Der Ölpreis steigt gegenüber Freitag Abend plötzlich an von 69,30 auf 71,39 Dollar (WTI-Öl). Im Chart haben wir es markiert, der rote Pfeil zeigt die Bewegung seit der Eröffnung heute Nacht. Als Grund für diesen Anstieg kann man ganz klar die gestrige Entscheidung der erweiterten OPEC-Gruppe namens OPEC+ zu ihrer Öl-Fördermenge benennen.
Ölpreis steigt – OPEC verschiebt Erhöhung der Fördermenge
Eigentlich wollte die OPEC mit ihren externen Partnern wie Russland (OPEC+) die Öl-Fördermenge demnächst anheben. Aber Nachfrageschwäche und ein relativ niedriger Ölpreis haben wohl zu der Erkenntnis geführt, dass man nicht noch mehr Öl auf den Markt bringen sollte? Die OPEC+ hat sich laut Bloomberg darauf geeinigt, ihre Produktionssteigerung im Dezember um einen Monat zu verschieben. Dies ist die zweite Verzögerung ihrer Pläne zur Wiederbelebung des Angebots, da die Preise angesichts der fragilen Wirtschaftsaussichten weiterhin unter Druck stehen.
Die von Saudi-Arabien und Russland angeführte Gruppe OPEC+ hatte beabsichtigt, ab Dezember eine Reihe monatlicher Produktionssteigerungen um 180.000 Barrel pro Tag zu beginnen. Sie wird das Angebot in diesem Monat jedoch weiterhin einschränken, wie aus einer am Sonntag auf der Website der OPEC veröffentlichten Erklärung hervorgeht.
Die Gruppe hatte die Wiederaufnahme bereits von Oktober aufgeschoben, da die schwächelnde Nachfrage nach Öl in China und das steigende Angebot aus Amerika den Ölpreis unter Druck setzen. Die Brent-Futures sind in den letzten vier Monaten um 17 % eingebrochen und werden nun bei etwa 73 US-Dollar pro Barrel gehandelt, was für die Saudis und viele andere in der OPEC+ zu niedrig ist, um die Staatsausgaben zu decken.
„Die Marktbedingungen haben sich durchgesetzt“, sagte Harry Tchilinguirian, Leiter der Ölforschung bei Onyx Commodities. “Die OPEC+ hat gezeigt, dass sie die aktuellen makroökonomischen Realitäten, die sich auf China und Europa konzentrieren und auf ein schwächeres Wachstum der Ölnachfrage hindeuten, nicht ignorieren kann.“
Eine weitere Verzögerung könnte den Markt kaum stützen, da sie von vielen Händlern erwartet wurde. Die internationalen Märkte werden auch im nächsten Jahr mit einer Überversorgung konfrontiert sein, selbst wenn die OPEC+-Allianz keine Erhöhung des Angebots vornimmt, schätzt die Internationale Energieagentur in Paris. Citigroup und JPMorgan gehen davon aus, dass der Brent-Ölpreis im Jahr 2025 in den 60-Dollar-Bereich rutschen wird.
Der Schritt der OPEC+ sei „verhalten positiv“, sagte Giovanni Staunovo, Analyst bei der UBS Group AG in Zürich. Der Markt werde sich stattdessen auf die Reaktion des Iran auf die Angriffe Israels und den Ausgang der US-Wahlen konzentrieren, sagte er. Die Rohölmärkte haben ein Jahr des Konflikts im Nahen Osten, einschließlich des jüngsten Vergeltungsschlags Israels gegen den Iran, weitgehend ignoriert, da die Händler zunehmend zuversichtlich sind, dass die Öllieferungen aus der Region nicht beeinträchtigt werden.
Dies stellt eine finanzielle Bedrohung für Saudi-Arabien dar, das laut dem Internationalen Währungsfonds ein Preisniveau von annähernd 100 US-Dollar pro Barrel benötigt, um die ehrgeizigen Wirtschaftspläne von Kronprinz Mohammed bin Salman zu finanzieren. Der Ölmarktpartner des Königreichs, der russische Präsident Wladimir Putin, benötigt ebenfalls Mittel für seinen Krieg gegen die Ukraine.
„Für mich ist die Auswirkung auf die Stimmung wichtiger als die Zahlen“, sagte Amrita Sen, Forschungsdirektorin bei der Beratungsfirma Energy Aspects Ltd. ‚Der Markt hat die OPEC+ fälschlicherweise so eingeschätzt, als wolle sie den Markt überschwemmen, um Marktanteile zurückzugewinnen‘, aber stattdessen bleibt ihr ‚Hauptaugenmerk darauf gerichtet, die Ölvorräte unter Kontrolle zu halten‘.
Im Juni legten die OPEC und ihre Partner einen Fahrplan fest, um die in den letzten zwei Jahren reduzierte Förderung von 2,2 Millionen Barrel pro Tag schrittweise in monatlichen Tranchen wieder aufzunehmen. Doch die sich verschlechternden Fundamentaldaten haben ihre Pläne durchkreuzt, da die Nachfrage in China seit vier Monaten schrumpft und das Angebot in den USA, Brasilien, Kanada und Guyana steigt. Die Ölproduktion der USA erreichte im August mit 13,4 Millionen Barrel pro Tag einen neuen Monatsrekord.
„Angesichts der geopolitischen Spannungen im Nahen Osten und, was vielleicht noch wichtiger ist, der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen ist es für die OPEC+ absolut sinnvoll, die Aufhebung der freiwilligen Kürzungen um einen weiteren Monat zu verschieben“, sagte Jorge Leon, Senior Vice President beim Beratungsunternehmen Rystad Energy AS.
Die OPEC+ hatte Mühe, einige Mitglieder – insbesondere Russland, Irak und Kasachstan – dazu zu bewegen, ihren Anteil an den vereinbarten Förderkürzungen umzusetzen. Das Trio hat versprochen, sich besser daran zu halten und zusätzliche Beschränkungen einzuführen, um die Überproduktion auszugleichen – man hat aber im Allgemeinen mehr als seine Quoten gefördert. Die 23-Nationen-Allianz wird am 1. Dezember zusammenkommen, um die Politik für 2025 zu überprüfen.
Kommentar
FMW: Für die OPEC und ihre Verbündeten wird es von Jahr zu Jahr immer schwieriger, über die Höhe der eigenen Fördermengen den Ölpreis zu steuern. Denn vor allem die USA als gigantischer Ölproduzent (über die privaten Ölförderer) bringen immer mehr Öl auf den Weltmarkt. Theoretisches Szenario: Eine drastische Herabsetzung der Öl-Fördermenge durch die OPEC+ könnte zwar kurzfristig den Ölpreis pushen, dafür aber würden die reduzierten Verkaufsmengen dem höheren Preis bei den Einnahmen entgegenwirken. Aber die Aktualität zeigt eben: Immer höhere Fördermengen aus den USA drücken auf die globalen Preise – das ist ein kaum zu lösendes Problem für die Länder, die sich jahrzehntelang auf Öleinnahmen zur Deckung ihrer Staatsausgaben verlassen haben. Hinzu kommt die steigende Umstellung auf Elektroautos gerade in China, was die Nachfragemenge schrumpfen lässt.
FMW/Bloomberg
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Der Ölpreis reagierte hier zunächst auf einen normalen marktwirtschaftlichen Vorgang im Ölgeschäft. Dies bekräftigt auch die Tatsache, daß die Öl-Allianz OPEC+ die Situation der Ölindustrie im Zusammenhang mit den OPEC+-Monatsberichten stetig im Blick hat, und ggf. reagiert. Zur Situation im Naher und Mittlerer Osten kündigte der Iran aktuell an, daß Israel mit einem heftigen und komplexen Gegenschlag zu rechnen habe. Im Gespräch hierbei sind Raketen mit größeren Sprengköpfen als bisher/Quelle: n-tv-Fernsehtext. Die Auswirkungen auf den Ölpreis bleiben diesbezüglich abzuwarten. Sollte der 45. US-Präsident Donald John Trump die aktuelle US-Wahl gewinnen, ist damit zu rechnen, daß die US-Texas-Ölindustrie entsprechend viel Öl auf den Weltmarkt bringen wird. Die Öl-Allianz OPEC+ wird auch dieses im Blick haben, und ggf. in Sachen Ölfördermenge reagieren.
Öl ist weiterhin bis 20 USD zu Teuer. Ungerecht.