Aktien

Jeff Gundlach: was kommen wird an den Märkten

Jeff Gundlach zählt fraglos zu den größten Finanz-Denkern in den USA - man tut gut daran, ihm sehr genau zuzuhören!

FMW-Redaktion

Jeff Gundlach zählt fraglos zu den größten Finanz-Denkern in den USA. Der Gründer von Doubleline Capital, der zJahr für Jahr zu den 5% der erfolgreichsten Investoren gehört, ist der wahrscheinlich erfolgreichste Anleihe-Investor der letzten Jahre – er genießt daher in den USA daher einen gewissen Kult-Status. Nun hat er in einem Interview mit Barron´s seine Sicht der Dinge erläutert, und man tut gut daran, ihm sehr genau zuzuhören!

Wir fassen die Thesen Gundlachs zusammen:

1. Der Brexit ist ein viel größeres Risiko für die US-Wirtschaft, als derzeit geglaubt werde. Wenn UK in eine Rezession falle, werde das auch auf Europa insgesamt ausstrahlen, und da Europa der wichtigste Markt für US-Unternehmen sei, bleibe das nicht ohne Folgen. Überhaupt sei der Brexit möglicherweise der Anfang einer Entwicklung: „..risk that it is really just the beginning of something – that there will be more downside for stocks – and not the end of something“.

2.Der Brexit hat eine tiefere Ursache: derzeit findet ein massiver technologischer Wandel statt, und solche Veränderungen führen fast immer zu politischer Instabilität. Warum? Weil diejenigen, die von den alten Strukturen profitieren, eben dieses System erhalten wollen. Also brauchen sie eine Schuldigen, jemanden, den man verantwortlich machen kann für das, was nicht mehr funktioniert – die EU. Es sind Leute, die sich an die guten alten Tage erinnern, als sie noch gutbezahlte Fabrik-Jobs hatten und als UK noch etwas zu sagen hatte in der Welt.

3. Europa ist in einer extrem schwierigen Situation: die Geburtenraten sind niedrig, während gleichzeitig die Automatisierung mit großen Schritten voranschreitet. Dadurch verringert sich der Teil der arbeitsfähigen Bevölkerung, gerade im Süden Europas sind viele Menschen gezwungen, auszuwandern. Die Menschen also gehen – aber die Roboter werden für immer bleiben. Wie soll Wachstum entstehen, wenn die Verschuldung rasant steigt, die Menschen aber weniger werden?

4. Die Chancen, dass Trump US-Präsident wird, sind höher, als die Märkte glauben. Er wird die Wahl gewinnen. Das ist wie beim Brexit: viele geben nicht zu, für Trump stimmen zu wollen. Und Trump wird, anders als viele glauben, die Verschuldung der USA weiter erhöhen: er wird viel Geld ins Militär pumpen, Mauern bauen etc. Das wird das Defizit der USA stark erhöhen – und kurzfristig sogar stimulierend auf die US-Wirtschaft wirken

5. Die Erwartungen an das Gewinnwachstum von US-Unternehmen sind stark übertrieben – man geht im Konsens davon aus, dass sie in 2017 15% mehr erwirtschaften. Aber das ist illusorisch in einem solchen Umfeld: nach dem Brexit werden die Gewinne eher einbrechen. Dazu sind die US-Unternehmen viel zu hoch bewertet. Wenn der S&P weiter steigt, ok, dann kann man ihn immer noch bei 2200 Punkten kaufen, wenn alles in Ordnung wäre. Ist es aber nicht. Das Risiko ist mir zu groß, dass bald ein herber Rücksetzer kommt

6. Der Dollar wird schwächer werden, weil die Fed die Zinsen nicht anheben wird. Auch die Hausse am Anleihemarkt ist kurz vor dem Ende. Was laufen wird ist Gold und Gold-Minen-Aktien – auch wenn viele das nicht glauben wollen und das als ein „dead-money portfolio“ bezeichnen. Das echte „dead-money portfolio“ aber ist der S&P500.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

2 Kommentare

  1. „Es sind Leute, die sich an die guten alten Tage erinnern“

    Genau dort liegt die Crux. Wer nicht in Massenarbeitslosigkeit aufgewachsen ist, der denkt natürlich in Alternativen. Ist ihm das zu verübeln? Das Problem ist nur, dass sich der Erball in der Zwischenzeit unaufhörlich gedreht hat und dass Mechanismen, die in den „good old times“ blendend funktionert haben heute zu völlig anderen Ergebnissen führen.

    Das ist das Problem an dem jede ehemals erfolgreiche Gesellschaft krankt: mangelnde politische Innovation. Anstatt neue Ansätze über „try and error“ zu erforschen, verfällt man entweder in totale Depression und Alternativlosigkeit oder in antiquierte Verhaltensmuster. Doch dem lässt sich aufgrund der Machtverteilung schwer Abhilfe schaffen. Nicht nur, weil die Vermögen logischerweise bei den „Alten“ konzentriert sind, sondern auch weil die demografischen Srukturen die jungen Generationen systematisch benachteiligen. Auch intellektuell sind die „Alten“ nicht immer die weisesten – wenn zB eine Babyboomer-Generation die mächtigen Alten stellt, wie sollen dann Problemlösungsmöglichkeiten abseits der äußeren Umstände allgemeiner ökonomischer Prosperität gefunden werden?

    1. Man sollte die eigene Verantwortung nicht zu weit abweisen, indem man Probleme per „mangelnde politische Innovation“ abkanzelt – Veränderung kommt von „unten“, nicht von oben. Ohnehin versuchen die ökonomischen Steuerungsegomanen realistisch betrachtet gerade ein „try and error“ (also alle Wege, die definitiv nicht funktionieren).

      Das Ältere bevorzugt werden, stimmt allerdings meiner Meinung nach ebenfalls, jedoch nur, wenn diejenigen schon angestellt sind, nicht werden sollen. Dies wird wiederum beim Einstellungsverhalten bei Firmen konterkariert: Jüngere werden bevorzugt, (deutlich) Ältere kreuzt man „lieber“ aus. Beides ist nicht in Ordnung (und mMn nach vollkommen falsch: Verlust von Erfahrung), aber bezeichnen wir es mal als „ausgleichende Gerechtigkeit“. Umdenken wäre angesagt, aber in ökonomisch turbulenten Zeiten wie diesen (gegenseitiger Effizienzwettbewerb; Konsolidierungen und Verschlankungen) etwas schwierig: viele Firmen konzentrieren sich mMn nach gerade eher auf das Überleben – da fällt so manch andere Priorität ab.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage