagt würde. Mit geplanten Einnahmen von mindestens 30 Milliarden Dollar wurde also faktisch das größte IPO der Geschichte abgesagt – ein immenses Risiko für Peking! Denn eigentlich will man als verläßlicher Finanzplatz erscheinen – und dann das? Am Graumarkt war die Aktie von Ant bereits am 50% gestiegen, viele hatten schon den Gewinn ihres Lebens virtuell verbucht. Daraus dürfte jedoch vorerst nichts werden!

Denn faktisch ist Peking dabei, das Geschäftsmodell von Ant ernsthaft zu schädigen: Ant vergab Kredite an ca. 500 Millionen Chinesen, darunter auch viele Kredite an kleine Firmen. Das allerdings zu eibem stattlichen Zinssatz von durchschnittlich 15% – mehr als Banken im Reich der Mitte an Zinsen verlangen. Aber die staatseigenen Banken vergeben mit Vorliebe Kredite an staatseigene Firmen, weil damit ihr Risiko gegen Null tendiert. Der „Normalbürger“ bzw. kleine private Firmen erhalten daher meist keine Kredite – also blieb ihnen vor allem Ant als Alternative.

Nun aber gerät das Geschäftsmodell von Ant nach den „ungebührrlichen“ Aussagen von Jack Ma ins Wanken: Chinas Aufsicht für Kreditvergabe CBIRC verlangte plötzlich von Ant deutliche höhere Rückstellungen bei der Vergabe von solchen Krediten. Um die Regularien zu erfüllen, müsse Ant fast das dreifache an Kapital für die vergebenen Kredite hinterlegen als bisher, fast 100 Milliarden Yuan. Ant, so der Vorwurf, mißbrauche seine zentrale Stellung bei der Kreditvergabe durch sehr hohe Kreditzinsen – davor müsse man die Verbraucher schützen, so die Regulatoren.

Fazit

Damit ist eines klar: Peking hat an Jack Ma seine Macht demonstriert. Der Unternehmer hatte offenkundig unterschätzt, wie sehr sein Spott die Machthaber kränken musste. Daher schritt Peking zum Äußersten und sagte den Börsengang ab – mit dem Risiko, im Ausland „sein Gesicht zu verlieren“. Die Botschaft nach innen (Kritik im Inland wird sanktioniert) ist also wichtiger als die Botschaft nach aussen (Blamage durch Absage des IPO im Ausland).

Es ist ein Signal, das jeder in China versteht: an Jack Ma wird ein Exempel statuiert. Und Pekings Machthaber sind auch innenpolitisch in einer starken Situation: die Coronakrise hat man viel besser im Griff als der Westen, die Wirtschaft steht deutlich besser da als die des Westens. Solange Chinas Diktatur wirtschaftlich erfolgreich ist, wird sie als effektives Mittel, um die Nummer eins in der Welt zu werden, von der Bevölkerung akzeptiert!

Jack Ma hat sich mit seiner Kritik an Chinas Finanzsystem zu weit aus dem Fenster gelehntt



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2 Kommentare

  1. Höchst interessantes Thema. Ein paar kurze Anmerkungen dazu:

    1. China hat die Corona Krise nicht besser im Griff, sondern sie völlig zu recht einfach abgesagt.

    2. Der Rückhalt der Führung in der Bevölkerung ist tatsächlich sehr hoch, obwohl den Chinesen die Schwächen des Systems sehr wohl bewusst ist (wenn man sich etwas näher kennegelernt hat sind viele Chinesen im privaten Gespräch da erstaunlich offen).
    Aber so lange sie davon ausgehen können das es ihnen morgen besser geht als heute steht der Deal. Spannend wird es, wenn das nicht mehr funktioniert, womit ich aber in absehbarer Zeit nicht rechne.

    3. Viel entscheidender ist, das an diesem Beispiel die Achillesferse des chinesischen Modells deutlich wird. Deng hat der Wirtschaft völlige Freiheit gegeben, solange sie sich aus der Politik raus hält. Dabei wird aber ein entscheidender Faktor übersehen: Aus wirtschaftlicher Macht entsteht automatisch politische Macht. Der Konflikt ist auf Dauer aus rein systemischen Gründen also gar nicht vermeidbar. So wurde in der Geschichte immer ein gesellschaftlicher Machtwechsel eingeleitet. Eine alte Herschaftselite verliert ihre wirtschaftliche Macht an eine andere Gruppe und muss am Ende auch die poltisiche Macht räumen.
    An dieser Schwelle steht China heute. Und es wird spannend wie dieser Konfikt am Ende ausgetragen wird. Der Varianten sind da viele. Und etliche davon sind durchaus mit erheblichen Unannehmlichkeiten sowohl für die Protagonisten wie auch die unbeteiligte Bevölkerung verbunden.

    P.S. Was Ma unterschätzt haben dürfte, ist die Tatsache das immer der die wirkliche Macht in Händen hält, der über die Gewehrläufe verfügt. Oder um es mit Karl Schmidt zu sagen: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.“
    Und das sind bis auf weiteres nicht Chinas Milliardäre.

    1. Vor der Macht über die Gewehrläufe, steht die gesetzgeberische Macht. Die hat Deutschland nicht weniger als China. Es ist doch bezeichnend, das es Deutschland, das es Europa ist, dass die Macht nutzt um die Industrie durch einen Lockdown lahmzulegen, in die Insolvenz zu treiben. Und man hört von den Konzernen keine Stimme des Protests, obwohl doch abzusehen ist, dass Kurzarbeitergeld und Kredite, den wirtschaftlichen Niedergang lediglich hinauszögern.

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