Ist die Konzentration der Marktkapitalisierung großer Tech-Aktien (Magnificent 7) im Nasdaq so aussergwöhnlich – oder sind auch andere Indizes wie etwa der Dax stark konzentriert auf einzelne Aktien?
Diese Übersicht macht schon seit vielen Wochen die Runde – die unglaubliche Dominanz der größten 10 Aktien im S&P 500. Oder wie es der Verfasser des Tweets ausdrückt: Wir befinden uns auf unbekanntem Gelände.
Das ist tatsächlich eine Situation, die es beim weltgrößten Index, dem S&P 500, noch nie gegeben hat. Es handelt sich um die Marktkapitalisierung der Magnificent 7 – Nvidia, Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Meta, Tesla – sowie Broadcom, Berkshire Hathaway und Walmart. Zur Jahreswende mit einem Gewicht von über 37 Prozent im 50 Billionen Dollar schweren Weltleitindex. So etwas ist doch einmalig ….könnte man meinen. Aber eine Ballung von Anlegerkapital ist weder international ungewöhnlich, noch historisch selten. Hierzu ein paar Beispiele.
Nasdaq, Magnificent 7, Dax und Co: Marktkonzentrationen – extrem
Novo Nordisk reißt dänischen Leitindex in die Tiefe, so eine aktuelle Meldung aus Dänemark. Die schwerste Aktie im OMX Copenhagen, aber auch im EuroStoxx – Novo Nordisk – verliert seit September 40 Prozent an Wert und sorgt für große Kursverluste im Index. Weil eben die Aktie mit sage und schreibe 60 Prozent Gewicht den Index dominiert.

Nach einer Mehrjahresrally der Aktie, auch schlussendlich wegen des Adipositas-Medikaments Wegovy, war der Kurs binnen sieben Jahren von 17 Euro auf über 138 Euro gestiegen und auf eine Marktkapitalisierung von 600 Milliarden Euro geklettert. Dies entspricht fast des eineinhalbfachen des Bruttoinlandsprodukts von Dänemark – durch eine einzige Aktie!
Aber Einzelaktien dominieren nicht nur in Dänemark große Indizes.
In Süd-Korea ist dies der Elektronikkonzern Samsung, der mit seiner Marktkapitalisierung von 250 Milliarden Dollar zweieinhalb so schwer ist wie der zweitstärkste Wert SK Hynix.
Noch eine Stufe extremer die Verhältnisse in Taiwan, wo die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company – TSMC – mit ihren 873 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung den Wert aller anderen Aktien in dem fernöstlichen Land übertrifft.
Aber man braucht gar nicht soweit in die Ferne blicken, um auf große Marktkonzentrationen zu blicken. In der Schweiz bringen es Roche, Nestlé, Novartis, UBS, Chubb, ABB und Richmont auf eine Billion Euro Marktkapitalisierung. Die Magnificent 7 unseres südlichen Nachbarn.
Aber auch in Deutschland ist eine große Marktkonzentration derzeit die Regel.
SAP (287 Millliarden €), Siemens (153), Deutsche Telekom (146), Airbus (124), Allianz (113) und die Münchener Rück (64) bringen es auf über 50 Prozent des 1.767 Milliarden Euro teuren Dax 40 (Stand 10.1. 2025). Und würde man SAP nicht bei 15 Prozent im Dax deckeln, wäre die Dominanz noch größer. Oder wenn der einstige Riese Linde den Index nicht vor zwei Jahren verlassen hätte.
Wir haben also auch unsere Magnificent 6, es schreibt aber kaum jemand darüber.
S&P 500: Das Narrativ von der notwendigen, großen Marktbreite
Bereits im Juni 2024 hatte ich in einem Artikel dargelegt, dass es unglaublich wenige Aktien waren, die in den letzten Jahrzehnten die große Performance beim S&P 500 gebracht hatten. Hier noch einmal ein paar Auszüge daraus, die aus meiner Sicht nichts an Bedeutung verloren haben.
„Die jetzige Lage mit der geringen Marktbreite an den Aktienmärkten ist ohne Zweifel extrem, aber auf lange Sicht ist eine Ballung nicht so ungewöhnlich. Die Vorstellung, dass es nur große Gewinne im Index gibt, wenn viele Aktien daran partizipieren. Obgleich ein Anteil von über 20 Prozent im S&P 500 durch nur drei Aktien sicherlich ungesund und korrekturbedürftig ist.“
Es gibt eine Untersuchung des Wirtschaftsprofessors Hendrik Bessembinder von der Arizona State University, die sich auf fast ein ganzes Jahrhundert Aktienmarkt (seit 1928) in den USA bezieht und die Überraschendes zutage gefördert hat.
Von insgesamt 22.800 Aktien am amerikanischen Aktienmarkt haben nur 966 die Performance von 100 Prozent erbracht haben. Ganze 100 waren schon für die Hälfte des Anstiegs des Index verantwortlich.
Ein Großteil der damaligen Aktien haben nicht überlebt, entweder durch Pleiten, aber auch durch Übernahmen. Es ist somit weder einfach die Highflyer zu entdecken, als auch diese auch über viele Jahre zu halten.
Wer hätte sich stark auf einige Werte konzentriert, entgegen der Regel der Diversifikation und vor allen Dingen: Wer hatte die Nervenkraft gehabt die zwischenzeitlichen Einbrüche auszuhalten? Auch bei Nvidia im Jahre 2022? Oder aber bei Amazon!
Hier die gigantische Performance der Top 30 aus den USA über 30 Jahre. Was wäre aus 10.000 Dollar Anlagekapital geworden, im Vergleich zum sehr erfolgreichen S&P 500?
So viel zur damaligen Beurteilung der Lage. Die Gewinne der obig dargestellten Aktien sind zum Teil noch deutlich gestiegen. Stehen wir vielleicht wieder vor einer solchen Marktbereinigung?
Untersuchungen über fast ein Jahrhundert Aktienperformance in den USA (Prof. Bessembinder) haben also zusammengefasst Erstaunliches zutage gefördert: Es waren nur vier Prozent der Werte im US-Aktienmarkt, die die Performance erbracht haben.
Der Glaube, dass eine große Anzahl an Aktien für eine gesunde Marktentwicklung notwendig ist, dürfte damit einfach eine Fehlannahme sein. Im Sinne von: The Winner Takes It All!
Fazit
Die historisch hohe Marktkonzentration von Nvidia & Co. ist sicherlich ungewöhnlich und auch korrekturbedürftig. Aber dies alleine ist kein Hauptgrund für ein unerlässliches Verschnaufen. Es sind eher die Bewertungen der Unternehmen und vor allem die Aussichten auf künftiges Wachstum.
Und nicht zu vergessen, eine ausreichende Liquidität von der Zentralbank.
Die Bewertungen (multiple expansions) erscheinen bei den großen Werten im S&P 500 und im Nasdaq schon sehr ausgedehnt (wie bei einer gespannten Feder) und im historischen Maßstab sicherlich nicht haltbar. Die Frage ist nur wie immer der Zeitpunkt der Korrektur, denn diese wird zum Beispiel dann nicht eintreten, wenn ein Rückschlag zu offensichtlich ist.
Weil dann die Shortseller die Marktentwicklung auf den Kopf stellen können, indem sie hohe Positionen eingehen, die dann aber eingedeckt werden müssen, wenn die Korrekturphase auf sich warten lässt, weil ein überraschendes Ereignis auftritt. Gerade in der neuen Ära Trump/Musk muss man jederzeit mit unkonventionellen verbalen Interventionen rechnen.
Die Shortseller bei Tesla können ein Lied davon singen, als sie vor ein paar Jahren bei einem KGV von Tesla von über 1000 in einem Jahr 56 Milliarden Dollar an Verlusten einstecken mussten.
Aber die „Rückkehr zum Mittelwert“ wird kommen, auch für die Magnificent Seven, das Jahr 2022 mit einer Halbierung vieler Highflyer liegt gar nicht lange zurück.
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Den Nachteil dieser Konzentration wurde hier leider nicht erwähnt, obwohl ich die Einschätzungen von Herr Müller sehr schätze. Wenn nur einer oder zwei dieser Grossen abfällt, zieht es den ganzen Index herunter.
So passiert in 2024 in der Schweiz wo die meisten Länder- Indices stark zulegten und der SMI nur 7,5% reüssierte.Die vielgerühmte Diversifikation leidet natürlich bei solchen Konzentrationen.
Wenn z.B. Tesla einmal zum Marktwert statt zum manipulierten Träumerwert bewertet würde, würde es schon für eine Korrektur reichen.