Die Großen fressen die Kleinen. Auf dem amerikanischen Aktienmarkt spielt sich derzeit eine beispiellose Machtverschiebung ab: Die mächtigen Large Caps dominieren immer stärker, während die Small Caps – einst das Rückgrat der US-Wirtschaft – an Bedeutung verlieren. Diese Entwicklung verändert nicht nur die Kräfteverhältnisse an der Wall Street, sondern stellt auch die Frage, ob Amerikas wirtschaftliche Dynamik noch auf einem breiten Fundament steht – oder längst von wenigen Giganten getragen wird.
Machtverschiebung am US-Aktienmarkt
In ihrem neuen Video mit dem Titel „Am US-Aktienmarkt kommt es zu einer erheblichen Diskrepanz” blicken die Analysten von Capitol.com auf die Machtverschiebung am US-Aktienmarkt. Sie gehen der Frage nach, ob die Small-Cap-Aktien weiter an Boden verlieren oder eine Wende bevorsteht.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der amerikanische Aktienmarkt tiefgreifend verändert. Während kleine und mittlere Unternehmen – die sogenannten Small Caps – einst das Rückgrat der US-Wirtschaft bildeten, dominieren heute die größten Konzerne des Landes die Kapitalmärkte in nie dagewesenem Ausmaß. 1980 betrug die Marktkapitalisierung aller kleinen Privatunternehmen rund zwei Billionen Dollar, während die des S&P 500, also der 500 größten börsennotierten Unternehmen, lediglich bei einer Billion lag. Heute sind die Verhältnisse dramatisch verschoben: Der S&P 500 bringt es auf gewaltige 54 Billionen Dollar, die Gesamtheit der kleinen Firmen dagegen auf nur etwa 15 Billionen – also nicht einmal mehr ein Drittel.
Diese Entwicklung veranschaulicht den wachsenden Einfluss der Large Caps, die in nahezu allen Branchen ihre kleineren Wettbewerber überflügeln. Nicht nur im Technologiesektor hat sich mit den sogenannten „Magnificent Seven” eine Gruppe etabliert, die maßgeblich für die Rally am Aktienmarkt in den letzten Jahren verantwortlich ist. Amazon hat den lokalen Einzelhandel stark unter Druck gesetzt, während die fünf größten US-Banken ihren Marktanteil seit 1990 vervierfacht haben.
Ähnliche Konzentrationstendenzen zeigen sich in der Pharmaindustrie, in der Konzerne wie Johnson & Johnson kleinere Biotech-Unternehmen aufkaufen, bevor diese Umsätze generieren und selbst zu einem Large Cap heranwachsen können. Auch Handelsriesen wie Walmart und Costco sichern sich durch Skaleneffekte Vorteile, die es kleinen Anbietern erschweren, Zugang zum Markt zu erhalten.
Diskrepanz zwsichen Large und Small Caps
Der wachsende Abstand zeigt sich auch in den Unternehmensgewinnen: Während die Gewinne der Large Caps seit 2022 deutlich gestiegen sind, stagnieren die Erträge kleinerer Unternehmen. Dabei gelten Small Caps als Motor der Beschäftigung – sie stellen 99 % aller US-Firmen und rund die Hälfte der Arbeitsplätze. Ein nachhaltiges Wachstum ohne sie erscheint schwer vorstellbar.
Historisch betrachtet ist die aktuelle Konzentration kein Novum. Bereits in den 1920er-, 1960er- und 1990er-Jahren kam es zu Phasen, in denen wenige Großkonzerne den Aktienmarkt dominierten – stets gefolgt von einer kräftigen Korrektur.. Derzeit machen die größten zehn Prozent der US-Unternehmen mit rund 75 Prozent des gesamten Aktienmarktwerts den größten Anteil aus, so viel wie seit der Großen Depression nicht mehr. Diese Entwicklung ist sicherlich ein Warnsignal sowohl für den Aktienmarkt als auch für die Wirtschaft.
Doch erste Anzeichen eines Stimmungswechsels mehren sich. So liegen die Bewertungen von Small Caps deutlich unter denen der Large Caps: Während der S&P 500 mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 22,2 gehandelt wird, liegt der S&P 600 nur bei 15. Betrachtet man jedoch den Russell 2000, in dem auch viele unprofitable Small Caps enthalten sind, zeigt sich mit einem erwarteten KGV von 24,7 ein anderes Bild.
Trendwende voraus?
Allerdings steigen die Gewinnmargen kleinerer Unternehmen wieder leicht an. Dies wird durch sinkende Inflation und erste Zinssenkungen der US-Notenbank Fed unterstützt. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, könnten Small Caps wieder an Attraktivität gewinnen und eine Kapitalrotation am Aktienmarkt einleiten.
Ob daraus eine echte Trendwende entsteht, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch: Ohne eine gesunde Balance zwischen großen und kleinen Unternehmen wird die amerikanische Wirtschaft auf Dauer an Dynamik verlieren. Die Analysten von Capital.com beobachten diese Entwicklung aufmerksam und sehen in der aktuellen Marktlage sowohl Risiken als auch Chancen für Anleger, die den richtigen Einstiegszeitpunkt suchen. Das folgende Video zeigt die vollständige Analyse.
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