Zwar haben Saudi-Arabien und Russland am letzten Wochenende ihre Fördermengenkürzungen bekräftigt, was eigentlich für einen steigenden Ölpreis spricht. Aber am Ölmarkt schaut man diese Woche offensichtlich auf mögliche Anzeichen einer Konjunkturschwäche in Verbrauchsländern, was weniger Ölnachfrage und damit einen fallenden Ölpreis bedeuten würde. Aktuell geben verschiedene Daten diesem Szenario einer Nachfrageschwäche bei Öl Rückendeckung. Amerikanisches WTI-Öl ist von Freitag Abend bis jetzt um 4,20 Dollar auf 76,78 Dollar gesunken.
Ölpreis fällt – Lagerbestände erhöht?
Wenn Lagerbestände für Öl ansteigen, liegt das entweder an weniger Ölnachfrage, an mehr Produktion, oder an beiden Faktoren gleichzeitig. In diesem Fall kann der Ölpreis fallen, weil sich die Lagerbestände erhöhen und offenbar zu viel Öl am Markt vorhanden ist. Gestern spät Abends hat das private American Petroleum Institute (API) wie jede Woche seine Schätzung für die Rohöl-Lagerbestände in den USA veröffentlicht mit einem massiven wöchentlichen Anstieg von 11,9 Millionen Barrels (erwartet waren -0,3 Million Barrels). Heute um 16:30 Uhr deutscher Zeit werden die staatlichen Lagerdaten in den USA NICHT wie üblich vermeldet. Die Energiebehörde begründet den Ausfall der Datenveröffentlichung mit technischen „System Upgrades“. Also muss der Markt aktuell mit diesen API-Daten leben, die nicht immer zuverlässig sind.
Prognose für mehr Angebotsmenge an Öl in 2024
Die Aussicht auf eine erhöhte Angebotsmenge für Öl ist ebenfalls ein Argument für einen sinkenden Ölpreis. Und gestern Abend hat die US-Energiebehörde Energy Information Administration (EIA) genau so eine Prognose veröffentlicht. So soll die Produktionsmenge in den USA im nächsten Jahr im Jahresvergleich um 250.000 Barrels pro Tag wachsen, gegenüber vorigen Prognosen von +200.000. Allerdings wurde die weltweite Nachfrage-Prognose um 80.000 Barrel pro Tag angehoben. Und Bloomberg schreibt aktuell: Einem Bericht der US-Regierung zufolge wird die amerikanische Benzinnachfrage pro Kopf im nächsten Jahr auf ein 20-Jahres-Tief sinken, da die Preise an den Zapfsäulen und die Inflation wahrscheinlich zu einem Rückgang der Fahrbereitschaft führen werden. FMW: Das klingt nach verdammt guten Argumenten für Shorties, die einen fallenden Ölpreis sehen wollen!
Weitere Short-Faktoren
Bloomberg schreibt weiter: Auf der Angebotsseite bewegen sich die russischen Lieferungen in der Nähe eines Viermonatshochs, während die US-Rohölvorräte nach Branchenangaben in der vergangenen Woche um fast 12 Millionen Barrel gestiegen sind. „Der Markt ist eindeutig nicht so angespannt, wie viele erwartet hatten“, sagte Warren Patterson, Leiter der Rohstoffstrategie bei ING. „Dies fiel mit der nachlassenden Besorgnis über mögliche Versorgungsunterbrechungen im Nahen Osten und einer negativeren Stimmung zusammen.“
Kommentar
FMW: Im Augenblick ist die Stimmung bärisch, die Ölhändler wollen einen fallenden Ölpreis sehen, und finden dafür mehrere Argumente, vor allem für eine schwächelnde Nachfrage nach Öl. Konjunkturschwäche in China, Rezession in Europa? Aber der langjährige Blick auf den Ölmarkt zeigt: So eine negative Stimmung mit Fokus auf die Nachfrageseite kann schnell wieder drehen, und die Angebotskürzungen von Saudis und Russen können ruckartig wieder als Argument für steigende Kurse Oberhand gewinnen. Der Wunsch der Saudis nach höheren Ölpreisen sollte nicht unterschätzt werden, wie auch ihre Bereitschaft, diese durch weitere Mengenkürzungen herbeizuführen.
FMW/Bloomberg
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Die Monatsberichte der Öl-Allianz OPEC+ haben ja die weitere Entwicklung der Ölindustrie, wozu ja auch ExxonMobil gehört, weiterhin im Blick.