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Licht und Schatten für die türkische Lira: Aktuell Entwarnung, aber nur ganz kurz!

Licht und Schatten, das dürfte die passende Formulierung für die aktuelle Lage rund um die türkische Lira sein. Seit einigen Tagen läuft ein Spielchen zwischen der Türkei und den USA, weil türkische...

FMW-Redaktion

Licht und Schatten, das dürfte die passende Formulierung für die aktuelle Lage rund um die türkische Lira sein. Seit einigen Tagen läuft ein Spielchen zwischen der Türkei und den USA, weil türkische Angehörige der US-Botschaft in Ankara verhaftet wurden – Gülen-Verdacht, wie immer in diesen Tagen! Daraufhin haben beide Seiten erst einmal alle Visa-Anträge für die Bürger des anderen Landes ausgesetzt. Dieser Streit brachte der türkischen Lira in den letzten Tagen weiter Schwäche.

Gestern ging es dann weiter. In deutschen Finanzkreisen wird gemunkelt, dass die Bundesregierung hinter den Kulissen daran arbeitet die Finanzierungsmöglichkeiten für Türkei-Geschäfte weiter zu verschärfen. Nachdem die Hermes-Bürgschaften schon längern im Gespräch sind, soll die staatseigene Bank „KfW“ angeblich ihre internen Prüfungsansätze für Kredite in Zusammenhang mit Türkei-Projekten straffen.

Auch soll die Commerzbank, die zu 15% dem deutschen Staat gehört, angeblich dabei sein ihre Politik zu überprüfen, was Geschäfte mit der Türkei angeht. So kann man Druck aufbauen, ganz ohne Gesetze oder Verordnungen seitens Ministerien. Denn wie streng Kreditprüfungen sind, obliegt ja immer noch den Entscheidern in den Banken. Es ist klar: Irgendein Signal will die Bundesregierung Richtung Türkei senden, bei den diversen inhaftierten deutschen Journalisten etc. Die Gerüchte, dass von deutscher Seite im Hintergrund in finanzieller Sicht gegen die Türkei vorgegangen wird, brachte den Euro gestern gegen die türkische Lira hoch von 4,42 auf 4,49. Bis heute Mittag pendelte der Kurs auf dem Niveau um die 4,46 herum.

Licht

Dann folgte sozusagen das Licht! Die türkische Notenbank scheint zumindest im Augenblick gegen Präsident Erdogan eine breite Brust präsentieren zu wollen. Erdogan will nämlich seit geraumer Zeit die sehr hohe Inflation in der Türkei (zuletzt 11,2% ) mit sinkenden Zinsen bekämpfen. Dass der Mechanismus genau andersrum funktioniert, geschenkt… Erdogan will niedrige Zinsen auch vor allem deswegen, weil er die Wirtschaft weiter ankurbeln will. Die Notenbank aber sieht die hohe Inflation, und würde (da sind sich die Märkte einig) wohl lieber heute als morgen die Zinsen anheben.

Heute Mittag dann folgte die aktuellste Zinsentscheidung der türkischen Notenbank. Man belässt alle Zinssätze unverändert! Das dürfte Präsident Erdogan nicht gefallen. Der eine zieht am Zinsseil nach unten, der andere nach oben – also belässt man den Zins erstmal unverändert. Das interpretiert der Markt hier und jetzt als kleinen und vorübergehenden Sieg für die Notenbank. Das kann morgen schon anders aussehen, wenn Notenbanker entlassen werden (man weiß es ja nicht…).

Klein ist dieser „Sieg“ auch deswegen, weil der Euro gegen die türkische Lira seit heute Mittag eben nur von 4,46 auf 4,43 verloren hat. Es könnte sein, dass dies nur eine kurze Verschnaufpause ist bei der weiteren Abwertung der Lira gegen Euro und US-Dollar. Wohl positiv ausgelegt vom Markt werden die Äußerungen der Notenbank, dass man die ökonomischen Daten weiter beobachte, und bereit sei zu reagieren (sinngemäß zusammengefasst). Damit redet man wie „normale“ und unabhängige Notenbanken es tun. Zitat auszugsweise:

The Monetary Policy Committee (the Committee) has decided to keep the short term interest rates constant at the following levels:

a) Overnight Interest Rates: Marginal Funding Rate at 9.25 percent and borrowing rate at 7.25 percent,

b) One-week repo rate at 8 percent,

c) Late Liquidity Window Interest Rates (between 4:00 p.m. – 5:00 p.m.): Borrowing rate at 0 percent, and lending rate at 12.25 percent.

Recently released data indicate a strong economic activity. Domestic demand conditions keep improving and demand from the European Union economies continues to contribute positively to exports. The Committee assesses that the implementation of the structural reforms would contribute to the potential growth significantly. Current elevated levels of inflation and the developments on core inflation outlook continue to pose risks on the pricing behavior. Accordingly, the Committee decided to maintain the tight stance of monetary policy. The Central Bank will continue to use all available instruments in pursuit of the price stability objective. Tight stance in monetary policy will be maintained decisively until inflation outlook displays a significant improvement and becomes consistent with the targets. Inflation expectations, pricing behavior and other factors affecting inflation will be closely monitored and, if needed, further monetary tightening will be delivered.


Euro vs türkische Lira seit gestern früh.


Euro vs türkische Lira seit März. Hier ist der Abwertungstrend der Lira deutlich erkennbar.



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