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Japan: Geldpolitik der Bank of Japan vor einem Wandel?

Japan wird seit geraumer Zeit von den Ökonomen kritisch beäugt, schließlich ist das Land der große Wegbereiter für die Nullzinspolitik

Japan, das Land der aufgehenden Sonne, wird seit geraumer Zeit von den Ökonomen kritisch beäugt, schließlich ist das Land der große Wegbereiter für die Nullzinspolitik, für massive Käufe der eigenen Anleihen durch die Notenbank, in den letzten Jahren auch von Aktien-ETFs – bei einer Schuldenquote, die auch nach diesem Jahr noch an der Spitze aller Industrieländer steht. Doch jetzt deutet sich eine kleine Strategieänderung an.

Japan und seine lange Durststrecke am Aktienmarkt

Das Überschreiten der runden Marke von 30.000 Punkte-Marke beim Nikkei 225 erregte in dieser Woche großes Interesse in den Börsennachrichten, denn mit diesem Stand kommt man zumindest etwas in die Nähe des historischen Höchststandes von 38.915 Punkten aus dem Dezember 1989. Zwischenzeitlich war der Index bis auf fast 7000 Punkte abgestürzt (2003 und 2009), der Zeitraum bis zum Erreichen eines alten Höchststandes nach einer Krise ist jetzt schon größer als die Phase nach der Weltwirtschaftskrise und da gab es noch den Zweiten Weltkrieg dazwischen. Jetzt meldet sich der Aktienmarkt langsam wieder zurück, die Wirtschaft ist in Japan im vierten Quartal überraschend stark gewachsen, 12,7 Prozent auf Jahresbasis – auch wenn die Grundprobleme bestehen bleiben, signalisiert die Bank of Japan eine kleine Änderung ihres Kaufprogramms.

Japans riesiges Schuldenpaket

Seit die gigantische Aktien- und Immobilienblase Ende 1989 geplatzt ist, haben die Regierungen in Japan alles versucht, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und die immer größer werdende Schuldenlast zu stemmen.

Im Jahr 2000 senkte die Notenbank den Leitzins auf null Prozent, da die Verschuldung bereits damals auf das höchste Niveau der Industriestaaten gestiegen war. Ab 2002 unterstützte die BoJ die geforderten Strukturprogramme der Regierung und sie begann japanische Staatsanleihen zu kaufen. Ohne großen Erfolg – damit griff die Notenbank 2010 zum nächsten Mittel, dem Aufkauf von ETFs auf den Aktienmarkt sowie von börsennotierten Immobilienfonds. Ein immer andauernder Kampf gegen die Deflation. Auch die letzte Regierung von Shinzo Abe schaffte es nicht, die Inflation auf das gewünschte Niveau von zwei Prozent zu bringen. Im Gegenteil: Die Preise fielen in der Corona-Krise so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr, zuletzt im Dezember 2020 um ein Prozent. Japans Bürger gaben weniger aus, sie verreisten weniger und die Bankeinlagen stiegen zuletzt um 9,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 6,3 Billionen Euro. Die japanische Regierung hat während der Corona-Krise weiter heftig stimuliert, die Verschuldung des Staates ist wahrscheinlich auf 255 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt gestiegen.

Jetzt die kleine Wende

Im Rahmen der vielen Fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen Maßnahmen gegen die Corona-Krise war auch die Erlaubnis für die Bank of Japan zum unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen enthalten sowie auch die Erhöhung die Verdopplung des Kauflimits für ETFs auf umgerechnet 95 Milliarden Euro.

Jetzt hat man anscheinend festgestellt, dass die Anleihen- und Aktienkäufe an Grenzen stoßen. Die BoJ hält bereits die Hälfte der ausstehenden Staatsanleihen, mehr als der japanische Pensionsfonds.

Man fürchtet sich vor Folgen: wie einem Börseneinbruch, vor einer Vergrößerung der Schere zwischen arm und reich, vor weiterem Angstsparen und vor der Unwirksamkeit der Wirkung der Geldpolitik. Kommt uns irgendwie bekannt vor.

Nach einer Analyse der geldpolitischen Strategie seit fünf Jahren kam man zu dem Ergebnis, dass die Zentralbank den Kauf börsennotierter Aktienfonds (ETFs) zumindest bremsen solle. Die Kritik an den großen ETF-Käufen hatte zuletzt zugenommen.

Der Minischritt bei der Reduktion des ETF-Ankaufprogramms (ab März) könnte ein wenig Symbolcharakter haben –  aber natürlich noch keine zinspolitische Wende wie bei der norwegischen Zentralbank, die angekündigt hat im nächsten Jahr die Zinsen anheben zu wollen. Japanische Analysten kommen zu dem Schluss, dass die Zeit der Vermögensinflation langsam vorbei sei. Man solle sich künftig darauf konzentrieren, den Staat zu finanzieren, damit dieser das Geld in Infrastruktur, Bildung oder das Gesundheitssystem pumpen kann, so der Chefvolkswirt von Fujitsu, Martin Schulz. Aber auch in Japan wächst die Angst davor, dass die riesigen Aufkaufprogramme irgendwann in Inflation umschlagen könnten. Die Stabilisierung des Haushaltsdefizits über Anleihekäufe wird dennoch weitergehen, die Falle für die japanische Notenbank ist längst zugeschnappt.

Fazit

Japan ist weiterhin eine Blaupause für ein großes geldpolitisches Experiment. Auch wenn sich Japans Wirtschaft jetzt erholen sollte, wie will das Land mit der ältesten Bevölkerung der Welt (Durchschnittsalter 48,4 Jahre) die Schuldenquote in „normale“ Bahnen lenken? Faktisch unmöglich, den nur den USA und Großbritannien war dies von einer halb so hohen Schuldenrate nach dem Zweiten Weltkrieg durch die finanzielle Repression und nach Jahrzehnten gelungen. Wird es in Japan den ersten Schuldenschnitt durch eine Notenbank geben? Es bleibt spannend beim Blick auf die Geldpolitik Japans.

Wende in Japan in Sachen Geldpolitik?



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7 Kommentare

  1. Die Geschichte des Finanz-Perpetuum-Mobile der EZB: Die hat überlegt einem Unternehmen eine Anleihe zu zeichnen und einen Vorschuss geleistet. Dieser Vorschuss diente dem Unternehmen A zur Zahlung einer Rechnung bei Firma B, die wiederum eine Rechnung bei Firma C bezahlte und diese sah, dass sie ebenfalls der Firma A noch einen gleich hohen Betrag überweisen muss.

    Anschliessend kam die EZB auf die Idee, dass Geld drucken wohl doch nicht so eine tolle Geschichte sei und verlangte von der Firma A den Vorschuss wieder zurück. Und das Ende der Geschichte ist, dass nun keiner mehr Geld hat, keiner mehr eine offene Rechnung und alle Schulden sind bezahlt.

  2. Ich frage mich immer woher die Idee kommt das es irgendwas bringt wenn die Zentralbank die Schulden streicht?
    Erstens sind bei der Zentralbank geparkte Staatsschulden sowieso kein Problem. Und zwar unabhängig von der Zinshöhe. Denn die vom Staat an diese gezahlten Zinsen fließen als Bankgewinn direkt wieder in die Staatskasse zurück. Der Staat zahlt sich seine Zinsen also sozusagen selbst. „Zinsen“ spielen nur dann eine Rolle wenn diese eine Verpflichtung gegenüber Dritten darstellen.

    Zweitens kann die Zentralbank gar keine Schulden „streichen“, denn sie müsste dazu auch die hierfür ausgereichte Geldmenge einziehen, sprich Vermögen in gleicher Höhe streichen. Ansonsten wird lediglich eine völlig unbedeutende Zahl kleiner gemacht. Der Geldüberhang bleibt bestehen und die Zinsen bleiben weiterhin bei 0. Zombifizierung, Fehlallokation und Vermögenskonzentration gehen dann einfach weiter. Was übrigens auch Japans eigentliches Problem ist. Eine zunehmende Verstaatlichung der Wirtschaft durch die Zentralbank bei permanent fallenden Realeinkommen der Japaner. Früher nannte man das „Sozialismus“.

    Noch eine Frage: Was sind denn „normale“ Schulden und wie werden die begründet? Das würde mich brennend interessieren.

  3. @MIKE
    Das ist kein Perpetuum-Mobile sondern beschreibt korrekt wie Kreditgeld funktioniert. Der Geldumlauf zeigt nämlich die Höbe der nicht geschlossenen Transaktionen an. Sind alle geschlossen gibt es keine Schulden und auch kein Geld mehr.
    Die Schulden sind nun mal das Geld.

    1. @tinkSelf
      Richtig erkannt, da mein Beispiel Bezug auf eine indirekte echte Waren-/Leistungsverrechnung Bezug nimmt, die im Kreislauf abgegolten und damit geschlossen wird. Das hätte auch ohne EZB-Vorschuss gegolten. Jedoch ist beim EZB-Perpetuum-Mobile eine Luftnummer gemeint, die uns noch teuer zu stehen kommt (siehe Prof. Sinn / IFO-Institut). Dann müsste Märchenbeispiel für Schulkinder etwa lauten: Einem Bauer ist das Weizenfeld abgebrannt und er kann dem Bäcker kein Mehl liefern. Die EZB errichtet ihm per Nullzins eine Anleihe für den Schaden. Dann geht der Bauer zum Bäcker und will Brot kaufen. Jedoch hat der Bäcker kein Getreide erhalten, um Brot zu backen = Es gibt eben auf dem Markt für das gedruckte Geld kein Gegenwert.
      Will die EZB das überschüssige Geldvolumen wieder aus dem Markt ziehen, wird es eben nicht mehr gehen, da die Anleihen der EZB keinerlei Wert haben und diese Luftnummern nur durch Verteilung auf die bestehende Gütermenge neutralisiert werden kann oder ausserhalb des Güterkreislaufes (= Horte) gespeichert wird = Inflation der Aktienpreise und Immobilien etc., die aber wiederum durch hohe Mieten etc. in den Güterkreislauf hineinwirken. Dies hat das IFO-Institut so kommentiert, dass die ZÊZB wohl ein Modell anwenden müsse, das weit von ihrem abweiche, denn sie kämen nicht auf die gleiche Darlegung. D.h. die EZB glaubt anscheinend echt an ein Finanz-Perpetuum-Mobile, ansonsten sie wohl kaum so agieren würde. Oder man müsste einfach mal die Zuständigen einem Intelligenztest unterziehen, denn in der Natur/Physik und Wirtschaft, gibt es einfach keine Substanzen die aus Nichts bestehen.

  4. Ich denke das werden wir im Westen auch sehen (die hohe Staatsverschuldung und die andauernde lockere Geldpolitik) – sogesehen ist in dem Japanischen Experiment ja nicht schlimmes passiert für die Bevölkerung. Alle haben zu Essen, die Inflation hält sich in Grenzen – jetzt wächst die Wirtschaft sogar noch. Nagut, Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer, aber nicht in einem unerträglichen Ausmaß. Ich würde sagen: Experiment geglückt. Die leichte Deflation und das stagnierende Wachstum spüren die Leute nicht – das System funktioniert. In anderen Ländern werden wir das auch erleben. Keine Crashs, so wie alle prophezeien, sondern ein „dahin siechen“.

  5. Irgendwie ist das doch wie in Italien, der Staat ist total verschuldet, aber den Bürgern geht es nicht so schlecht. Konnte man doch schon auf FMW lesen ( Stelter oder Krall) dass die Privatvermögen der Italiener grösser sind als die der lieben Geberländer.Bei Japan muss man einfach berücksichtigen,dass der Staat vor allem bei den eigenen Bürgern verschuldet ist.Es bräuchte jetzt also nur einen Politiker der fähig ist den Japsern oder den Italienern über Steuern die Gelder an den Staat abzuführen.Draghi wird es anscheinend nicht sein, er will es über ein EU Budget den Europäern abnehmen.Draghi wird irgendwann heilig gesprochen.Zuerst druckt er Geld bei der EZB, dann rettet er mit Tiefstzinsen die maroden Italobanken,dann gibt es von der EU noch einen wuchtigen Corona- Hilfsfonds ,dann will er als Italo-Chef noch mit dem EU Budget nachhelfen.Jetzt ist Lagarde am Zug, die wird Frankreich sanieren. Der nächste EZB-Chef könnte dann ein Deutscher sein , der kann dann das ALLES-BEZAHLENDE DEUTSCHLAND sanieren.

  6. Schulden streichen ?? Tja, das wird lustig . Wenn man nämlich die ZB-Bilanz mit Staatsanleihem-Zettel exorbitant expandiert und bilanziert hat und die dann dann einfach streicht.Da würde ich gerne wissen mit welchem
    umlaufenden Geld die Firmen und Banken ihre Zahlungsbilanzen/Renditen/Dividenden/Schuldentilgung etc. abwickeln ?? Das ist ein infantiler Politikertraum.Und wie uns Covid gezeigt hat, ist diese Gesellschaftsgruppe ja quasi die Basisdefinition von Infantilität und Suboptimalintelligenz.Sie haben sich ab 2008 abkochen lassen
    (ich erinnere mich noch genau ,übers Wochende haben sie es damals durchgewunken,eine kompletten Gamechanger im Geldsystem) . Unsere armen Kinder ,es ist eine Sünde .Ohne Schul.-und Sozialbildung mit Maske und misstrauen Anderen gegenüber ,geleitet in die heile Dopamin/SocialmediaInternetzeit 4.0. Und immer einen Seecontainer voller Verschuldung der Boomer im Gepäck. Das hat Substanz. Wenn man nicht Live dabei wäre , könnte man es sonst kaum glauben !

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