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Kein Witz: In Hamburg heißt es bald „Gold fürs Ghetto“ – was die „normale“ Politik aus dem Trump-Sieg lernen sollte

Es klingt wirklich albern, und wie ein schlechter Scherz. Aber gerade in Hamburg ist ja immer alles möglich. Seit einer Woche hört man bei Hamburger Medien und in der Politik den...

FMW-Redaktion

Es klingt wirklich albern, und wie ein schlechter Scherz. Aber gerade in Hamburg ist ja immer alles möglich. Seit einer Woche kursiert bei Hamburger Medien und Politikern den Spruch „Gold fürs Ghetto“. Mit Ghetto ist in diesem Fall abfällig der kleine Hamburger Stadtteil Veddel gemeint. Die Hamburger Kulturbehörde hat (wirklich kein Witz) vor einer Woche 85.000 Euro Fördergelder (also Steuergelder) für den Künstler Boran Burchardt freigegeben. Dieses Geld hatte er beim Kunstausschuss der Hamburger Kulturbehörde beantragt, und wie es scheint relativ problemlos erhalten.

gold
Blattgold. Foto: Eckhard Pecher/Wikipedia (CC BY 2.5)

Damit wird er die Außenfassade von zwei Hauseingängen eines ganz normalen Mehrfamilienhauses (im Eigentum der städtischen Wohnungsgesellschaft) im Stadtteil Veddel mit 23,5 Karat Doppelrollen-Gold überziehen. Das Ziel dieses „künstlerischen Aktes“ soll sein eine Kommunikation in Gang zu setzen. Die Kutlurbehörde selbst möchte damit Aufmerksamkeit für die Veddel erzeugen bla bla bla. Burchardt ist noch bis nächstes Jahr „Quartierskünstler“ für die Veddel, und wird damit auch absteits dieser Aktion von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SAGA gefördert.

Aber das ist noch nicht alles. Borchardt ist nicht nur Künstler, und nicht nur Quartierskünstler. In dem „Kunstausschuss“ der Hamburger Kulturbehörde, der seine Fördergelder vergab, ist Borchardt selbst Mitglied! Unglaublich oder? Aber nein nein, keine Angst. Hier liegt ganz sicher keine Kungelei vor. Denn Borchard hat an der Abstimmung für die Zuteilung seiner eigenen Fördergelder bewusst nicht teilgenommen. Na dann, hier entsteht sicher kein Interessenkonflikt bei den anderen Ausschuss-Mitgliedern, die für jemanden Geld bewilligen, mit dem sie im selben Ausschuss sitzen. Die Kulturbehörde beeilte sich nach Bekanntwerden dieser „tollen Aktion“ zu erklären, dass der Ausschuss mit unabhängigen Kunstexperten besetzt sei, die solche Projekte in Eigenregie ohne politische Beeinflussung entscheiden.

Damit möchte sich wohl die Politik in Hamburg lossagen von so einer peinlichen und fast schon skandalösen Aktion. Wie albern sie ist, zeigen Medienbefragungen der Bewohner des Hauses, die demnächst kurzzeitig eine Goldfassade am Haus kleben haben. Der Kommentar eines Mieters: Im Haus seien die Wasserleitungen reparaturbedürftig, er habe fast nie warmes Wasser. Das Geld solle man lieber in die Reparatur investieren, damit er warmes Wasser habe. Mehr ist dem wohl nicht hinzuzufügen. Interessant wäre auch die Frage, wie viel von diesen 85.000 Euro Fördergeldern nach Materialkosten beim „Künstler“ netto hängenbleiben.

Es handelt sich wohl um einen albernen Versuch den „abgehängten“ Menschen in einem Problemstadtteil etwas Gutes zu tun. Wie lächerlich kann ein Resultat so einer Bemühung nur sein – man sieht es jetzt in Hamburg. Gestern Abend war natürlich bei Sandra Maischberger die Trump-Wahl und deren Folgen auch für Europa das große Thema. Selbiges gestern bei Stern TV. Der mehrmals ausgesprochene Tenor: Die Politik muss daraus lernen. Damit die Trump-Welle den Populismus in Europa nicht noch mehr verstärkt, müsse die Politik in Deutschland zukünftig „näher am Bürger sein“. Unser Vorschlag: Stoppt diesen Gold-Schwachsinn auf der Veddel, und stampft euren „Experten-Kunstausschuss“ bitte ganz ein, wenn so eine alberne peinliche Aktion dabei herauskommt.

Auch sollte es doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass Mitglieder eines Fördergremiums nicht für eigene Projekte Geld aus dem eigenen Fördertopf erhalten. Das ist eigentlich derart selbstverständlich, dass man es nicht mal erwähnen muss. Jetzt ist die Aufregung aus allen politischen Lagern in Hamburg groß. Egal welche Partei, man hört derzeit Aussagen wie „das ist Selbstbegünstigung des Künstlers“ oder eine „groteske Aktion“ oder „besser das Geld für echte soziale Projekte verwenden“. Na dann mal los. Wird dieser Schwachsinn noch gestoppt? Das wäre ein erster Schritt hin zu „näher dran am Bürger“.

Der „Künstler“ selbst sagt dazu er versuche mit dieser Aktion eine Wirkung zu erzielen, die auch über den Stadtteil hinausreichen solle. Und welche Wirkung bitte? Das blieb offen. Die Kulturbehörde sagt dazu, die Aktion biete die Möglichkeit das Viertel nach außen zu „kommunizieren“ und darüber nachzudenken, warum die Veddel kein Gold haben dürfe, während andere Bezirke in Hamburg sehr viel Gold hätten, so das Zitat. Es ginge darum über Werte zu diskutieren. Wenn Sie das im Originalton sehen und hören wollen, klicken Sie einfach hier, vorspulen auf Minute 5.



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7 Kommentare

  1. Tja, wie überall. Für so nen Schei* hat man Geld, aber für Wichtiges (Kinder, Bildung, etc.), was der Gesellschaft nützt und Werte schafft, hat man keinen Cent. Wir sollten auch bei uns das Establishment zum Teufel jagen. Angefangen mit dem in Brüssel (Junker, Schulz, …)

  2. Jou,moin und tschüss!

  3. Wir brauchen dringend eine Strafbarkeit für die Veruntreuung von Steuergeldern! So etwas muss von Amts wegen verfolgt werden. Persönliche Haftung einschließlich Verlust der Beamtenpension.

    1. Da stimme ich zu 100% zu!

      1. Ich auch und ich bin Beamter!
        Ich hätte da noch viele Beispiele solcher sinnfreien Geldverschwendung.

  4. Dekadenz. Wir müssen am Scheitelpunkt unserer Zivilisation angelangt sein – was danach folgt, dürfte selbst jeder Ameise, der man die Hälfte des Gehirns weggeschnitten hat, noch einleuchten.

  5. Die Politik,die Verwaltung und Teile der so genannten gesellschaftlichen Eliten sind so dermaßen verblendet und selbstverliebt, daß es scheinbar einer größeren Krise bedarf um diese Leute aus ihrer Scheinwelt herrauszuholen. Brexit und Trumpsieg werden nicht als Warnsignale erkannt sondern nur als Dummheit der einfachen oder einfältigen Menschen abgetan. Das diese Menschen aber oft ein gesundes Empfinden dafür haben wenn Dinge grundlegend verkehrt laufen wird völlig übersehen. Hochmut kommt vor dem Fall.

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