Der Ölpreis hatte die letzten Tage einen Mega-Anstieg hingelegt. 100 Prozent Anstieg in drei Tagen und auch gerne mal 4 Dollar in nur 24 Stunden. Insgesamt schaffte der Ölpreis (amerikanisches WTI) binnen gut einer Woche einen Anstieg von 10 auf 26 Dollar, erreicht in der Nacht von gestern auf heute! Der Markt war getrieben von der großen Hoffnung. Weltweit werden die Corona-Beschränkungen gelockert, die Nachfrage nach Öl zieht an, und alles wird wieder gut? So vereinfacht ausgedrückt kann man diese Hoffnung beschreiben.
Ölpreis legt Pause ein
Aber seit heute Nacht ging es teilweise zügig nach unten. Der WTI-Ölpreis fiel von 26 auf 22,60 Dollar im Tief heute Mittag. Entweder man sieht diesen Rückfall als technisches Durchpusten an. Denn nach so einem schnellen und extrem großen Anstieg war es für die Terminmarkt-Trader endlich mal Zeit Gewinnpositionen zu schließen, was Verkaufsdruck auf den Öl-Kontrakt ausübt. Oder man könnte auch sagen, dass heute einige schlechte Daten Anlass gaben „endlich mal“ zu verkaufen. Als da wären so „Kleinigkeiten“ wie die ADP-Arbeitsmarktdaten mit 20 Millionen Arbeitslosen in den USA (war eigentlich so erwartet worden). Oder die heute veröffentlichten BIP-Aussichten der EU-Kommission, die mit einem Rückgang in der Eurozone von bis 7,7 Prozent in diesem Jahr vermeldet wurden. Wie auch immer, der Ölmarkt hat heute mal etwas durchgeschnauft. Was sind bei diesen riesigen Bewegungen derzeit noch Verluste von 3,40 Dollar?
Aktuelle Lagerbestände
Vorhin um 16:30 Uhr wurden in den USA die offiziellen Lagerbestände für Rohöl veröffentlicht. Mit einem Plus von „nur“ 4,6 Millionen Barrels im Wochenvergleich lag man spürbar unter den Erwartungen von +8,8 Millionen. Aktuell hält sich der WTI-Ölpreis nach diesen Daten bei 23,37 Dollar. Der Trader, der auf einen steigenden Ölpreis spekuliert, klammert sich wie schon letzte Woche an das Argument, dass die Lager zwar immer voller werden, aber halt nicht ganz so stark wie erwartet. Die US-Lager steigen nun seit 15 Wochen am Stück, aber wie gesagt. Zuletzt verlangsamte sich die Zunahme. Also, ist das ein weiterer Grund um Öl zu kaufen? Man vergesse bitte nicht, was wir bereits in vorigen Artikeln erwähnt hatten. Derzeit treffen im Golf von Mexiko an der US-Küste zahlreiche übergroße saudische Öl-Tanker ein, die eine gigantische Menge Öl in die USA bringen, welches gar nicht nachgefragt wird.
Diese Schiffe legten in Saudi-Arabien Ende März/Anfang April ab, als der Ölpreis-Krieg der Saudis in vollem Gange war. Kann es also sein (Frage erlaubt?), dass die Lager in den USA daher nächste Woche einen kräftigen Zuwachs erleben, was den Terminmarkt schockiert? Oder wird die möglicherweise steigende Öl-Nachfrage in den USA dies kompensieren, weil ja die Shut Downs der Coronakrise nach und nach gelockert werden? Für einen weiter steigenden Ölpreis könnte (nicht muss) derzeit auch sprechen, dass es weiterhin Signale der OPEC und ihrer Partner gibt, dass man sich derzeit konsequent an die vereinbarten Kürzungsmengen halten will. So sagte Russlands stellvertretender Energieminister Pavel Sorokin heute (hier mehr Details), dass das Land „schnell“ die Maximalmenge der Öl-Förderkürzung erreichen werde, und fügte hinzu, dass es in niemandes Interesse sei, das Opec+-Abkommen zu brechen.
Im Chart sehen wir den WTI-Ölpreis seit Dezember 2019. Die einzelnen Terminkontrakte sind hier sozusagen aneinander geheftet. Der große Absturz im April zeigt den ausgelaufenen Mai-Kontrakt. Danach folgt der aktuell gültige Juni-Kontrakt. Seit dem Start des größten Öl-Crash im Januar von 65 Dollar auf -37 Dollar (im Mai-Kontrakt), zeigt sich der aktuelle Juni-Kontrakt bis jetzt stabil und erholt. Er verkörpert aktuell die Hoffnung auf das weltweit konjunkturelle Comeback nach der Coronakrise, wodurch auch die Nachfrage nach Öl steigen würde.
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