Der Ölpreis dürfte gerade für die Golfstaaten zu niedrig sein, weil man oft große Teile seiner Staatseinnahmen aus dem Verkauf von Öl bestreitet. Bisher war es jahrzehntelang so, dass die OPEC über die Fördermenge den Ölpreis relativ gut regulieren konnte. Aber seit Jahren nimmt die Kartell-Fördermenge als Lenkungsinstrument an Wirksamkeit ab. Denn vor allem die USA fördern immer mehr Öl und sorgen damit für ein konstant hohes Angebot am Weltmarkt. Es gibt aktuell einige gute Gründe, warum längerfristig weiter Abwärtsdruck im Ölpreis vorherrschen könnte.
Ölpreis nicht hoch genug – und mehr Schwäche voraus? Blick nach China
Der Brent-Ölpreis (siehe Chart seit Sommer 2020) stieg zwar nach Corona kräftig an auf 120 Dollar im Jahr 2022 aufgrund von Nachholeffekten bei der Ölnachfrage. Aber die letzten beiden Jahre sah man doch eher Preisschwäche, und zuletzt ist die Tendenz eher abwärts gerichtet, mit zuletzt Kursen um die 73 Dollar im Brent-Ölpreis.
Ein Grund für die aktuelle Ölpreis-Schwäche ist die geringe Nachfrage nach Öl in China. Und es könnte sich herausstellen, dass es eine zunehmende strukturelle Nachfrageschwäche in China ist, weil dort staatlich gefördert massiv auf Elektroautos umgeschwenkt wird. Bloomberg berichtete gestern: Von Tesla-Ladestationen in den alten Gassen, die die Verbotene Stadt in Peking umgeben, bis hin zu einsamen Autobahnraststätten mit Ladesäulen in den Wüsten des Westens – überall sind Anzeichen für die Elektrifizierung der chinesischen Transportflotte und das Ende des Benzins zu sehen. Laut offiziellen Statistiken haben die Verkaufszahlen von Elektro- und Hybridfahrzeugen in China nun tatsächlich einen Wendepunkt erreicht. In den vier Monaten seit Juli machten sie mehr als die Hälfte der Pkw-Einzelhandelsverkäufe aus, so die China Passenger Car Association. Dieser Trend wird die Nachfrage nach Kraftstoffen für den Verkehr voraussichtlich sinken lassen, was erhebliche Auswirkungen auf den Ölmarkt haben wird.
Die schneller als erwartete Verbreitung von Elektrofahrzeugen hat in den letzten Monaten die Ansichten von Ölprognostikern bei Energiekonzernen, Banken und Akademikern verändert. Anders als in den USA und Europa, wo auf Verbrauchsspitzen lange Plateaus folgten, wird erwartet, dass der Nachfragerückgang beim weltweit größten Rohölimporteur stärker ausfallen wird. Das Brokerhaus CITIC Futures Co. geht davon aus, dass der chinesische Benzinverbrauch bis 2030 um 4 bis 5 % pro Jahr sinken wird.
Kuwait investiert massiv
Was letzte Woche weltweit kaum Beachtung fand: Kuwait investiert gigantische Summen in neue Ölförderkapazitäten. Die Kuwait Petroleum Corp plant laut Bloomberg über einen Zeitraum von fünf Jahren etwa 10 Milliarden Dinar (33 Milliarden US-Dollar) für die Erhöhung der Ölförderkapazität auszugeben, und setzt dabei auf eine robuste Nachfrage in den kommenden Jahrzehnten. „Wir streben massive Investitionen an“, sagte der Vorstandsvorsitzende Scheich Nawaf Al-Sabah in einem Interview. Dies diene nicht nur dazu, unsere Produktionskapazität aufrechtzuerhalten, sondern sie letztlich zu erhöhen, wie es unsere Strategie vorsieht.
Kuwaits optimistische Prognose für die Nachfrage deckt sich mit der Einschätzung einer Reihe anderer Produzenten und Händler wie TotalEnergies SE und Vitol Group. Die Internationale Energieagentur, die wichtige Verbraucherländer berät, geht jedoch davon aus, dass der Ölverbrauch bis 2030 nicht mehr steigen wird, da die Umstellung auf Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien an Fahrt gewinnt. Die Ausgaben von KPC sind Teil eines 20-Milliarden-Dinar-Investitionsprogramms, das im April begann und alles von der vorgelagerten bis zur petrochemischen Industrie abdeckt. Die Explorations- und Produktionsabteilung des staatlichen Unternehmens strebt für das nächste Jahr eine Kapazität von 3,2 Millionen Barrel pro Tag und bis 2035 schließlich 4 Millionen Barrel pro Tag an. FMW: Wenn Kuwait sein Angebot an Öl massiv ausweitet, übt das logischerweise Druck auf den Ölmarkt aus, was einen schwächeren Ölpreis bedeuten könnte.
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USA fördern immer mehr Öl
Die USA fördern inzwischen deutlich mehr Öl aus Russland oder Saudi-Arabien. Zuletzt waren es 13,4 Millionen Barrel Öl pro Tag, nach 10 Millionen im Jahr 2018 und nur 5 Millionen im Jahr 2008. Für den Ölpreis bedeutet das: Je mehr Öl die privaten amerikanischen Förderunternehmen aus dem Boden holen und auf den Weltmarkt bringen, desto mehr Abwärtsdruck wird auf die Preise ausgeübt.
Trump macht Druck
Donald Trump hat eine klare Agenda: Es soll mehr Öl gefördert werden in den USA, noch mehr als ohnehin schon. Aber einige jüngste Aussagen der Ölbarone aus den USA zeigen, dass eine noch schnellere, noch stärkere Ausweitung der Fördermenge nicht so einfach über Nacht kommen wird. Je mehr Öl vorhanden ist, desto tiefer der Ölpreis. Und das ist für Trump ein Element seiner neuen Präsidentschaft. Er hat versprochen, die Lebensumstände seiner Wähler zu verbessern. Er will die Lebenshaltungskosten verbilligen, wobei ein niedriger Preis an der Tankstelle ein elementar wichtiger Faktor ist. Und so ist es nicht verwunderlich, dass Trump alle Hebel in Gang setzt, um schnelle Erfolge zu erzielen. Wie das Wall Street Journal gestern meldete, sollen Lobbyisten daran arbeiten, dass Donald Trump Venezuela einen Deal vorschlägt: Das Land sorgt dafür, dass weniger seiner Bürger in die USA auswandern – dafür lockern die USA das Ölembargo, und Venezuela kann Öl in den USA verkaufen. Für den Ölpreis wäre dies ein dämpfender Faktor.
OPEC keine eingeschworene Gemeinschaft
Seit Monaten versucht die erweiterte OPEC-Gruppe namens OPEC+, die Fördermengen für Öl wieder zu erhöhen. Aber die Konjunkturlage in China ist zu schlecht, und zu viel Öl ist bereits auf dem Markt. Würde die OPEC jetzt selbst mehr Öl fördern, würde dies wohl noch mehr Abwärtsdruck für den Ölpreis bedeuten. Und deswegen hat man in den letzten Monaten bereits mehrmals die Heraufsetzung der Fördermengen verschoben. Aber einige große OPEC-Mitglieder sind dafür bekannt, sich nie richtig exakt an die gemeinsam vereinbarten Fördermengen zu halten. Man darf vermuten, dass aus den Mitgliedsländern der OPEC nach und nach mehr Angebotsmenge auf den Markt kommt. Schafft man es nicht mehr so richtig, den Ölpreis durch knappes Angebot zu pushen, muss es eben eine größere Angebotsmenge sein, die mehr Geld in die Staatskassen spült? Sollte der Ölpreis längerfristig Schwäche zeigen, wäre das gut für die Konjunktur in großen Verbraucher-Regionen wie China, Europa oder die USA, weil niedrigere Kraftstoffpreise in allen Bereichen der Volkswirtschaft preisdämpfend wirken.
FMW/Bloomberg
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Trump hat versprochen die Energiepreise in den USA innerhalb von 12 Monaten nach Amtsübernahme um 50 % zu senken. Es dürfte interessant werden.
„Drill, baby, drill!“
Kuwait ist ein OPEC+-Mitgliedsland. Jedem einzelnen OPEC+-Mitgliedsland müsste doch klar sein, daß die Öl-Allianz im Ölgeschäft besser aufgestellt ist, wenn sie mit einer Stimme spricht, beispielsweise in Sachen Ölfördermenge.