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Jean-Claude Juncker mit Charme-Offensive in Washington

Jean-Claude Juncker hat zumindst auf den ersten Blick gestern in Washington unendlich mehr erreicht, als es alle Beobachter erwartet hätten. Eigentlich hatten die allermeisten Journalisten nur ein Plauderstündchen mit Kaffee, Kuchen, Gruppenfoto und nettem Lächeln erwartet. Aber es kam eine richtig tollte Absichtserklärung heraus, die zumindest in Aussicht stellt, dass die USA ihre Industriezölle für EU-Exporteure abschaffen. Wir haben heute schon in mehreren Artikeln beleuchtet, was wir von der Realisierbarkeit des Deals halten (siehe dazu unsere Artikel hier und hier).

Was wird Juncker Donald Trump im zweistündigen Gespräch bloß gesagt haben? Inzwischen gibt es ja einschlägige Erfahrungen bei Angela Merkel und Frankreichs Präsident Macron etc, was Donald Trump so plaudert, und wie man mit ihm umgehen muss. Hat Juncker sich dort Rat geholt? Man kann aber auch mit gesundem Menschenverstand an die Frage herangehen. Betrachtet man Trump bei seinen Auftritten, dann könnte es ihm vor allem gefallen gelobt zu werden. Schmeicheleien ohne Ende, das könnte wirken. Wir haben da einen Ansatzpunkt, wie Juncker Trump geschmeichelt haben könnte. Denn nach seinem Besuch bei Trump hat er in Washington auch eine Rede gehalten bei der Denkfabrik CSIS. Und davon gibt es einen offizillen Redetext, zumindest in Form einer Kurz-Zusammenfassung. Hat er ähnliche Worte auch bei Trump gewählt, in vereinfachter Form im Vier Augen-Gespräch? Lesen Sie hier den Wortlaut, was er bei der CSIS unter anderem gesagt hat (Zitat EU-Kommission):

Nach dem Treffen im Weißen Haus hielt Juncker eine Rede zu den „Transatlantischen Beziehungen am Scheideweg“ bei der Denkfabrik CSIS. Juncker erinnerte an seine eigene Familiengeschichte und die Befreiung Luxemburgs durch US-Truppen im Zweiten Weltkrieg. Als Geschenk für Präsident Trump hatte Juncker ein Bild eines amerikanischen Soldatenfriedhofs in Luxemburg im Gepäck mit der Widmung: „Lieber Donald, erinnern wir uns an unsere gemeinsame Geschichte.“

„Was die transatlantische Partnerschaft so besonders macht, ist, dass sie in erster Linie eine persönliche Angelegenheit ist. Es ist Teil unserer Familiengeschichten und Teil der Struktur unserer Gesellschaften. Viele Amerikaner italienischer, irischer, polnischer oder anderer europäischer Abstammung fühlen sich unserem Kontinent verbunden und haben Verwandte in ganz Europa. Diese Wurzeln spiegeln sich in den Städten dieses großen Landes wider und sind Teil der wunderbaren Vielfalt der Vereinigten Staaten. Und ebenso haben die Europäer eine tiefe Verbundenheit mit den Vereinigten Staaten. Dies ist nicht zuletzt auf die entscheidende Rolle der Vereinigten Staaten bei der Befreiung Europas in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“, sagte Juncker.

Zur Annäherung im Handelsstreit sagte der Kommissionspräsident: „Wie ich schon oft betont habe, gibt es in Handelskriegen keine Sieger – sie hinterlassen nur Wunden. Zölle schützen nicht die nationale Sicherheit, sondern sie untergraben die wirtschaftliche Sicherheit.“.

„Europa arbeitet gern mit allen gleichgesinnten Partnern zusammen, um neue Möglichkeiten zu schaffen und um das globale System als solches zu verbessern. Dies ist der Grund, warum ich heute in Washington bin. Nicht um ungebetene Ratschläge zu geben, sondern um eine stärkere Zusammenarbeit anzubieten. Wir werden immer einen Kanal für den Dialog offenlassen – für diese Regierung und für alle unsere Partner in den Vereinigten Staaten. Und ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns nicht in Maßnahmen und Gegenmaßnahmen verstricken, sondern uns stattdessen auf die wirklich drängenden Fragen des Welthandels konzentrieren sollten, denn davon gibt es viele“, so Juncker.

Ach, übrigens… wir wollen noch mal auf den labilen Zustand der gestrigen Vereinbarung hinweisen. Denn darin heißt es unter anderem (Zitat EU-Kommission):

Während wir daran arbeiten (am Abbau der Industrie-Zölle etc), werden wir nicht gegen den Geist dieses Abkommens verstoßen, es sei denn, eine der Parteien beendet die Verhandlungen. Wir wollen auch die Fragen der Stahl- und Aluminiumtarife und der Vergeltungstarife lösen“, heißt es abschließend in der Gemeinsamen Erklärung.

Jean-Claude Juncker gestern in Washington DC
© European Union, 2018 / Source: EC – Audiovisual Service / Photo: Etienne Ansotte



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5 Kommentare

  1. …..und dann fielen sie sich weinend in die Arme, glücklich, endlich einander gefunden zu haben. Sie tauschten Erinnerungen aus und immer wieder brachen sie in freudiges Schluchzen aus….
    (Frei nach „Die Leiden des jungen Werther“ von J.W. von Goethe oder „Aus dem Leben eines Taugenichts“ von Joseph von Eichendorff.

    1. @ Columbo, klasse, man hätte es nicht besser sagen und auf den Punkt bringen können !!

  2. Da soll mir jemand erzählen, dass Alkohol keine Lösung sei :-) Prooost, Jean-Claude! Für jemanden, der kein Blut im Alkohol hat, war das doch eine überraschende Leistung. Obwohl ich die Skepsis von FMW durchaus teile. Aber immerhin!

    Rum und Ehre für Jean-Claude! Wobei er auf Zweiteres sicherlich gerne zu Gunsten des Ersteren verzichten würde.

  3. Da soll mir jemand erzählen, dass Alkohol keine Lösung sei. :-) Prooost Jean-Claude! Für jemanden, der kein Blut im Alkohol hat, war das eine überraschende Leistung! Obwohl ich die Skepsis von FMW durchaus teile. Aber immerhin!

    Rum und Ehre für Jean-Claude! Wobei er auf Zweiteres sicherlich gerne zu Gunsten des Ersteren verzichten würde.

  4. Was macht Juncker eigentlich mit den ganz Sojabohnen? Helfen die gegen Ischias oder kann man da auch einen leckeren Schnaps von brennen? Und wer schaut bei diesen Geschichten überhaupt noch House of Cards? ;)

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