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Konjunkturprogramm – der Game Changer für die Aktienmärkte

Die Anzahl der Ökonomen, die ein umfangreiches Konjunkturprogramm fordern, wächst von Tag zu Tag. Mario Draghi betont bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Verantwortung der Fiskalpolitiker. An billigem Geld mangelt es nicht, aber noch am politischen Willen.

Konjunkturprogramm – Deutschland läuft die Zeit davon

Schaut man sich die Indikatoren für die deutsche Wirtschaft an, dann wird klar, dass sich die größte Ökonomie der Eurozone bereits seit über einem Jahr mitten im Abschwung befindet und sich dieser Trend weiter verstärkt. Die Hoffnung, dass lediglich der verarbeitende Sektor betroffen sei und sich die Konjunktur im zweiten Halbjahr wieder erholen würde, werden sich nicht bestätigen. Die Vorlaufindikatoren wie die Auftragseingänge der Industrie, die Einkaufsmanagerindizes sowie die Geschäftserwartungen des ifo Geschäftsklima Index zeigen auch für die kommenden Monate deutlich in Richtung einer heraufziehenden Rezession in Deutschland:

ifo Index

Zumal ab Oktober jeden Jahres saisonale Effekte dämpfend auf die Konjunktur und den Arbeitsmarkt wirken. Selbst wenn jetzt kurzfristig schnell wirkende, nachfrageorientierte Konjunkturstimuli beschlossen würden, kämen diese dennoch bereits zu spät, um den Eintritt Deutschlands in eine technische Rezession zu vermeiden.

Wirtschaftsministerium zögert noch

Umso erstaunlicher sind die Aussagen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vom letzten Mittwoch. Nachdem die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute dem Minister gemeinschaftlich ihre stark gesenkten Prognosen für das BIP-Wachstum 2019 und 2020 vorlegten und höhere Staatsausgaben inkl. der Aufgabe der Schwarzen Null empfahlen, sagte Altmaier: „Ich nehme die Vorschläge der Institute zur Kenntnis, die Diskussion über die Schwarze Null kommt aber zur falschen Zeit“. Erstaunlich ist die Einigkeit der Institute in Bezug auf die Abwärtsdynamik der Deutschen Wirtschaft, die in den kommenden Monaten verstärkt von dem verarbeitenden Gewerbe auf den Dienstleistungssektor sowie den Arbeitsmarkt überzugreifen droht. Der jüngste Absturz in der Industrie hat eine Dynamik wie zuletzt während der Finanzkrise und ist durch vielfältige Ursachen bedingt:

PMI ganz schwach - Konjunkturprogramm notwendig?

Peter Altmaier sieht die Entwicklung zumindest offiziell dennoch gelassen: „Wir haben aktuell keine Konjunkturkrise und eine solche droht auch nicht“. Altmaier stellte lediglich den Abbau von Bürokratie und selektive Entlastungen bei Steuern und Abgaben in Aussicht. Die Frage ist, ob das ausreicht und v. a. schnell genug wirkt, um die sich selbst verstärkenden Abwärtskräfte aufzuhalten? Oder ob nicht doch ein breit angelegtes, volumenstarkes Konjunkturprogramm bereits jetzt Sinn machen würde?

Aktienmärkte leben nur noch von der Hoffnung

Für die deutschen Aktien wird die Luft langsam dünn. Die Unternehmensergebnisse sind bereits mehrheitlich deutlich negativ und verschlechtern sich weiter. Zwei Drittel der DAX-Konzerne erlitten im ersten Halbjahr Rückgänge bei den Betriebsergebnissen. Der Anteil wird im abgelaufenen dritten Quartal weiter steigen. Noch hangeln sich die DAX-Aktien von Hoffnung geleitet mit leichter Abwärtstendenz seitwärts. Doch in der vergangenen Woche gab es erneut einen Einblick in die innere Verfassung des Marktes. Schwache Konjunkturdaten aus den USA trafen in Deutschland auf schwache Nerven und der deutsche Leitindex reagierte mit einem signifikanten Kursrücksetzer unter die Zwölftausendpunktemarke. Der freie Fall konnte erst von der 200-Tage-Durchschnittslinie aufgehalten werden. Zur Stabilisierung trugen auch Zinssenkungshoffnungen und moderate Arbeitsmarktdaten aus den USA bei. Beides wird den Markt jedoch nicht lange stabilisieren können.

Dax Tageschart

Wenn sich ein Abverkauf wie im letzten Herbst nicht wiederholen soll, müssen kurzfristig von irgendwo her positive Impulse kommen. Entweder entspannt sich der globale Handelskrieg, das Brexit-Dilemma wird gelöst oder es kommt rasch ein ausreichend dimensioniertes Konjunkturprogramm. Dann wäre sogar recht zügig ein Überschreiten der Abwärtstrendlinie aus dem Januar 2018 beim DAX möglich. Kommt es jedoch am 11. Oktober zu keinem wie auch immer gearteten Deal zwischen den USA und China, sondern im Gegenteil zu neuen Zöllen der USA gegenüber der Eurozone und das alles ohne Brexit-Deal und Konjunkturprogramm, dann geht es steil abwärts – nicht nur bei den deutschen Aktien.

Fazit

Im Moment gilt für den DAX hopp oder topp. Beruhigt sich die Lage bei Handelskrieg und Brexit, könnte der Markt sogar ohne Konjunkturprogramm den Ausbruch nach oben schaffen. Aber für 2020 führt kein Weg an den Fiskalstimuli vorbei. Zu groß sind die ökonomischen Schäden durch den Handelskrieg bereits geworden. Zu gering ist das Vertrauen, dass sich nach einer möglichen Wiederwahl Trumps keine neuerliche Eskalation mit China ergibt. Selbst eine nochmalige Verschiebung des Brexits würde weder in Deutschland noch in Großbritannien die Investitionsneigung erhöhen. Warum die Bundesregierung all das völlig anders sieht und glaubt, mit der zur Schau Stellung von Optimismus die harte Realität in den Unternehmen ändern zu können, bleibt ihr Geheimnis. Die jüngsten Meldungen von Lohnkürzungen, Kurzarbeit und Massenentlassungen aus den deutschen Schlüsselindustrien Automobil- und Maschinenbau lassen eigentlich wenig Spielraum für weiteres Zögern.



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1 Kommentar

  1. Hallo,

    der Markt würde sofort nach oben abdrehen, sollte die EZB zur Vernunft kommen…

    Die Briten sind weg.

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