Asien

Lenkt Erdogan von eigenen Problemen ab? Zahl der Menschen in der Türkei ohne Arbeit auf Allzeithoch

Warum sind die Töne aus der Türkei so ungemein schrill derzeit? Ein Grund: die Wirtschaft säuft ab - das haben die heute veröffentlichen Atrbeitsmarktdaten einmal mehr gezeigt. Also lenkt man die Aufmerksamkeit der Türken auf die bösen Nazis in Holland, Deutschland etc...

FMW-Redaktion

Die Töne aus der Türkei werden immer schriller, nun wurden heute auch viele Twitter-Accounts durch Erdogan-Anhänger gehackt:

Alles Nazis, überall! Hier ein gute Übersicht über die Nazi-Staaten Europas aus Sicht der Türkei:

Dabei wirkt der Vergleich zwischen der strahlenden Türkei und den Niederlanden eher nicht so, als würden sich die Niederlande wie Nazis verhalten:

Und dazu stellt der türkische Europaminister heute in einem Interview das Flüchtlingsabkommen mit der EU in Frage – schlechte Nachrichten für Merkel:

https://twitter.com/stoph_w/status/841758461142654976

Aber wie sieht es eigentlich ökonomisch derzeit in der Türkei aus? Heute wurden die Arbeitsmarktdaten veröffentlicht, und die waren miserabel: die Arbeitslosigkeit ist im Dezember auf 12,7% gestiegen (Prognose war 12,4%, im November lag die Quote noch bei 12,1% – neuere Daten liegen noch nicht vor, das ist ähnlich hinterhinkend wie sonst in Europa nur bei den Statistikbehörden Griechenlands).

Die Zahl der Nicht-Beschäftigten stieg dabei mit 3,87 Millionen auf ein neues Allzeithoch, die Jugendarbeitslosigkeit stieg auf 24,0% – vor einem Jahr waren es nur 19,2% gewesen. Das alles zeigt: seit dem Putsch und der Reaktion Erdogans darauf geht es stark bergab mit der türkischen Wirtschaft, mit der Lira sowieso.

Dabei herrscht massive Inflation: die Verbraucherpreise steigen nach jüngsten Daten um 10,13% zum Vorjahresmonat, die Ereugerpreise sogar um 15,36%. Da die Erzeugerpreise als Vorläufer der Verbraucherpreise anzusehen sind, weil die Firmen ihre höheren Kosten an die Konsumenten weiter geben, geht der Trend der Inflation also weiter nach oben, sinken damit also die Realeinkommen der Türken.

Und da macht es natürlich Sinn für Erdogan und seine Anhänger, von der desaströsen Entwicklung der Wirtschaft abzulenken und innenpolitische Mobilisierung zu betreiben, indem man aussenpolitisch Konfrontationen sucht durch Nazi-Vergleiche etc. – schließlich will man unbedingt das Referendum im April gewinnen, damit Erdogan noch unumschränkter herrschen kann.

Faktisch ist es so, dass Kapital aus der Türkei flieht und die türkischen Konsumenten auf Pump leben wie keine andere Nation Europas (oder doch eher nicht Europa?). Und das heißt: der Aufschwung der Türkei war vor allem durch das Einströmen billiger Dollars bedingt, als die Fed die Zinsen auf Null senkte. Sollte die Notenbank der USA nun einen Zinsanhebungszyklus starten, ist wohl kaum ein Land auf der Welt so stark negativ davon betroffen wie die Türkei!


Sieht sich als der neue große Sultan: Staatspräsident Erdogan
Foto: Prime Minister Office / Wikipedia (CC BY-SA 2.0)



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3 Kommentare

  1. Ach, da werden sich einige andere sogenannte „Emerging-Markets“-Länder umgucken. :D

    Ihr hattet doch Zeit, seit dem Lehman-Crash, fast 10 Jahre ! Jetzt herumjammern bringt nix… wie siehts eigentlich mit dem Gold aus ? ;)

    Die Zinserhöhung kommt, 4,7 % Arbeitslosenquote (fast Vollbeschäftigung), außerdem startet die USA nicht jetzt einen Zinsanhebungszyklus, Herr Fugmann…
    Der läuft doch schon die ganze Zeit… :D

    Der „gottgleiche“ Jobmotor-Präsident hat doch versprochen, Stellen zu schaffen bis-zum-geht-nicht-mehr…Warens nicht im Februar so um die 8000 ?

    Mögliche weitere Termine Juni und September sind sehr realistisch zu jeweils 0,25 %, die Amis müssen den Motor (langsam) hochfahren – mal abwarten, wann der EZB – Laden „aufwacht“, ich schätze, ab September 2017…

  2. Die EZB wird warten müssen, bzgl. eventuellen Zinserhöhungen, bis die Bundestagswahl vorbei ist, die anderen „Veranstaltungen“ sind „systemirrelvant“, da können die Niederländer bzw die Franzosen so viel „wählen“ wie sie wollen… ;) :D

  3. Was wichtig ist, die FED muss den Leitzins langsam „hochfahren“, genauso wie die FED den Leitzins langsam „heruntergefahren“ hat, wegen Lehman usw…

    Natürlich erleben wir „verzerrte Märkte“. Wichtig ist, eben, dass es so nicht weitergehen kann, „wir“ in Europa erleben doch die Folgen der Nullzins-Politik ?

    VG

    Marko

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