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Noch zu wenig Obdachlose in Griechenland? Eurogruppe hält 1 Milliarde Euro für Athen zurück

Das ist doch ziemlich dramatisch formuliert. Aber wenn man die folgende Situation zu Ende denkt, könnte man es doch glatt so drastisch betrachten. Zumindest benutzt der angesehene Bargeld-Verfechter und Finanzexperte Norbert Häring aktuell diese Worte. In Griechenland seien „noch nicht genug Hausbesitzer in die Obdachlosigkeit überführt worden“. Dies sei kein schlechter Witz, sondern grausamer Eurogruppen-Ernst.

Doch worum geht es? Das Rettungsprogramm der Eurogruppe für Griechenland (eher eine gigantische Umschuldung in die Zukunft) ist zwar beendet. Und die Eurogruppe erwähnt auch in ihrer aktuellsten Veröffentlichung, wie stolz man auf die Griechen ist mit ihrer jüngsten Emission zehn Jahre laufender Staatsanleihen. Das Ende der Hilfsmaßnahmen heißt aber noch nicht, dass auch die letzten Hilfsgelder schon überwiesen worden sind.

So waren noch 1 Milliarde Euro offen, die Athen noch von den Euro-Partnern erhalten soll. Für die in den letzten Jahren in Raten gezahlten Gelder musste Athen stets Bedingungen der Partner (Gläubiger) umsetzen, also Gesetze ändern, Reformen durchführen etc. Und ganz aktuell ärgern sich die Euro-Partner, dass Athen ein Gesetz noch nicht geändert hat. Es geht darum, dass Gläubiger Zugriff auf den Erstwohnsitz des Schuldners bekommen sollte – etwas, das in Deutschland und anderen Ländern eigentlich selbstverständlich ist. Zitat Eurogruppe:

At the same time, there are still a couple of points where details need to be fleshed out. The main outstanding issue is a potential new scheme for the protection of primary residences.

Zahlt ein Schuldner nicht wie vereinbart, kann der Gläubiger Sicherheiten wie Immobilien verwerten. Die Griechen sträuben sich offenbar gegen diese Änderung ihrer Gesetze. Premier Tsipras denkt wohl auch an die nächsten Wahlen? Denkt man das zu Ende, würde es bedeuten: Bei der nach wie vor desaströsen Lage in Griechenland könnten bei der Änderung dieses Gesetzes viele überschuldete Griechen aus ihrem selbst genutzten Wohneigentum fliegen und in die Obdachlosigkeit „entlassen“ werden.

Erst wenn die Griechen dieses Gesetz anpassen, will die Eurogruppe laut Ekathimerini vielleicht am 5. April bei ihrer nächsten Sitzung diese 1 Milliarden Euro für Athen freigeben. Die Eurogruppen-Mitglieder werden in Brüssel gestern Abend wohl kaum besprochen haben, dass in Athen noch zu wenig Menschen obdachlos sind. Aber ist man zynisch und sieht die Realität, dann wird es wohl letztlich dazu führen. Geld fließt. Aber erst, wenn ihr den Gläubigern die Chance gebt ihre Schuldner aus ihrer Wohnung zu werfen. Natürlich kann man aus deutscher, französischer oder finnischer Sicht sagen: Das ist bei uns eh längst der Normalzustand.

Athen Griechenland
Die Akropolis in Athen. Foto: Christophe Meneboeuf CC BY-SA 3.0



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