FMW-Redaktion
Also: diesmal meinen sie es ja wirklich ernst, die Öl-Produzenten. Einfrieren die Produktion, bei nächster Gelegenheit. Also beim OPEC-Treffen am 30.November in Wien. Unbedingt. Ganz sicher. Soll doch die Welt sehen, dass die Öl-Jungs die Sache noch im Griff haben. Ha!
Man formuliert also hehre Absichten und sagt: wir werden die Produktion einfrieren, keine Frage. Details klären wir später. So hat heute etwa der Energieminister der Vereinigten Arabischen Emirate gesagt: nö, über Details habe man noch nicht gesprochen von wegen der Einfrierung. Dumm nur, dass die Probleme eben die „Details“ sind. Also faktisch die entscheidende Frage: wer kürzt wieviel. Denn da geht es ja ans Eingemachte, nämlich um die Frage, wer welche Lasten trägt bzw. weniger verdient also zuvor.
Und genau da wird´s nämlich haarig. Nachdem man nämlich aus der Einfrierung schon einmal Libyen und Nigeria heraus gelassen hat, weil die armen Schlucker ja derzeit jeden Cent brauchen, hat heute der Irak, immerhin zweitgrößter OPEC-Produzent, verlauten lassen: also sorry, wir können leider nicht einfrieren, weil wir brauchen doch das Geld für die Bekämpfung des IS. Und damit ist die Büchse der Pandora geöffnet: nämlich die Suche nach Argumenten, warum man leider leider die Produktion doch nicht einfrieren könne. Venezuela etwa hat jede Menge Gründe, die Produktion nicht zu kürzen – weil man ist ja fast pleite. Und die Iraner sind sowieso nicht dabei. Also steigt der Druck auf die OPEC, jetzt unbedingt und zwingend die Russen ins Boot zu holen, sonst war´s das mit dem Thema Einfrierung! Und wenn man sich nicht einigen kann auf der OPEC-Sitzung Ende November, dann sieht´s schlecht aus für den Öl-Preis – denn eine Produktionskürzung ist schon fest eingepreist.
Nun könnte man ja meinen: ein so schwieriges und komplexes Thema wie die Festlegung von Quoten, wer wieviel kürzt, muß frühzeitig und intensiv angegangen werden. Aber nein, wie wir seit heute wissen: gesprochen hat man darüber noch nicht. Warum auch, läßt sich ja dann Ende November sicher an einem Tag abhaken, oder? Freitag und Samstag soll es immerhin „technische Gespräche“ geben – aber für die „Technik“ hat sich die OPEC noch nie so wirklich interessiert. Mehr so für Absichtserklärungen, die sich dann wundersam verflüchtigen..
Und wenn man sich die Fakten ansieht: Libyen etwa produziert wieder 600.000 Barrel pro Tag, im August waren es nur 260.000. Nun werden wieder Felder geöffnet, die von westlichen Konzernen bewirtschaftet werden, sodass die Produktion bald bei 900.000 Barrel liegen dürfte. Alleine das würde die von der OPEC beschlossene Reduzierung faktisch zunichte machen. Ups.
Auch in den USA deutet sich an, dass immer mehr Fracker wieder ins Geschäft kommen. So stiegen in der letzten Woche die aktiven Bohrlöcher (rigs) um 11, womit seit dem Tiefpunkt ein Anstieg von 40% der Fall ist.
Bohrinsel vor Norwegen. Foto: Jarvin Jarle Vines / Wikipedia / Gemeinfrei
Und rein technisch gesprochen: der Contango steigt wieder deutlich an, sprich der Preis-Abstand zwischen dem aktuellen Öl-Kontrakt (Dezember-Kontrakt) und dem Januar-Kontrakt steigt wieder deutlich – bei Brent ist er so hoch wie seit einem Jahr nicht mehr. Das bedeutet einerseits: derzeit ist wieder viel Angebot da. Und andererseits: die Raffinerien werden jetzt wieder vermehrt produzieren und damit das Angebot an Öl auf dem Markt wieder erhöhen.
Dazu noch die Tatsache, dass beim WTI die Netto-Future-Positionierung so long ist wie seit zwei Jahren nicht mehr. Die Neigung der Hedgefonds, den Bekenntnissen der ölproduzierenden Hochstapler blindlings zu glauben, ist schmerzhaft hoch ausgeprägt. Und wenn die merken, dass sie einmal mehr das Opfer von Lippenbekenntnissen geworden sind, wird´s hart. Der Teufel steckte ja bekanntlich schon immer im Detail – vor allem eben dann, wenn die Interessenslage so verdammt unterschiedlich ist. Aber diesmal ist sicher alles ganz ganz anders..
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