FMW-Redaktion
Der tagesaktuelle Ölpreis sei ihm egal, so der saudische Öl-Minister Al-Falih letzten Donnerstag auf der Pressekonferenz der OPEC in Wien. Man schaue nur auf sich selbst und die eigene Angebotsmenge. Wichtig sei es die Lagerbestände endlich kräftig runter zu bekommen. Es sei zwar schon einiges erreicht worden, aber eben noch viel zu wenig. Da die weltweiten Lagerbestände für Öl auf Wochenbasis extrem ungenau bis fast gar nicht richtig nachzuprüfen sind, wird sich der Öl-Trader wohl mehr denn je an die wöchentlichen Lagerbestände für Rohöl in den USA klammern, die wöchentlich von der staatlichen Energy Information Administration (EIA) veröffentlicht werden (jeweils Mittwoch 16:30 Uhr deutscher Zeit).
Entscheidend ist, da sind sich alle Beobachter einig, wie stark die Fracker in diesem Jahr (!) ihre Fördermenge raufschrauben werden. Von bis zu 1 Million Barrel pro Tag Zunahme ist die Rede, so einige Beobachter wie beispielsweise David Yergin von IHS. Was sagen die ganz aktuellen Daten? Die Anzahl der aktiven Öl-Bohrstellen in den USA ist Stand Freitag um 2 auf 722 gestiegen – das ist ein Anstieg von jetzt 19 Wochen am Stück!
Die Spekulanten (Hedgefonds etc) hatten laut US-Börsenaufsicht CFTC ihre Wetten auf steigenden Ölpreise kurz vor der OPEC-Sitzung vom 25. Mai kräftig raufgesetzt. Also hofften die Profi-Zocker auf deutlich stärkere Signale der OPEC, und wurden enttäuscht. Sie erhöhten ihre Netto Long-Positionen letzte Woche so stark wie noch nie in diesem Jahr mit +20% auf 193.143 Kontrakte bei Futures und Optionen. Dieser Optimismus könnte sich diese Woche nach der Enttäuschung von nur weiteren 9 Monaten Kürzung ändern.
Übers Wochenende und heute früh hört man von immer mehr Analysten: Die Lagerbestände, die Lagerbestände, die müssen runter. Welch eine Neuigkeit. Die offiziellen EIA-Lagerbestände in den USA sind bis letzten Mittwoch 7 Wochen nacheinander gefallen. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen, aber der Rückgang vollzieht sich in Zeitlupe. Die Schritte sind viel zu klein. In diesen 7 Wochen ging es runter von 535,5 auf 516,3 Millionen Barrels an Lagerbeständen in den USA. Genau das dürfte es sein, wovon Al-Falih redet.
Es ist zu wenig, und dauert zu lange. Daher hofft er, dass die fortgesetzte Kürzung von 1,8 Millionen Barrels pro Tag bis März 2018 ausreicht. Die Fracker dürfen auf der Gegenseite bloß nicht zu viel Fördermenge draufpacken – das wird entscheidend. Die Saudis selbst sagten Donnerstag in Wien man werde erst einmal etwas weniger exportieren. Damit dürften vor allem die USA gemeint sein. Wenn dort die nun beginnende „Driving Season“ (im Urlaub kräftig auf die Benzin-Tube drücken) die Nachfrage hochschraubt, und gleichzeitig weniger Importöl vorhanden ist, so könnte das den WTI-Ölpreis in den USA pushen, so die unausgesprochene Hoffnung.
Ganz aktuell liegt der WTI-Ölpreis im Niemandsland an der 50 Dollar-Marke. Am letzten Donnerstag nach der OPEC-Entscheidung war er fast 4 Dollar auf knapp über 48 Dollar gefallen. Jetzt hat man sich etwas beruhigt. Aber anscheinend weiß aktuell niemand wohin mit dem Preis.
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Dieser Artikel in Verbindung mit dem Shale2.0-Beitrag vom Freitag: absolut top! Darum mag ich FMW!
Zur Vervollständigung würde mich noch folgendes interessieren:
1) Umfassen die Daten der staatlichen Energy Information Administration eigentlich auch die Lagerbestände der Privatunternehmen (gibt es dort also eine Art Berichtspflicht an die EIA), oder werden hier nur die staatlich vorgehaltenen Lagerbestände erfasst?
2) Wenn sich der Rückgang der Bestände „in Zeitlupe“ vollzieht: Woher kommen denn dann die ausgleichenden Zuflüsse? Sind dies wirklich nur die Fracker, oder nicht vielleicht auch Importe? Gibt der EIA-Bericht hier irgendwelche Auskünfte?
3) Sie schreiben von den vielen kleinen Fracking-Buden: Sind denn nicht die ganzen Exxon, etc. ebenfalls mittlerweile stark in diesem Bereich engangiert? Die Großen haben zweifelsohne ganz andere Gewinnschwellen als die vielen kleinen.