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Lieferengpässe: Vom Wasser auf die Schiene und die Straße

Schiffs-Stau vor Häfen als Symbol für Lieferengpässe

Über 90 Prozent des Warentransports findet auf den Weltmeeren statt. Das wäre auch kaum anders wirtschaftlich, angesichts der großen Ausdehnung der Ozeane und der Kosten im Luftverkehr. Aber derzeit profitiert auch die Bahn von den extremen Staus in den Häfen, dazu ist eine Berufssparte extrem nachgefragt, die man in ferner Zukunft im autonomen Fahren eigentlich schon auf dem Abstellgleis wähnte – die des Lkw-Kraftfahrers. Die Lieferengpässe entfalten derzeit immer stärker ihre Folgewirkungen.

Lieferengpässe: Die Nachwehen der Havarie im Suezkanal

Es dürfte vielen Kunden schon aufgefallen sein: Online-Bestellungen kommen deutlich verspätet an, die Lieferengpässe schlagen an allen Ecken und Enden zu. Jetzt ist schon das Weihnachtsgeschäft in Gefahr, denn in den Häfen Antwerpen, Rotterdam und Hamburg stapeln sich Container, die nicht weiter befördert werden können. Aus einer Umfrage des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) bei Einkaufsmanagern ergab sich, dass Viele befürchten, benötigte Artikel für die so wichtigen letzten Monate des Jahres nicht mehr rechtzeitig von den Lieferanten zu bekommen. Zuerst klagten Deutschlands Importeure über Lieferengpässe infolge der Havarie im Suezkanal, jetzt geht es wie bei einem Dominoeffekt um die Weiterbeföderung der Güter auf Binnengewässern, bei Bahn und im Lkw-Verkehr. Ein weiterer Teuerungseffekt: Hohe Hafengebühren und Lagerkosten, höhere Kosten beim Ausweichen auf den Straßentransport.

Sonderkonjunktur Lkw-Transport

Das Thema Lieferengpässe zeigt sich an einem Ort derzeit ganz besonders klar. Die Bilder aus Großbritannien über Schlangen vor Tankstellen, denen ständig der Sprit ausgeht, oder von leeren Lebensmittelregalen fehlten in kaum einer Nachrichtensendung. Heimliche Häme über den Sonderweg der Engländer mit ihrem Brexit sind unterschwellig zu verspüren, durch den viele ausländische Arbeiter die Insel verlassen haben, dies ist aber auch bei uns nicht angebracht. Auch hierzulande drohen im Weihnachtsgeschäft Lieferprobleme, denn der Konsumrausch nach der Pandemie hat auch bei uns die Lieferketten an ihre Grenzen gebracht. Dies ist schön erkennbar an folgender Statistik:

Im Vergleich zum Corona-Quartal 2020 wurden im Feühjahr 2021 an Deutschlands Frachtbörse Timocom 251 Prozent mehr an Ladungen abgewickelt, für Q3 des Jahres betrug der Anstieg noch 51 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es fehlt ganz speziell an Einem – an Lkw-Fahrern. Nicht nur in Großbritannien, auch bei uns fehlen nach Angabe des Bundesverbandes Güterkraftverkehr und Logistik (BGL) 60.000 Kraftfahrer und durch Pensionierung kämen 15.000 jährlich dazu. Ein Problem, das sich auch in anderen Ländern breit macht, an Jobbörsen schossen die Stellenangebote für Lkw-Fahrer geradezu in die Höhe. Manch ein Manager warnt schon vor einem Versorgungskollaps, verursacht auch durch diesen Mangel. Aber die Logistikbranche erlebt im Sugar Rush nach Corona einen weiteren beschleunigten Umbau in ihren Lieferketten.

Chinas Seidenstraße nach Europa

Richtig begonnen hatte es vor zehn Jahren mit der Bahnverbindung zwischen Chongqing und Duisburg, jetzt hat der Zugtransport von Fernost nach Europa so richtig Fahrt aufgenommen. Zuletzt kam eine Million Container von insgesamt 23 Millionen aus China auf diese Weise auf unseren Kontinent. Die Gründe wurden gerade genannt, die Preisexplosion auf hoher See und die Geschwindigkeit des Transports, die deutlich über dem langsamem Schiffstransport liegt. Überall im Osten werden Bahnstrecken ausgebaut, anscheinend erwartet man eine Dauerkrise im Schifftransport. Aber selbst beim Bahntransport macht sich der Mangel an Containern bemerkbar, nicht nur auf hoher See. Bleibt beim Thema Lieferengpässe noch das Ausweichen auf den Flugverkehr, aber hier liegen die Kapazitäten für die Luftfracht noch bei der Hälfte von vor der Pandemie. Anscheinend bedingt durch die immer noch vorhandene Flaute im Passagierverkehr.

Fazit

Es ist schon unglaublich, welche Verzerrungen wie Lieferengpässe durch die Corona-Pandemie entstanden sind. Zwar hatte man vor Jahresfrist schon öfters die Vermutung geäußert, dass die derartige Ausnahmesituation wie ein globaler Lockdown und begleitet von einer einmaligen Unterstützung der Wirtschaft durch Rettungspakete und Notenbankgeld, einen „Sugar Rush“ bei den Verbrauchern entfachen könnte. Dass dies die heruntergefahrene Logistik derart überfordern könnte, hatte wohl keiner auf dem Radar. Corona hat extreme Amplituden im Wirtschaftsleben generiert. Jetzt wird umstrukturiert, erweitert, investiert und man braucht kein Prophet zu sein, dass dieser Kaufrausch nicht ewig andauern wird, die Budgets der Wirtschaftssubjekte dürften bald ihre überschüssigen Volumina aufgebraucht werden. Der nächste Schweinezyklus ist schon vorprogrammiert. Aber das ist zunächst einmal der Schnee von übermorgen.



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