Der Ölpreis ist binnen einer Woche deutlich gefallen, von gut 80 Dollar am 13. August sank WTI-Öl bis jetzt auf knapp über 73 Dollar (Chart zeigt Preisentwicklung seit März). Für diese aktuelle Schwäche gibt es mehrere Gründe, die man als wacklig bezeichnen kann.
Ölpreis-Rückgang – Iran hat immer noch nicht angegriffen
Zweieinhalb Wochen ist es her, dass vermeintlich Israel als Urheber ein großer Schlag gelungen ist. In Teheran tötete man den Chef der palästinensischen Terrororganisation Hamas, eine Demütigung für den Iran. Der Iran verkündete umgehend, dass man sich an Israel rächen würde – aber bis jetzt blieb ein Angriff auf Israel aus. Wirken zu viele ausländische Mächte beschwichtigend auf den Iran ein? Oder fällt es schwer, bei der vorhandenen Abwehrbereitschaft Israels einen wirksamen Angriff zu planen? Alles unklar. Aber je länger der Angriff auf sich warten lässt, desto größer scheint die Möglichkeit, dass die Angelegenheit sich beruhigt, oder dass nur ein mauer Gegenschlag auf Israel erfolgt? Jedenfalls scheint sich – zumindest im Augenblick – für den Ölpreis eine gewisse Art von Entspannung einzustellen. Je entspannter die Lage (oberflächlich) zu sein scheint, desto geringer sind die Chancen, dass es in der Region zu Versorgungsengpässen mit Öl für den Weltmarkt kommt. Und das entspannt die Preise.
China schwächelt – weniger Nachfrage nach Öl?
Von vielen Seiten hört man dieser Tage, dass die konjunkturelle Schwäche in China ein Grund ist für die Schwäche im Ölpreis. So einen Grund kann man heranziehen, oder auch nicht. Wenn man es tut, lautet die einfache Argumentation: Konjunkturflaute in China bedeutet weniger Ölnachfrage in China, deswegen fällt der Ölpreis.
Entspannung im Gaza-Krieg?
Der Gaza-Krieg läuft nun schon fast ein Jahr, ein Ende ist nicht in Sicht. Jüngst gab es eine Initiative von US-Außenminister Blinken für eine Art Waffenstillstandsabkommen, aber ohne wirklichen Erfolg. Er sagte aber, Israel habe einer Überbrückungsvereinbarung zugestimmt, um beiden Seiten Raum für die Ausarbeitung von Details zu geben. Für den Ölpreis bedeutet das aktuell: Auch kleinste Anzeichen einer Deeskalation rund um Gaza kann sich entspannend auswirken auf Ängste, dass es Versorgungsengpässe mit Öl aus der Region geben könnte.
Bloomberg-Einordnung
Bloomberg ordnet die Lage aktuell wie folgt ein: Der Ölpreis hat den Großteil seiner Gewinne in diesem Jahr wieder abgegeben, da Chinas schwache Wirtschaft die Angebotskürzungen der OPEC+ überschattet. Die Anleger beobachten auch die US-Wirtschaftsdaten, da eine niedrigere Inflation zu einer Lockerung der Zinssätze durch die US-Notenbank führen könnte – ein Segen für eine breitere Energienachfrage.
Analyse von Rohstofffexperten
Die Rohstoffexperten der Commerzbank äußerten sich gestern zum gefallenen Ölpreis mit einer Gesamteinschätzung für den Ölmarkt. Hier zeigen wir auszugsweise ihre Aussagen: Bislang ist es trotz der wiederholten Angriffe seitens der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe und Öltanker im Roten Meer nicht zu Angebotsausfällen gekommen. Das könnte sich aber bei einer direkten Konfrontation zwischen dem Iran und Israel ändern. Dies gilt insbesondere im Falle einer Beeinträchtigung der Öltransporte durch die Straße von Hormus. Durch diese Meerenge werden knapp ein Drittel der seewärtigen Öllieferungen bzw. rund ein Fünftel des weltweiten Ölangebots transportiert. Eine Umleitung über andere Transportrouten ist im Gegensatz zum Roten Meer nicht oder nur sehr begrenzt möglich, so dass dann eine spürbare Verknappung des Ölmarktes eintreten würde. Wir schätzen das Risiko dafür als gering ein.
Die OPEC und die IEA hatten die schwächere Nachfrage aus China als Grund für die Abwärtsrevisionen der Ölnachfrage genannt. Wir erachten den Rückgang im Ölpreis seit Freitag als übertrieben. Eine Ausweitung der OPEC+-Ölproduktion ab Oktober ist nun noch unwahrscheinlicher geworden. Wir rechen daher mit einer baldigen Preiserholung.
FMW/Bloomberg
Kommentare lesen und schreiben, hier klicken
Einem iranischen Angriff auf Israel ginge ein israelischer Angriff auf Hamas-Politbürovertreter Ismail Haniyya, der im Gegensatz zu Hamas-Vertreter Yahya Sinwar den 07.10.23 nicht zu verantworten hatte, auf iranischem Hoheitsgebiet voraus. Mit Haniyya hätte es auch eine Lösung in Sachen Gazastreifen gegeben. Das der Ölpreis zur Zeit diesbezüglich nicht als Frühindikator agiert, ist eine gefährliche Entspannung. O.k., zwischen dem Iran und Israel sind zur Zeit diverse konkrete Details unklar. Jedoch ein wackeliger Grund für den aktuellen Ölpreis. Auch im Zusammenhang mit der Straße von Hormus.