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Negative Realzinsen sind die neue Inflation!

Eine passende Illustration für negative Realzinsen

Langfristdaten zeigen, dass die Realzinsen, also die um Inflation bereinigten Zinsen, seit Jahrhunderten sinken. Im Durchschnitt um 0,006 bis 0,016 Prozentpunkte pro Jahr. Setzt sich der Trend fort, sind Negativzinsen bald die neue Dauer-Realität! Wer dann Geld besitzt, zahlt dafür. Damit sind Negativzinsen die neue Inflation!

Vor einer Woche titelte ich erst: „Ist Ihr Portfolio auf Inflation vorbereitet?“, heute ergänze ich die dort veröffentlichten Informationen um neue Aspekte. Langfristdaten zeigen, dass die Realzinsen seit Jahrhunderten sinken. Gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder Inflationsausbrüche innerhalb das Abwärtstrends, auf die Sie sich als Investor vorbereiten sollten. Genauso wie der Aktienmarkt dank ständigen Wirtschaftswachstums langfristig nach oben strebt, kurzfristig aber immer wieder Crashs möglich sind. Auch darauf sollten sich Investoren vorbereiten.

Negative Realzinsen fressen den Wert Ihres Geldes auf!

Realzinsen haben nur mittelbar etwas mit Inflation zu tun. Sie stellen die Kapitalverzinsung nach Abzug der Inflation dar. 1% Realzinsen können also erreicht werden, indem Ihr Kapital zum Beispiel mit 2% verzinst wird, während 1% Inflation herrscht. Es könnte aber auch mit 100% verzinst werden bei 99% Inflation. Nun haben wir es aber inzwischen mit negativen Realzinsen zu tun. Sie zahlen 0,4% Zinsen auf Kontoguthaben und gleichzeitig frisst Ihnen die Inflation 1,5% des Geldwertes pro Jahr auf. Macht -1,9% Realzinsen.

Der Autor des verlinkten Papers geht auf Basis seiner Daten davon aus, dass negative Realzinsen nicht nur die neue Normalität darstellen, sondern künftig auch weiter absinken werden. Bis Ende dieses Jahrzehnts geht er davon aus, dass die kurzfristigen Realzinsen global im negativen Bereich liegen werden. Bis Ende des Jahrhunderts folgen auch die langfristigen Realzinsen.

Nicht nur die Realzinsen sinken seit 500 Jahren, sondern auch die Volatilität der Zinsen. Ausschläge in die Gegenrichtung werden also kleiner. Das geht soweit, dass der Autor damit rechnet, dass selbst drastische Änderungen in der Geldpolitik den Abwärtstrend höchstens kurzfristig beeinflussen könnten.

Negative Realzinsen sind normal, und kein Krisensymptom

Paul Schmelzings Daten lassen die Vermutung zu, dass die seit der Finanzkrise um sich greifenden negativen Realzinsen eine normale Entwicklung und kein Krisensymptom darstellen. Wenn das Absinken der Realzinsen ein seit Jahrhunderten zu beobachtender Effekt ist, der früher oder später die Realzinsen unter die Schwelle zum negativen Bereich drücken würde, dann war die Finanzkrise nur ein zufälliger Beschleuniger einer ohnehin zu erwartenden Entwicklung.

Was der Autor nicht beantwortet, das ist die Frage der Folgen einer solchen Entwicklung. Wenn Sparer nicht mehr mit einem Ausgleich für ihren Konsumverzicht in Form einer realen, positiven Verzinsung rechnen können, macht es keinen Sinn mehr, zu sparen. Mit Sparern sind keineswegs nur Sparbuchbesitzer gemeint. Jeder, der in eine fremd gemanagte private Altersvorsorge investiert, spart heutzutage zu einem beträchtlichen Teil in festverzinslichen Wertpapieren. Ob private Rentenversicherungen oder Pensionsfonds – sie alle stecken noch heute teilweise 80% des Geldes in Anleihen. Anleihen, die kaum oder keine reale Rendite mehr abwerfen, sondern neben den Verwaltungskosten der Versicherung bzw. des Fonds auch noch realen Geldwertverlust erzeugen.

Anleger werden künftig stärker ins Risiko gehen müssen!

Das Risikoprofil dieser Anlage- und Absicherungsform wird sich in der Zukunft deutlich ändern müssen. Statt Anleihen wird künftig vor allem in Aktien, Immobilien oder nicht börsennotierte Unternehmen investiert werden müssen, um für Kunden noch positive Renditen zu erwirtschaften. Damit einher gehen nicht nur deutlich höhere Risiken, sondern auch Kosten für die Kunden.

Weniger Sorgen machen müssen sich Regierungen. Deren Staatsanleihen sind mit garantierter Negativrendite natürlich wenig attraktiv. Doch zum Glück stehen die Notenbanken als Käufer bereit. Schon heute machen Notenbanken einen beträchtlichen Teil des Käufermarktes aus, wenn sie nicht sogar schon bei einigen Emissionen den einzigen echten Käufer darstellen. Da der direkte Ankauf von Anleihen beim Staat den meisten Notenbanken verboten ist, dienen Geschäftsbanken als Intermediär, so dass nicht klar ist, welcher Anteil einer Neuemission tatsächlich bei den Notenbanken landet.

Interessant wird es auch für Aktiengesellschaften. Wahrscheinlich ist, dass es künftig deutlich mehr Zombieunternehmen gibt. Das sind Unternehmen, die schon seit geraumer Zeit kein Geld mehr verdienen und nur durch Kredit am Leben erhalten werden. In Zeiten, in denen Kredit kein Geld mehr kostet, sondern sogar Zinsen einbringt, haben solche Unternehmen natürlich Hochkonjunktur. Viele Anleger stecken ihr Geld lieber in ein defizitäres Unternehmen, dessen Aktien Kurssteigerungen ermöglichen, als das Geld mit garantiertem Geldwertverlust auf dem Konto liegen zu lassen. Die hohe Zahl defizitärer Unternehmen an der Börse untermauert diese These. Über die immer beliebter werdenden ETFs werden auch kritische Anleger Teilhaber an solchen Unternehmen.



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4 Kommentare

  1. „…wird künftig vor allem in Aktien, Immobilien oder nicht börsennotierte Unternehmen investiert werden müssen…“

    und wieder einmal wird Gold vergessen. Ist das Absicht oder Unwissen?

  2. Sehr spannend, aber schreiben ich und andere seit geraumer Zeit und werde dafür regelmässig angegriffen…

  3. Und wieder einige Ungereimtheiten. Aus Erfahrung sparen pflichtbewusste Leute bei Negativzisen mehr, weil sie im Gegensatz zum Staat an die Zukunft denken.Darüber gibt es Statistiken.
    Es soll dann immer mehr Zombifirmen mit Verlust geben, die nur von Kurssteigerungen leben.Wenn ein Unternehmer über längere Zeit keine Gewinne macht, kann er den Betrieb aufgeben u.mit seinem Geld direkt an der Börse gewinnen u.die Verluste kann er sich ersparen.Zudem werden in den nächsten Jahren sehr viele kurzlaufende Unternehmensanleihen fällig, die höchstens zu höheren Zinsen erneuert werden können.Es ist naiv zu glauben, dass das Spiel noch lange so weiterläuft.
    Übrigens gibt es Länder die immer noch Zinsen haben, ( China ,Russland u.s.w.)

  4. VIELE ANLEGER STECKEN IHR GELD LIEBER IN DEFIZITÄRE UNTERNEHMEN DEREN AKTIEN KURSSTEIGERUNGEN ERMÖGLICHEN ALS AUF DEM KONTO MIT GARANTIERTEM WERTVERLUST LIEGEN ZU LASSEN ??????
    Wie naiv u.kurzsichtig, wie lange u.wie hoch können denn diese Kurse steigen. Brauchte es E.Murks u.Tesla um die ganze Ökonomie zu revolutionieren?

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