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Japan: wird die Notenbank alle Staatsschulden aufkaufen – und dann löschen?

FMW-Redaktion

Japan, das Land mit der weltweit größten Staatsverschuldung in Relation zum BIP, könnte in einigen Jahren einen Weg gehen, der für fast alle westlichen Länder angesichts ausufernder Schulden absehbar ist: die Notenbank kauft die Staatsanleihen des Landes mehr oder weniger komplett auf – und besteht dann nicht auf eine Rückzahlung der gekauften Schulden.

Im Grunde ist das die absehbare Richtung auch für die EZB mit ihren monatlichen Käufen von Staatsanleihen – nur dass Japan uns aufgrund seiner noch heftigeren Verschuldung, seiner noch ungünstigeren demografischen Entwicklung und seiner noch radikaleren Notenbank-Politik diesen Weg eher einschlagen wird als andere. Was aber derzeit in Sachen Griechenland diskutiert wird, zeigt den weiteren Weg: man könnte sich darauf verständigen, dass bis zu einem definierten Zeitraum die Schulden nicht mehr bedient werden – oder verlängert die Laufzeit der gekauften Anleihen um sagen wir einmal 50 Jahre, zinsfrei. Nach Ablauf dieser Zeit erklärt man dann: wir streichen diese Schulden, die Notenbank erläßt also den Finanzministern die Rückzahlung der Schulden.

Dieses Szenario hat der PIMCO-Mitgründer Bill Gross bei einer Konferenz von Anleihe-Investoren entworfen. Für Japan etwa, so Gross, sehe er gar keinen anderen Weg, auch wenn er das schrecklich finde. Bereits jetzt besitzt die Bank of Japan mehr als ein Drittel aller Staatsanleihen Nippons, der Anteil steigt durch die monatlichen Käufer der Notenbank kontinuierlich weiter. Die Chance für eine Rückführung dieser Schulden, also ihre Rückzahlung, ist bei Null – also muß ein Weg gefunden werden, das Spiel weiter zu spielen, um den Zusammenbruch zu vermeiden.

Faktisch werden derzeit ja die Schulden der Staaten auf die Notenbanken übertragen – nicht ungeschickt, kann die Notenbank doch unbegrenzt Geld drucken und gilt daher jederzeit als liquide. Aber wenn man solche Taschenspieler-Tricks wie die Verlängerung oder Erlassung von Schulden anwendet, geht das Vertrauen in das von der Notenbank gedruckte Geld verloren. Und Vertrauensverlust heißt dann Inflation, weil nicht beliebig vermehrbare Waren mit immer mehr von dem immer weniger vertrauenswürdigen, aber beliebig vermehrbaren, Papier-Geld bezahlt werden müssen.

Während die Notenbanken also derzeit gegen die Deflation kämpfen, bereiten sie damit langfristig die nächste Inflation oder Hyperinflation vor. Daher sagt Bill Gross: wir brauchen einen neuen Paul Volcker – in Anspielung an den legendären Fed-Chef, der in den 1980er-Jahren gegen alle Widerstände die Zinsen stark angehoben hatte. Die Folge war zunächst eine ökonomische Krise, jedoch auch eine Gesundung des Systems, das den USA dann in der Folge wieder besseres Wachstum ermöglichte.

Derzeit aber haben wir viele Mario Draghis – aber keine Paul Volckers. Nirgends..



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4 Kommentare

  1. Solang die ganzen gedruckten Geldmassen nur zwischen Anleihen-, Aktien- und Derivatemärkten hin und her rotieren (statt in die Nachfrage nach realen Gütern und Dienstleistungen zu fließen), werden die dortigen Blasen immer weiter aufgepumpt (da muß man Herr Risse recht geben). Das Vertrauen in die Währung scheint unerschütterlich und die Geldflut verbleibt im virtuellen Raum. Da kann die EZB noch so viel pumpen und die Zinsen drücken – die Preise in der Realwirtschaft stagnieren.

  2. Der beim Ausbuchen entstehende Verlust müsste aber gegen das Eigenkapital gebucht werden, richtig? Das liegt bei der jap. Zentralbank w.W. um die 2% und würde dann negativ. Rein theoretisch kann eine Zentralbank auch damit weiter leben, aber in Simbabwe hat das nicht so richtig funktioniert. Auf jeden Fall würde beim Vertrauensverlust in die Papiergeldwährungen der Turbo zugeschaltet und auch die Japaner würden nach ein paar Goldmünzen Ausschau halten.

  3. Phantastische Lösung! Wo kann Müller, Meier, Schulze dann den Resetknopf für seine Schulden bei der Bank finden?

  4. Wann ist denn in den USA das System mal gesund gewesen

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