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Marcel Fratzscher und Thomas Straubhaar: Der rosa rote Optimismus

Was haben Marcel Fratzscher und Thomas Straubhaar gemeinsam? Sie sprudeln aktuell nur so vor Optimismus! Braucht der deutsche Bürger, der ja informiert und aufgeklärt werden soll Ökonomen, die ihn/sie mit oberflächlichen Zustandsbeschreibungen versorgen? Wohl kaum, oder? Ökonomen sollten doch hinter die Zahlen gucken, unter der Oberfläche forschen und tief liegende Probleme beschreiben, damit schon heute durch die Politik Weichen für die Zukunft richtig gestellt werden können? So sollte es eigentlich sein. Aber da gibt es ja einen Michael Fratzscher, seines Zeichens Chef des „Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“ (DIW), einem der großen Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland, dessen Bewertung auch in der Berliner Politik maßgeblich wahrgenommen wird.

Marcel Fratzscher sprüht nur so vor Optimismus

Schon Daniel Stelter hatte vor genau einem Monat die „Die naiven Thesen des Promi-Ökonomen Marcel Fratzscher“ im Manager Magazin zerlegt (gerne hier nachlesen). Auch am angeblichen „Crash-Propheten“ Marc Friedrich hatte sich Marcel Fratzscher vor Kurzem bei Maybrit Illner abgearbeitet, in dem er sagte dessen Thesen hätten keine wissenschaftliche Basis. Auch ganz offiziell sah er sich wohl genötigt sich an DEN „Crash-Propheten“ abzuarbeiten über die Webseite des DIW (siehe hier). Pünktlich zu Silverster hat Marcel Fratzscher dann von Spiegel Online ein Forum bekommen für seinen roso roten Optimismus (möchte da jemand von Olaf Scholz einen Posten zugeschanzt bekommen?). So sagt Fratzscher (auszugsweise):

„Es gibt durchaus Grund für Optimismus“, betonte Fratzscher. „Wir haben eine hoch wettbewerbsfähige Wirtschaft, tolle Exportunternehmen und einen hervorragenden Arbeitsmarkt“.

Marcel Fratzscher im Jahr 2017
Marcel Fratzscher. Foto: SPÖ Presse und Kommunikation – ExpertInnen Austausch anlässlich der Kurt Rothschild Preisverleihung, 27.09.2017 CC BY-SA 2.0

Zwar erwähnt er auch, dass es hier und da kleine Problemchen gäbe, aber im großen Bild sei doch alles total super, um seine Sichtweise mal sinngemäß zusammenzufassen. Er (und das DIW) rechne für 2020 mit 150.000 neuen Arbeitsplätzen in Deutschland. Und in 2020 werde die deutsche Wirtschaft um 1,2% wachsen, und um 1,4% in 2020. Rentenkasse total pleite (kann nur von gigantischen Steuerzuschüssen leben), extremer Anstieg der Kurzarbeit und eine kräftige Rezession in der Industrie, Betriebspensionskassen in immer größerer Schieflage (siehe hier), immer höher verschuldete Staaten in Euroland. Total kaputte Staaten wie Italien und Griechenland, wo Staatskasse, Banken und Zombieunternehmen nur davon leben, dass der Zins abgeschafft wurde, und völlig wertlose Kredite einfach nicht buchhalterisch in den Büchern dargestellt werden. Und so könnte man es endlos weiter fortsetzen. Ganz zu schweigen von bestechenden Analysen des Bankenexperten Markus Krall (siehe beispielsweise hier), der an Modellen fundiert darlegt, warum die Masse der deutschen Banken wohl 2020/2021 an den Kipp-Punkt kommen, dank nicht mehr vorhandener Zinsmarge. All das wird von Marcel Fratzscher eben nicht im Detail angesprochen. So entsteht ein nettes rosa rotes Gesamtbild unserer Volkswirtschaft.

Man kann nur vermuten, dass Marcel Fratzscher entweder wirklich an das glaubt, was er sagt. Oder dass er die Möglichkeit sieht, dass SPD und CDU einen Ökonomen mit Schönwetter-Analysen gerade in Zeiten einer heraufziehenden Krise gut gebrauchen können. Vielleicht bei der Bundesbank in Frankfurt? Oder in irgendeinem netten Posten in Berlin? Vielleicht möchte Herr Fratzscher ja nicht ewig auf seinem DIW-Posten verharren?

Thomas Straubhaar und Anlagen in Euroland

Thomas Staubhaar war auch mal Leiter eines Instituts. Bis 2014 war er Leiter des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI). Heute ist er noch Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. Aktuell gibt ihm die WELT eine Bühne für einen Gastartikel mit dem Titel „Mit ihrer Inkonsequenz retten die Deutschen ihr Geld“. Ein ziemlich merkwürdig zu lesender Text, der von A-Z beschreibt, wie toll in Europa doch alles ist, wenn man die Lage in Relation zum Rest des Planeten setzt (vereinfacht ausgedrückt). Und ja, sieht man es so, dann mag da sogar was dran sein. Straubhaar zeichnet das rosa rote Bild für Europa in einem größeren Rahmen. Zum Beispiel misst er die allgemeine Glückseligkeit daran, dass so viele Menschen aus anderen Kontinenten unbedingt nach Europa kommen wollen – folglich müsse es hier so gute Zustände geben.

So schreibt Thomas Straubhaar zum Beispiel in diesem Artikel, dass „jetzt das Jahrzehnt Europas“ beginne. Was viele als utopisches Wunschdenken verächtlich abtun oder gar als primitive Propaganda der Realität entrückter Eliten schmähen würden, sei – so paradox es auch scheinen mag – genau die Erwartung, die auch dem gesunden Menschenverstand der Massen entspräche. Was sind laut Thomas Straubhaar „gute Gründe um an Euro-Anlagen festzuhalten“? Kein Witz, er sieht es doch recht allgemein im Sinne von Kultur, Politik usw. Denn das was die Europäer in den letzten 75 Jahren geschaffen hätten, sei immerhin besser als all das, was es zuvor gegeben hätte. Auch spricht er von „kultureller Vielfalt“, einer „kleinräumigen mittelstandsorientierten Wirtschaftsstruktur“ und einer alles in allem „gut bis sehr gut gebildete Bevölkerung“. Puhhhhhhhh, möchte man sagen, das sind ja endlich mal knallharte Fakten, warum Anleger jetzt konkret ihr Geld in Euroland belassen sollten, anstatt es in Dollar oder sonst wo zu parken?



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1 Kommentar

  1. Ah ja sollten das Ökonomen? Da haben aber auch in den Staaten einige gepennt, wenn man the Big Short schraubt beim Thema hinter die Zahlen schauen…Gier frisst halt Hirn

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