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Katalonien: Vize-Präsident fordert Unabhängigkeitserklärung, Madrids Verteidungsministerin droht mit Militäreinsatz

Der Konflikt zwischen Barcelona und Madrid spitzt sich weiter zu - Sitzung des katalonischen Parlaments auf 17.00Uhr verschoben. Madrid droht mit Militäreinsatz..

FMW-Redaktion

Die Dinge spitzen sich nun zu in Katalonien! Gestern Abend traf sich Carles Puigdemont mit seinem Kabinett, nachdem das Parteienbündnis „Junts pel Sí“ (deutsch etwa: gemeinsam für die ein „ja“ zur Unabhängigkeit) ihre Bereitschaft erklärt hatte, die Erklärung der Unabhängigkeit zu unterstützen:

Dass Carles Puigdemont wohl dazu bereit ist, geht aus einer Mitteilung des katalonischen Regierungschefs auf Instagram hervor: „Wir werden keine Zeit mit denjenigen verlieren, die ohnehin entschlossen sind die katalonische Regierung abzusetzen“!

Dass es nun ernst werden dürfte, zeigt auch die Aussage des stellvertretenden Ministerpräsidenten von Katalonien, Oriol Junqueras: Die spanische Regierung lasse Katalonien gar keine andere Wahl, als die Unabhängigkeit zu erklären:

Unterdessen ist der Beginn der Sitzung des katalonischen Parlaments mehrfach verschoben worden – nun ist nach neuestem Stand 17Uhr als Start der Sitzung terminiert!

Madrid jedenfalls wird eine Unabhängigkeitserklärung nicht akzeptieren, und droht in Gestalt der spanischen Verteidigungsministerin Maria Dolores de Cospedal mit dem Einsatz des Militärs: es sei jetzt nicht die Zeit für Zweifel oder „auf dem Zaun zu sitzen“.

Und Dolores de Cospedal weiter: Es sei jetzt Zeit, die spanische Verfassung zu verteidigen, die eine Errungenschaft gemeinsamer Anstrengungen der letzten 40 Jahre sei. Die Verfassung ermögliche eine großartige „Koexistenz“, die von der überwältigenden Mehrheit der Spanier befürwortet werde. Es sei die „ultimative Rolle“ der bewaffneten Streikräfte Spaniens, diese Koexistenz (also der Verfassung) zu verteidigen, egal von welcher Seite sie bedroht werde!

Das ist nicht mehr oder weniger als die Drohng des Einsatzes des Militärs durch Madrid, sollte sich die katalonische Regierung bzw. katalonische Institutionen wie die Polizei den Anordnungen der spanischen Zentralregierung widersetzen!


Die spanische Verteidigungsministerin Maria Dolores de Cospedal
Foto: UKBERRI.NET Uribe Kosta eta Erandioko agerkari digitala; CC BY 2.0

Es scheint also alles auf eine weitere Eskalation hinaus zu laufen, zumal die linke Partei CUP, die mit der Partei Partit Demòcrata Europeu Català von Carles Puigdemont die Regierungskoalition stellt, vor wenigen Minuten kategorisch die von Madrid geforderten Neuwahlen abgelehnt hat.

Das Kalkül Madrids ist einfach: man hofft auf eine Niederlage der Separatisten bei möglichen Neuwahlen – doch deuten Umfragen auf eine knappe absolute Mehrheit der Separatisten hin, sollte es zu Neuwahlen kommen. Ungeklärt ist die Frage, was Madrid tun würde, wenn bei Neuwahlen die Separatisten die absolute Mehrheit bekämen und dann die Unabhängigkeit ausrufen oder fordern würden.

Unterdessen haben die Katalanen Frankreichs, die in der öffentlichen Wahrnehmung kaum vorkommen, aber ein wichtiger Faktor werden könnten in dem Konflikt, für Puigdemont und seine wichtigsten Unterstützer eine Villa bereit gestellt für den Fall, dass der katalonische Regierungschef flüchten muß:



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8 Kommentare

  1. Moin, moin,
    es ist sicher nicht nur ein spanisches Problem. Worum gehts? Wie immer geht es ums Geld. Die einen meinen sie zahlen zu viel, die anderen sehen keinen Grund, den vermeindlichen „Überzahler“ ziehen zu lassen. Diese Konstellation tritt sicher auch auf Staaten, Regionen und kleine Verwaltungseinheiten untereinander zu.
    Eine Eskalation hat aber auch immer den Vorteil, dass eine Entscheidung fallen muss, ansonsten droht eine permanente Unsicherheit.

    1. Eher gute Nacht allerseits!Wenn das spanische Urselchen durchdreht,muss dann das Original eine neue Legion Condor zusammenstellen?€uropa,quo vadis?Mit Militär gegen separatistische,noch friedliche Bürger?Katalane,friss oder stirb!Ich verstehe unter Demokratie etwas gänzlich anderes.Und nebenbei,weil wir uns auf einer Wirtschaftsseite befinden,gilt dann:Politisch-kriegerische Börsen haben keine Beine mehr?Oder ist etwa auch in diesen manipulierten Märkten kaufen,wenn die Kanonen donnern,angesagt?Nurnoch pervers!

  2. „Dolores de Cospedal weiter: Es sei jetzt Zeit, die spanische Verfassung zu verteidigen,…“
    Wenn Katalonien sagt, wir wollen weg von Spanien und mit der Verfassung möchten wir auch nichts mehr am Hut haben – wieso wird die Verfassung damit gebrochen? Sie verabschieden sich lediglich von dieser.

    Wenn Katalonien innerhalb des „Spanienverbunds“ für die katalonische Region die Todesstrafe einführen würden – als Beispiel – dann würde damit die Verfassung tatsächlich gebrochen.

    1. Spanien muss nicht die Todesstrafe erst noch einführen, denn diese ist europaweit auch in Hinsicht der europäischen Menschenrechte, durch den Lissabonvertrag von 2009 geregelt.
      Putschisten dürfen danach erschossen werden.
      Und Soldaten die sich weigern auf Landsleute zu schießen auch.

      Viele Grüße aus Andalusien
      H. J. Weber

  3. Dem, was asyoulike am 26.10.2017 schrieb, kann ich nur zustimmen.

  4. Für solche Fälle gilt es ja den Lissabonvertrag von 2009.
    Wäre die Türkei schon in der EU gewesen, hätte Erdogan alle Putschisten gleich über den Haufen schießen lassen können.
    Für Soldaten die in Katalonien den Befehl verweigern, droht ebenfalls die Todesstrafe.

    Viele Grüße aus Andalusien
    H. J. Weber

  5. H. J. Weber, Sie sagen es! Und mich hat es überrascht, dass es so ist.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Lissabon

    Auf der Seite (mittels Strg/F) den Suchbegriff Todesstrafe eingeben. Da findet sich tatsächlich die Bestätigung des von Ihnen Angeführten.
    Und der Hinweis auf Erdogans Putschisten ist erschreckend. Also, meine Abneigung gegen die EU wird dadurch nicht geringer. Und so wie die sich im Moment im Spanien-Katalonienkonflikt verhält, finde ich auch unter aller Sau.
    Ukraine- Ostukraine lässt grüßen.

    Seien Sie froh, Herr Weber, dass Sie relativ weit vom „Schuss“ sind.
    Wobei ich immer noch glaube, dass es letztlich doch noch ohne einen solchen gelöst werden wird.

  6. Natürlich ist in einer Demokratie der Selbstentscheid der Bürger zu achten. Es gibt aber eben auch übergeordnete Demokratien, ansonsten möchte in der Zukunft jedes kleine Kaff, dessen ein größeres Unternehmen ansäßig ist, sich selbständig machen. Oder anders ausgedrückt, Deutschland würde in 100 Einzelstaaten zerfallen, die nahezu alle in Baden-Württemberg, Bayern oder Hessen liegen. Auch Katalonien profitierte schließlich von Spanien und der EU

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