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Konjunktur: Der Konsumrausch an Weihnachten

Erleben wir trotz schwacher Konjunktur einen Konsumrausch an Weihnachten? Die Abschwächungszeichen für die Weltwirtschaft im Jahr 2019 sind unübersehbar. In fast allen Nationen zeigen die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe schrumpfende Zahlen. Im Gegensatz dazu der Dienstleistungssektor und der Konsum, beide verhindern das Abgleiten in eine Rezession – bisher. Die neuesten Prognosen für das Weihnachtsgeschäft deuten darauf hin, dass es mit dem Konsum sogar noch weiter nach oben geht – viele Berichte wurden hier schon verfasst über die 17 Billionen-Dollar-Konsumökonomie, die nach wie vor keine echte Schwäche offenbart. Man geht shoppen, als ob es kein Morgen gäbe – nicht nur in den USA.

 

Deutschland trotz schwacher Konjunktur vor dem Weihnachtsboom

Wo befände sich Deutschlands Konjunktur, wenn es nicht die ausgabefreudigen Konsumenten gäbe? Wahrscheinlich tief im Keller – infolge stark rezessiver Daten aus dem produzierenden Gewerbe (und nicht so knapp im Minusbereich). Weitere Gewissheit bekommen wir am Donnerstag, wenn das Statistische Bundesamt die offiziellen Zahlen für das Wachstum im dritten Quartal bekannt gibt.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) gab letzte Woche seinen Ausblick auf das Weihnachtsgeschäft bekannt. Demzufolge wollen nach den Umfragen 23 Prozent der Verbraucher ihre Ausgaben erhöhen, 15 Prozent reduzieren. Summa summarum sollen die Umsätze in den beiden letzten Monaten des Jahres erstmals mit 102 Milliarden Euro die Schallmauer von 100 Milliarden durchbrechen. Die Liste der Geschenke, die Konsumforscher ermittelt haben, bleibt wie früher: Geldgeschenke, Gutscheine, Spielzeug. Elektroartikel. So bleibt es konjunkturell noch beim Alten: „Handel, konsumnahe Dienstleistungen und Bau reißen die Konjunktur im Moment raus“, sagt Timo Wollmershäuser, Leiter Konjunkturforschung beim Münchener Ifo-Institut.

Eine wesentliche Ursache für die Ausgabefreude der Konsumenten zu Weihnachten 2019 ist natürlich die Stabilität des Arbeitsmarktes, trotz der Exportlastigkeit der deutschen Industrie. Auch deshalb, weil die Industrie nur 25 Prozent zur deutschen Wertschöpfung beiträgt.

Die Erwerbstätigkeit in Deutschland wächst zwar nicht mehr so schnell wie früher, aber sie steigt immer noch an, trotz schwacher Konjunktur.

Im September waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts 45,3 Millionen Menschen in Brot und Arbeit – und damit 327.000 mehr als im Vorjahr. Der Experte Professor Wollmershäuser begründet dies so: Statt Beschäftigte zu entlassen, versuchten Industrieunternehmen ihre Belegschaften zu halten und sich in Kurzarbeit zu retten, sonst fehlten ihnen womöglich die Fachkräfte für den nächsten Aufschwung.

Onlinehandel: Natürlich soll auch der Onlinehandel weiter zulegen. Nach der Prognose des HDE dürfte er um 11 Prozent zulegen und die Marke von 15 Milliarden Euro erreichen. Mit all seinen Implikationen auf den lokalen Einzelhandel.

 

China, noch eine Nummer größer

Das Riesenreich mit seinen 1,4 Milliarden Bewohnern stellt mittlerweile auch beim Konsum neue Maßstäbe, zumindest was den gestrigen SinglesˋDay betrifft. Dieser Verkaufstag ist der umsatzstärkste Einkaufstag, nicht nur in China, sondern mittlerweile der ganzen Welt. Weit vor dem Cyber Monday in den USA, der im Vorjahr auf 7,9 Milliarden Dollar Umsatz kam.

Der chinesische Online-Gigant Alibaba hat an diesem Tag einen neuen Verkaufsrekord erreicht, der bereits zur Mittagszeit die Vorjahresmarke von fast 30 Milliarden Dollar übertraf – zu Beginn 544 000 Bestellungen, pro Sekunde, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua verkündete. Am Ende waren es über 38 Milliarden Dollar, ein Plus von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Der Onlinehandel an diesem Tag ist ein Gradmesser für die Verbraucherstimmung in China. Bisher geht es mit dem Konsum stark nach oben, trotz der geringsten Wachstumsrate der vergangenen 30 Jahre.

In den ersten neun Monaten 2019 nahm der Einzelhandelsumsatz im Vergleich zum Vorjahr um 8,2 Prozent zu. Der gestiegene Wohlstand führt zu gestiegenen Konsumansprüchen, deshalb auch die guten Verkaufszahlen deutscher Premium-Automarken wie BMW und Mercedes, trotz eines rückläufigen chinesischen Autoabsatzes von 10,3 Prozent während der ersten neun Monate des Jahres.

Dies ist auch beim SinglesˋDay erkennbar, denn obwohl das Interesse am Shoppingfestival bei der Zahl der Teilnehmer nachließ, gaben die Beteiligten über 50 Prozent mehr aus als im Vorjahr.

 

Fazit

Es ist derzeit schon ein ungewöhnlicher Wirtschafts- und Börsenzyklus. Der Handelsstreit und auch der natürliche Zyklus mit seiner Boom und Bust-Charakteristik zwingen die Industrie in die Knie und zeichnen ein düsteres Bild der Konjunktur. Der Arbeitsmarkt aber reagiert (noch) nicht darauf – und die Notenbanken schießen Geld ins Kreditsystem oder nötigen Verbraucher durch Minuszinsen sogar zum Konsum.

Die Folge dieser Never-Ending-Story ist ein künstlich verlängerter Zyklus, der aber kein ewiges Leben haben kann. Eine Bereinigung der Fehlallokationen wird stets weiter hinausgezögert und erfordert von Investoren, die an der Seitenlinie ausharren oder sogar auf die Shortseite gewechselt sind, jede Menge Geduld (und flüssige Mittel). Je mehr dieser Konsumrausch aber auf Pump aufgebaut wird, desto mehr stützt dies meine These, was den oder die Einbrüche auslösen wird – nämlich ein Anstieg der Zinsen am Kapitalmarkt, den die Notenbanken irgendwann nicht mehr auffangen können.

Und um noch einen Bezug zum Thema des Artikels herzustellen, wenn der US-Konsument den Gürtel enger schnallen muss.

Trotz eher schwacher Konjunktur wird Weihnachten konsumiert



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