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Billiges Gas in Europa – Kohle strömt nach Asien

Europa "schwimmt" derzeit förmlich in billigem Gas, Kohle wird wenig nachgefragt. Und so strömt der Brennstoff vor allem nach Asien.

Die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Energiekrise ließ einige auf den ersten Blick merkwürdig erscheinende Aspekte entstehen, die marttechnisch aber alle logisch nachvollziehbar waren. So kaufte zum Beispiel Europa und vor allem Deutschland letztes Jahr auf dem Weltmarkt alles an Gas auf, was man kriegen konnte. Egal wie teuer, man kaufte. Bloß her damit, Energieknappheit durfte nicht entstehen. Das Problem: Ländern wie Pakistan ging das Gas aus, weil die Verkäufer nur noch nach Europa verkaufen wollten. Pakistan konnte schlichtweg bei den astronomischen Preisen nicht mehr mit bieten. Und so schwenkt Pakistan um auf Kohle als Brennstoff.

Europa „ertrinkt“ im billigen Gas – Kohle strömt nach Asien

Und was sehen wir aktuell? Der Zustrom von Gas nach Europa ist derzeit so groß, dass der Gaspreis vom Hoch bei 342 Euro pro Megawattstunde im letzten August bis heute auf unter 25 Euro gefallen ist. Der europäische Markt ist offenbar sogar überversorgt, und das ohne die großen Ströme aus den russischen Gasfeldern. Nun wird Europa zunehmend Gas verfeuern, das es ja reichlich verfügbar ist – und was wird mit der Kohle? Wenn der freie Markt wirklich frei wirken kann, ergeben sich die logisch nachvollziehbaren Konsequenzen. In Europa nicht mehr benötigte Anlieferungen an Kohle werden laut Bloomberg nach Asien verschifft, wo die Energieversorger den Brennstoff angesichts der sommerlichen Temperaturen auf Vorrat lagern wollen.

Rund 7 Millionen Tonnen kolumbianische Kohle werden im nächsten Quartal nicht mehr nach Europa, sondern in asiatische Länder exportiert, so sagt es aktuell James Marshall, CEO von Berge Bulk, dessen Schiffsflotte auf diesen Routen verkehrt. Zu den Bestimmungsländern der von Kraftwerken und Stahlherstellern verwendeten Kohle gehören seiner Aussage nach China und Indien.

Nach Angaben des Schiffsmaklers BRS Group haben die europäischen Abnehmer ihre Einfuhren kolumbianischer Kohle im vergangenen Jahr um 23 % auf rund 30 Millionen Tonnen erhöht, nachdem der Kontinent durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine in eine Energiekrise geraten war. Da jedoch die Erdgaspreise seit August um mehr als 90 % gefallen sind, steigen mehr Kraftwerke wieder auf Gas um. Carl Tyler, Leiter der Befrachtungsabteilung der Noble Resources Group, erklärte letzte Woche auf einer Konferenz in Singapur, dass auch mehr Kohle aus Südafrika nach Asien transportiert wird.

Europäische Importe von Kohle aus Kolumbien sinken auf ein Zweijahreshoch

Die zusätzlichen Anlieferungen von Kohle in China werden zu den wachsenden Lagerbeständen in den Küstenhäfen beitragen. Das Land hat die Einfuhren erhöht und gleichzeitig die inländische Produktion ausgeweitet, um die Wiederbelebung der Wirtschaft zu unterstützen. Doch die Nachfrage hat mit der enttäuschenden konjunkturellen Erholung Chinas nicht Schritt gehalten.

Das wird sich wahrscheinlich ändern, wenn sich das Wetter erwärmt und Alternativen wie die Wasserkraft von den anhaltenden Auswirkungen der Dürre im letzten Jahr und den Aussichten auf ungewöhnlich hohe Temperaturen in diesem Sommer betroffen sind. Was bedeutet das für Kohle? Eine stärkere Wirtschaftsleistung in der zweiten Jahreshälfte würde Chinas Strombedarf erhöhen, so Johann Tan, Analyst bei Fitch Solutions‘ Einheit BMI. Weiter sagt er: „Ein wärmerer Sommer bietet auch einen Anreiz für höhere Kohlelieferungen als Versicherung gegen Energieengpässe“.

FMW: Sollten wir Europäer und vor allem wir Deutschen uns demnächst stolz auf die Schulter klopfen, dass wir das Verbrennen von Kohle reduzieren konnten und damit dem Klima etwas Gutes getan haben, dann sollten wir uns dessen bewusst sein: Die Kohle, die wir nicht verfeuern, geht wohl in China und Indien in die Luft.

FMW/Bloomberg

Ein Kohle-Berg in Rumänien
Ein Kohle-Berg in Rumänien. Photographer: Nathan Laine/Bloomberg


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