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Möglicher Gas-Lieferstopp: So stark wären die Wertschöpfungsverluste

Gas-Flamme auf Herd

Dass es zu einem Gas-Lieferstopp aus Russland kommt, ist nach wie vor ein mögliches Szenario. Auch wenn es beim Blick auf den europäischen Terminmarkt-Gaspreis Dutch TTF von aktuell 92,31 Euro derzeit vom Markt nicht als wahrscheinlich angesehen wird, ist so ein Lieferstopp dennoch weiterhin möglich. Eskaliert der Ukraine-Krieg weiter, oder eskalieren die Drohungen zwischen Westen und Russland weiter, kommt es dann entweder zu einem Gas-Lieferstopp von russischer Seite, oder zu einem europäischen Embargo? Denkbar ist das durchaus.

Möglicher Gas-Lieferstopp und die drastischen Folgen

Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat heute eine Analyse veröffentlicht, die deutliche Wertschöpfungsverluste in Deutschland zeigt, wenn es wirklich zu einem russischen Gas-Lieferstopp in die EU kommen sollte. Eine dann unvermeidliche Rezession würde zu einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2023 um rund 2 Prozent führen. Denn russische Lieferungen wären kurzfristig nicht vollständig zu ersetzen. Der Gaspreis würde laut IWH nochmals stark steigen. Falls die privaten Haushalte und, solange die Vorräte reichen, auch die Unternehmen nicht rationiert werden, dürften ab dem Jahreswechsel 2022/2023 die Speicher aufgezehrt sein. Wird unterstellt, dass die Gasmengen in den einzelnen Industriezweigen im Frühjahr 2023 proportional gekürzt werden, entstünden laut IWH Wertschöpfungsverluste, die auch auf die übrigen Wirtschaftsbereiche ausstrahlen. Die Verluste schwanken von -5,1 bis -7,7 Prozent, im Schnitt wären es -6,7 Prozent.

In der folgenden Grafik sieht man, wie stark die Wertschöpfungsverluste je nach Bundesland ausfallen würden. Die zweite Grafik zeigt die Auswirkungen je nach Landkreis. Hellblau zeigt die geringsten negativen Auswirkungen, und in orange die größten. Eindeutig kann man sehen: Dort wo die Industrie besonders stark vertreten ist, wären die negativen Auswirkungen durch einen Gas-Lieferstopp am größten – und das beträfe vor allem Baden-Württemberg mit seinen verarbeitenden Betrieben für Autoherstellung, Maschinenbau etc.

Dazu sagt das IWH, dass dort wo das verarbeitende Gewerbe eine besonders hohe Wertschöpfung erzielt, etwa in etlichen Kreisen und Städten Süddeutschlands, auch mit besonders hohen Wertschöpfungsverlusten zu rechnen sei. In Ostdeutschland falle der Wertschöpfungsverlust geringer aus als im Westen, weil das Verarbeitende Gewerbe in Ostdeutschland mit 14 Prozent ein geringeres Gewicht an der gesamten Wertschöpfung hat als in Westdeutschland mit 21 Prozent. Aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsproduktivität in den Kreisen sind die zu erwartenden Effekte auf die Beschäftigung laut IWH prozentual nicht identisch mit den zu erwartenden Wertschöpfungsverlusten. Je geringer die Arbeitsproduktivität ist, desto mehr Erwerbstätige seien von einem bestimmten Wertschöpfungsrückgang betroffen.

Fazit

Was kann man dazu anmerken? Die oft gehörte Forderung, doch einfach sofort ein Gas-Embargo gegen Russland zu verhängen, verkennt die damit einhergehenden ernsthaften wirtschaftlichen Folgen für die deutsche Wirtschaft. Wer das fordert, muss den Menschen dann auch ganz direkt und offen sagen, dass so ein Gas-Lieferstopp viele Arbeitsplätze kostet, und dass die Gaspreise für die Verbraucher weiter deutlich steigen werden. Und durch vor allem für das verarbeitende Gewerbe weiter stark steigende Kosten wäre es letztlich auch eine noch weiter steigende Inflation, mit der alle Verbraucher für so einen Lieferstopp bezahlen müssten.

Grafik zeigt Wertschöpfungsverluste bei einem Gas-Lieferstopp

Wertschöpfungsverluste nach Landkreisen



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1 Kommentar

  1. Eine Optimistische Schätzung, ä Analyse.
    Das zieht doch noch einen X Faktor nach sich.

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