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Macht den „Griechischen Frühling“ nicht kaputt!

Von Markus Fugmann

Es gibt wieder Hoffnung in Athen: nach Jahren der Depression haben viele das Gefühl, dass sich endlich etwas bewegt und die korrupte Machtelite Griechenlands von der Bühne abgetreten ist. Europa mit seiner Machtelite sollten diesen frischen Wind nutzen – schon der Glaube, dass die Dinge besser werden könnten, kann die Lage in Griechenland deutlich verbessern.

Und dieser Glaube hat bisher gefehlt – völlig zu Recht angesichts einer politischen Elite, die nichts anderes im Sinn hatte als ihren eigenen Vorteil. Jetzt sind völlig neue Politiker-Typen an der Macht, die es wirklich ernst meinen mit dem „Volk“ – es entsteht derzeit ein breites Gefühl der Solidarität in der griechischen Gesellschaft. Die Zustimmungswerte für Tsipras jedenfalls sind seit der Wahl deutlich gestiegen, weil er im Gegensatz zu Samaras wirkllich glaubwürdig ist.

Manche Forderungen der Syriza-Regierung werden nicht umzusetzen sein. Aber wer hört und liest, was Tsipras oder auch Varoufakis sagen (und tun), der muß zugeben, dass hier keine Spinner am Werk sind. Sie verkörpern einen Mentalitätswandel und machen Schluß mit dem ewigen „weiter so“ der bisherigen Elite. Für Europa ist das eine riesige Chance: die Wahrscheinlichkeit, dass Hilfsgelder auch dort ankommen, wo sie wirklich gebraucht werden, ist deutlich gestiegen, während man sich zuvor nur darauf verlassen konnte, dass sie versickern und der Bereicherung einiger weniger dienen.

Von Griechenland geht also eine Aufbruchstimmung aus, die man als „Griechischen Frühling“ bezeichnen könnte. Dieser Frühling scheint auch auf andere Länder überzugreifen, besonders in Spanien mit der Podemos-Bewegung. Diese Graswurzel-Bewegungen wie Syriza oder Podemos sind eine Chance für Europa, weil sie den Menschen das Gefühl geben, dass sie Politik mitgestalten können – und nicht nur „die da oben“ die Entscheidungen treffen. Die Alternative sind faschistoide Bewegungen wie der Front National in Frankreich – oder in Deutschland die Pegida. Wer die bekämpfen will, sollte den Griechischen Frühling fördern, und nicht schom im Ansatz ersticken.

Genau dieser Gefahr aber besteht derzeit: der Machtelite sind Graswurzel-Bewegungen ein Dorn im Auge, wei sie das etablierte Parteien-System sprengen könnten. Dieser Gegensatz zwischen Newcomern und etablierter Machtelite kam gestern beim Treffen zwischen dem griechischen Finanzminister Varoufakis und Schäuble symbolisch auf den Punkt: hier ein Intellektueller ohne Krawatte mit neuen Ideen, dort ein Politiker, der gefühlt 100 Jahre an der Macht ist und dessen Karriere einfach weiterging trotz seiner zwielichtigen Rolle im Parteispendenskandal. Kein Wunder, dass die beiden sich nicht einmal darauf einigen konnten, uneinig zu sein.

Die Griechenland-Politik wird derzeit faktisch durch die EZB bestimmt – und damit von einer Institution, die keinerlei demokratische Legitmierung hat – und schon gar nicht politisch tätig werden sollte. Dazu kommen mit Merkel und Schäuble Politiker, die ihren Zenit überschritten haben und sich etwas anderes als ein „weiter so“ offensichtlich nicht einmal vorstellen können. Der Widerstand also wird groß sein durch die Technokraten und Macht-Etablierten der Eurozone. Machen Sie den griechischen Frühling kaputt, schaden Sie der Demokratie. Das muß nicht enden wie beim Arabischen Frühling mit seinen anschließenden Gewaltexzessen, aber wer diese Chance verstreichen läßt, verbaut Europa wichtige Perspektiven und fördert destruktive Kräfte.



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3 Kommentare

  1. Danke Markus Fugmann!!!! Das ist eine sehr seltene Sichtweise, jedenfalls bisher im Meanstream so nicht zu lesen….

    VG

  2. Respekt, Herr Fugmann!

  3. Das ist es eben, die Angst vor einem Neuen, Ich kann nur hoffen das sich die Richtung die Tsipras vorgibt im gesamten europäischen Raum ausbreitet. Damit die Eliten mal sehen das sie nicht alles mit uns machen können. Ich wünsche der jetzigen Griechischen Regierung viel Erfolg und viel Glück bei ihrem Vorhaben.

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