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Ölpreis vor monatelang weiterem Anstieg? Man zähle 1 und 1 zusammen

Öl-Bohranlage

Wird der Ölpreis in den nächsten Monaten eine längere Phase des Anstiegs sehen? Möglich ist dieses Szenario, aber keinesfalls sicher. Was wären die Gründe für einen Anstieg? Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, twittert heute: „Wir verschärfen unsere Sanktionen, um maximalen Druck auf den Kreml auszuüben. Das neue Sanktionspaket beinhaltet ein Verbot von Kohleimporten. Und ich denke, dass früher oder später auch Maßnahmen für Öl und sogar Gas erforderlich sein werden.“ Gestern bereits verkündete EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen das komplette Sanktionspaket der EU gegen Russland, welches wohl in Kürze offiziell verabschiedet wird. Dort war zu lesen: „Wir arbeiten an weiteren Sanktionen, einschließlich in Bezug auf Erdöleinfuhren“.

Szenario für ansteigenden Ölpreis

Es ist also relativ klar, wohin die Reise geht. Beim nächsten Sanktionspaket der EU gegen Russland könnte in der Tat Öl enthalten sein. Vor allem Deutschland ist seit Wochen der große bremsende Faktor in der EU, wenn es um Brennstoff-Sanktionen gegen den Kreml geht. Denn man hat sich jahrelang in eine größer werdende Abhängigkeit zu russischen Energie-Importen begeben. Aber wegen dem Ukraine-Krieg hat vor allem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck volles Tempo aufgenommen, und verkündete bereits einen Tag nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs den Fahrplan seines Ministeriums, der da lautete: Bis zum Sommer sollen die Importe von russischem Öl halbiert werden, und „zum Jahresende streben wir an, nahezu unabhängig zu sein“, so das Papier im Wortlaut: Im Klartext: Bis Jahresende sollen die Einfuhren von Öl aus Russland im Idealfall auf Null reduziert werden.

Die anderen EU-Ländern dürften – je nach Grad der bisherigen Abhängigkeit zu Russland – schneller sein mit dem Absenken auf Null, oder zumindest das selbe Bestreben haben. Kein Öl mehr aus Russland, und das so schnell wie möglich. Das bedeutet: Die europäischen Einkäufer für den hiesigen Markt müssen andernorts auf dem Weltmarkt Öl einkaufen. Und das bedeutet Aufwärtsdruck für den Ölpreis. Aber natürlich ist es zu einfach, wenn man nur diesen Faktor für die Preisbildung bedenkt.

Preissenkende Faktoren

Es gibt auch dämpfende Faktoren für den Ölpreis. Da wären zum Beispiel die Öl-Reserven der USA – gerade erst hat die US-Regierung verkündet sechs Monate lang 1 Million Barrel Öl pro Tag auf den Markt zu werfen, um die Preise zu senken. Die anderen IEA-Staaten könnten vielleicht noch heute verkünden, wie viele Barrels sie auf den Markt werfen wollen. Erste Infos dazu gibt es, aber noch keine eindeutigen Aussagen der IEA. Zu dem Thema Öl-Reserven kommt noch hinzu: Berichte der letzten Tage zeigen, dass Indien nun damit beginnt deutlich mehr Öl aus Russland zu kaufen als üblich. Auch China dürfte zuschlagen. Denn russisches Öl wird dort mit anständigen Rabatten angeboten. Wenn russisches Angebot in Asien auf den Markt kommt, könnten die arabischen Öl-Produzenten auf mittlere und lange Sicht weniger Öl nach Asien verschiffen. Diese Mehrmenge an Öl könnte das Angebot für den Rest des Weltmarkts erhöhen, und damit womöglich den Ölpreis dämpfen.

Aber derzeit könnte das Szenario der stark ansteigenden europäischen Nachfrage nach Öl bei Produzenten jenseits von Russland zu einem steigenden Ölpreis am Terminmarkt (Brent und WTI) führen. Wenn zum Beispiel bei amerikanischen Öl-Förderern die Nachfrage aus Europa stark zunimmt, könnte dies logischerweise den Preis für das amerikanische WTI-Öl pushen. Es ist ein Szenario, welches sich über die nächsten Monate erstrecken könnte, je stärker sich die europäischen Öl-Einkäufer nach und nach von Russland abwenden, und nach Alternativen suchen. Aber ob es so eintritt, ist ungewiss. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt: Der Ölmarkt ist immer für Überraschungen gut.



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