FMW-Redaktion
Gestern wurden die Finanzminister von Luxemburg sowie den großen Vier (Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien) beim TAXE-Sonderausschuss des EU-Parlaments zu Steuervermeidung- und Betrug durch Großkonzerne innerhalb der EU befragt. Ins Leben gerufen wurde dieser Sonderausschuss überhaupt erst durch die „Luxleaks„-Affäre, die nahelegt, dass Luxemburg sich selbst zur innereuropäischen Steuervermeidungsoase für Konzerne wie Amazon gemacht hat.
Der luxemburgische Finanzminister Piere Gramegna, der auch gleichzeitig Vorsitzender von ECOFIN ist (europäische Finanzministerrunde), sagte gestern vor dem TAXE-Ausschuss der Kampf gegen Steuerbetrug- und Vermeidung habe TOP-Priorität. Halleluja, da kann man jetzt wohl einen harten Kampf gegen die bösen Konzerne erwarten, wenn Luxemburg das verkündet… multinationale Konzerne sollten ihren „fairen Anteil am gesamten Steueraufkommen zahlen“. Luxemburg will einen gemeinsamen europäischen Mindeststeuersatz für Unternehmen arrangieren, sagte er gestern ebenfalls, Zitat:
„Luxembourg is committed to delivering an agreement among EU countries on the directive on automatic exchange of tax rulings, introducing a common corporate tax base…“
Dazu meinen wir: Wenig glaubhaft – er weiß wohl sowieso, dass bei den Streitereien zwischen den EU-Staaten Länder wie Großbritannien eh dazwischenfunken. Man kann sich dann immer darauf berufen, dass man tolle Vorschläge machte, aber eben nicht alle Mitglieder zu einer Übereinkunft bereit waren. Gramegna sagte auch Luxemburg habe in den letzten 20 Monaten bedeutende Änderungen vorgenommen – so habe man das Bankgeheimnis abgeschafft und ein Gesetz zum Datenaustausch innerhalb der EU eingeführt. Dazu meinen wir: Die Abschaffung des Bankgeheimnis oder EU-weiter Datenaustausch ändern nichts daran, dass Luxemburg multinationalen Konzernen extrem günstige Steuersätze bietet.
Auch Wolfgang Schäuble und die Finanzminister von Spanien, Frankreich und Italien ließen in ihren Formulierungen durchblicken, dass sie sich ernsthaft einen einheitlichen Mindeststeuersatz für Firmen in der ganzen EU wünschen. Ihnen kann man diesen Wunsch schon eher abnehmen, denn sie vertreten große Flächenstaaten mit einer großen Bevölkerung und sind von Steuerflucht betroffen. Wolfgang Schäuble wirkte aber eher wenig motiviert. Er behauptete u.a. der deutsche Bundesrat würde das angedachte „Country by Country“-Reporting in der EU blockieren, also den Steuerdaten-Austausch über Ländergrenzen hinweg. Abgeordnete des EU-Parlaments, die im Ausschuss anwesend waren, empfanden diese Aussage als dreiste Nebelkerze.
Andere Abgeordnete bemerkten, dass die „netten Worte“ über Fortschritte im Kampf gegen Steuervermeidung in der EU schon seit 20 Jahren zu hören seien, aber nichts wirklich passiere. Es wirkt so, dass sich nicht wirklich etwas ändert, denn vom EU-Kommissionspräsidenten kam vor Kurzem auch nur „Interesse auf Nachfrage“ zu dem Thema zum Vorschein. Man äußert sich sozusagen betroffen zu dem Thema, wenn man danach gefragt wird, und das war´s dann. Letztendlich braucht es wohl den politischen Willen der großen Flächenländer, die massiven Druck auf die Kleinen wie Luxemburg ausüben müssen, auf dem Weg hin zu einem gemeinsamen europäischen Mindeststeuersatz für Unternehmen – wenn man es denn wirklich ernsthaft will!
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