Anleihen

Jetzt kommt die Rechnung für den Wahnsinn: der Abverkauf an den Anleihemärkten

Österreich hat in dieser Woche eine Staatsanleihe emittiert mit einer Laufzeit von 70 Jahren! Und jetzt kucken die Käufer dieser und anderer lang laufender Anleihen ziemlich dumm aus der Wäsche..

FMW-Redaktion

Sind Sie auf der Suche nach Rendite in einem Umfeld von Null- oder sogar Negativzinsen? Vielleicht haben Sie ja dann in dieser Woche in unserem Nachbarland zugegriffen, in Österreich. Denn Österreich hat in dieser Woche eine Staatsanleihe emittiert mit einer Laufzeit von 70 Jahren! Sie hören richtig: 70 Jahre. Das können die Investoren dann schon einmal ihren Enkeln unter den Weihnachtsbaum legen, denn die Chance, dass sie zum Ende der Laufzeit nach das Licht der Welt erblicken, ist gleich Null – oder wie Maynard Keynes formulierte: On a long enough timeline, the survival rate drops to zero!

Aber, und das ist derzeit bezeichnend: die Käufer, die in dieser Woche bei der 70-jährigen Anleihe Österreichs zugegriffen hatten, schauen schon heute (und nicht erst in 70 Jahren) etwas bedröppelt aus der Wäsche. Der Grund: sie sitzen auf einem Papier-Verlust von 5%. Wer also eine Millionen Euro investiert hat in dieser Woche, hat Stand gestern Abend einen Papier-Verlust von 50.000 Euro. Hoppala.

Die lange Laufzeit und der sehr niedrige Kupon auf diese Anleihe (wie auch andere lang laufende Anleihen) hat nämlich zur Folge, dass der „duration factor“ für eine große Volatilität bei der Rendite sorgt. Und der Trend an den Anleihemärkten geht zum Kauf langer Laufzeiten, weil nur so noch irgendwie Renditen erzielbar scheinen. Derzeit liegt daher die durchschnittliche Laufzeit einer Staatsanleihe, die Investoren kaufen, bei 8,5 Jahren. Das ist so lange wie noch nie seit Aufzeichnung der Daten!

Und jetzt kommt der Schmerz. Denn an den Anleihemärkten ereignet sich derzeit ein von den Medien kaum wahrgenommener Abverkauf, und das vorwiegend aus zwei Gründen: erstens weil die Märkte nun davon ausgehen, dass die Fed im Dezember die Zinsen anheben wird – und danach möglicherweise weiter macht. Und zweitens hat sich der Zweifel eingeschlichen, dass die Politik des ultrabilligen Geldes durch die Notenbanken wie die EZB ewig weiter gehen wird. Gestern kamen dann noch besser als erwartet ausgefallene Daten zum BIP Großbritanniens, was die Hoffnung auf weiteren Stimulus durch die Bank of England schwer dämpfte.

Und so stiegen die Renditen für die 10-jährige US-Anleihe in den letzten Tagen deutlich (was den Dollar stärkt, der auf dem höchsten Stand seit acht Monaten handelt, gemessen am Dollar-Index), auch die deutsche 10-jährige Bundesanleihe unter Druck (der Kurs, die Renditen dagegen steigen):

bund28-10-16
(Bund-Future, Dezember-Kontrakt)

Und so sieht es ganz danach aus, als würden Staatsanleihen ihren schlechtesten Monat seit dem Mai 2013 erleiden. Wer hätte das noch vor kurzem gedacht? Und das Boot ist rappelvoll, in dem die Investoren sitzen. Sie alle hatten gedacht: das wird ewig so weiter gehen mit der Hausse. Geht es aber nicht. Und jetzt wird´s teuer..



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5 Kommentare

  1. Wer kauft denn sowas?

    Nach 36 Jahren bereits hat sich das Preisniveau verdoppelt – unter der Annahme von jährlich wie gewünscht 2% Preissteigerung.
    Das Produkt, was heute 100E kostet, liegt dann also bei 200.
    Das heißt, der Wert der Anleihe hat sich halbiert, weil ich
    jetzt 2x100E bräuchte, um die Ware/Dienstleistung zu kaufen.

    Nach 70 Jahren hätte sich das Preisniveau dann ver-4-facht.
    Ja, vervierfacht! Das heißt ich brauche 400Euro für das heutige 100E-Produkt.

    Die heutige 100Euro-Anleihe ist dann nach 70 Jahren nur noch 25Euro wert.

    Falls die Anleihe aber einen Kupon von mindestens 3% haben sollte, komme ich nach Abzug von im Verlauf der vielen Jahre unterstellten durchschnittlichen 33%Steuerabzug immerhin noch Plus Minus Null raus. Ja, ist ja ganz dolle.

    Wie hoch die Rendite (Zinskupon unter Berücksichtigung des Ausgabekurses) bei Emission der Anleihe tatsächlich war, weiß ich nicht und steht auch nicht in eurem Bericht. Wahrscheinlich waren das ja rund 5, 6 oder 7 Prozent

    1. Wer sowas kauft? Die großen Geldverwalter, wie Rentenfonds, Kapital-Lebensversicherungen und Regierungsfonds. Und die Zentralbanken mischen dabei kräftig mit als Elefant im Porzellanladen.

  2. Viel zu viele Gedanken machen Sie sich da.

    Die Dumpfbacken kaufen einfach. Die brauchen keinen Grund oder Ratio.

    Siehe auch FTSE oder DAX heute. Noch auf dem Weg zur Morgentoilette hämmern die Ami-Gurken schon mal auf den Kauf-Button. „Wert“papierkauf scheint auf der Pawlowschen Bedürfnispyramide bei denen noch unter Nahrung / Schlaf / Fortpflanzung zu stehen.

    VG Karl

    1. Also bei etlichen Aktien gebe ich Ihnen da vollkommen Recht.
      Wobei das Bedürfnis in den Fällen dann scheinbar noch über allen anderen Bedürfnissen steht.
      (Aber ich glaube so meinen Sie das sogar auch. Kenn diese spezielle Pyramide zwar nicht. Aber klar, eine Pyramide wird nach unten immer breiter, so dass dem Bedürfnis
      entsprechend auch mehr Platz eingeräumt werden kann)

  3. …in den 70ern??
    was kaufte man denn da bei ca.35$ damals…und heute ca.1265$???
    Der Anleihencrash macht dann das Licht bei ca.90% der dt.Bevölkerung aus.

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