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Lieferengpässe: Die düsteren Prognosen der Chipproduzenten

Lieferengpässe vor allem bei Chips

Normalerweise können sich Lieferengpässe in der Wirtschaft nicht allzu lange halten. Schließlich führen Preissteigerungen dazu, dass viele Unternehmen die große Chance wittern und ihre Produktion stark ausbauen. Dies scheint derzeit für eine Branche nicht zu gelten, die aus verschiedenen Gründen vor einer ungeahnten Boomphase steht: Es ist das Geschäft um die begehrten Halbleiter, für die es eine Nachfrage gibt, als ob die Weltwirtschaft vor einer neuen Aufschwungphase stünde.

Lieferengpässe: Starke Produktionsausweitung – dennoch ausverkauft!

Eine Branche jubelt und jammert zugleich: Bei Bekanntgabe der jüngsten Quartalszahlen äußern sich die großen Chipfirmen zu den Ergebnissen ihrer Unternehmen und zugleich zu den Aussichten für eine unglaublich lange Zeit. So wie der Chef des französisch-italienischen Herstellers STMicroelectronics, Jean Marc Chery, der in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ davon sprach, dass sein Unternehmen für 2022 und sogar schon für das erste Halbjahr 2023 ausverkauft sei. So groß wäre die Nachfrage und man wolle aber 1,8 Milliarden Euro in neue Werke und Maschinen investieren, was immerhin 17 Prozent des gesamten Umsatzes entsprechen würde. Was aber keine rasche Abhilfe schaffen könne, denn schließlich seien auch die großen Chipmaschinenproduzenten wie ASML oder Applied Materials für das gesamte nächste Jahr bereits ausgebucht.

Ähnliche Töne kann man auch aus Deutschland vom Konkurrenten Infineon vernehmen. Nach Angaben des DAX-Konzerns plant das Unternehmen im neuen Jahr 2,4 Milliarden Euro zu investieren, sogar noch 800 Millionen Euro mehr als im gerade beendeten Geschäftsjahr, auch dies entspricht etwa einem Fünftel des gesamten Umsatzes. CEO Reinhard Ploss warnt ebenso davor, dass erst 2023 mit einer Entspannung der Lieferengpässe zu erwarten sei.

Eine boomende Industrie in der Krise

Was die aktuelle Situation von vielen Krisen der Vergangenheit unterscheidet ist, dass es keinen plötzlichen Einbruch in der Nachfrage gegeben hat, keine Überproduktion, die letztlich keine Abnehmer mehr findet. Kein Tag vergeht, an dem nicht Meldungen von Produktionsunterbrechungen und Lieferengpässen in den Medien auftauchen. Ob bei Daimler, Volkswagen, Opel, oder auch bei den amerikanischen Konkurrenten. Vielerorts Kurzarbeit, weil eben die elektronischen Bauteile fehlen.

Überall werden Halbleiter benötigt, beim Aufbau des neuen Mobilfunkstandards, bei Computerherstellern und anderen Bereichen, die den Digitalisierungsschub umsetzen. Das Problem wird derzeit noch verschärft, weil die Chipkonzerne einen Teil ihrer Produktion an Auftragsfertiger wie TSMC, Samsung, Globalfoundries u.a. ausgelagert haben. Dort gibt es auch die große Nachfrage und zuletzt das große Problem mit der Pandemie um Covid-19.

Aber, in welche Region man auch blickt, überall werden Kapazitäten stark ausgebaut.

Und es gibt bei der ganzen Problematik einen bedeutsamen Grund, der dazu führt, dass die Börsen nicht einbrechen: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die Fahrzeuge wurden bestellt, gebraucht und werden gebaut, der Fahrzeugbestand altert, umso mehr, als dass der Umbau der Antriebstechnik staatlich so gefördert wird. Die Börse bewertet Zukunft – da kann in den Medien aktuell noch so lamentiert werden. Dann kommen eben nächstes Jahr die Meldungen von einer neu boomenden Automobilproduktion.

Aktuell bedeutet die Mangelsituation natürlich auch einen großen Vorteil für die Chiphersteller. Man kann die Preise erhöhen, das Geschäft floriert.

Zugleich fürchtet man sich nicht vor Überkapazitäten angesichts der hohen Investitionen – noch nicht.

Der Boom an der Börse

Logischerweise treibt diese Sachlage Umsatz und Gewinn der profitierenden Unternehmen, wie eine Aufstellung zeigt. Unsere Infineon meldet ihre Quartalszahlen erst Mitte November.

Zahlen für das dritte Quartal 2021, im Vergleich zum Vorjahr:

Hynix: Umsatz plus 45 Prozent, Gewinn plus 206 Prozent
AMD: Umsatz plus 54 Prozent, Gewinn plus 136 Prozent
STMicroelectronics: Umsatz plus 20 Prozent, Gewinn plus 96 Prozent
Siltronic: Umsatz plus 24 Prozent, Gewinn plus 88 Prozent
ASML: Umsatz plus 30 Prozent, Gewinn plus 70 Prozent
Texas Instrument: Umsatz plus 22 Prozent, Gewinn plus 44 Prozent

Fazit

Man fragt sich schon, wie es zu einer derartigen Lage des Materialmangels über eine solch lange Zeit kommen kann, wie es in den oben aufgeführten Unternehmenseinschätzungen dargestellt wird. Durch eine Pandemie, die im Produktionssektor eigentlich nur wenige Monate gedauert hat, sind keine Fabriken zerstört worden, auch sind keine gut bezahlten Jobs in andere Branchen abgewandert. Warum also die massiven Lieferengpässe?

Besonders betroffen ist Deutschland mit seiner Schlüsselindustrie, dem Automobilbau, in der mehr und mehr „fahrende Computer“ produziert werden, mit unglaublich vielen benötigten Halbleitern. Die Wachstumsraten beim deutschen Bruttoinlandsprodukt sind für 2021 nicht umsonst ins europäische Mittelfeld abgerutscht.

Dennoch: Wenn man sich die Planungen der Großunternehmen rund um die Welt betrachtet, dürfte eines klar werden: Aus Mangel könnte Überfluss werden, zumal sich der Staat in die Planungen aktiv und mit Förderungen einmischt. Der nächste Schweinezyklus steht bereits in den Startlöchern, die Frage ist nur der Zeitpunkt.

Gibt es dafür nicht einen Namen, wie bei einer auf FMW sehr beliebten Serie? Richtig: Boom und Bust.



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2 Kommentare

  1. Was nutzt es aber wenn irgendwann die Nachfrage nach den Halbleiterprodukten bedient werden kann, wenn diese dann aufgrund von Stromknappheit nicht in ausreichendem Maße verbaut werden können.
    Sieht die Börse dann wieder die nächste Zukunft und steigt noch weiter?

    1. @Savestrax, wie kommen Sie darauf, dass es eine Stromknappheit geben könnte? Wovon reden Sie?

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