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Ölpreis noch tiefer? Experten sehen Überangebot an Öl

Mehr Angebot, weniger Nachfrage nach Öl. Experten sehen weiterhin ein Überangebot. Der Ölpreis kann noch weiter fallen?

Öl-Flamme. Foto: Bloomberg

Der Ölpreis befindet sich seit einiger Zeit in einer Abwärtstendenz. Im Chart sehen wir die Entwicklung der letzten zwölf Monate: Der UK OIL CFD fällt alleine seit Mitte Januar von 82 Dollar auf aktuell 64,64 Dollar, ein massiver Absturz. Die letzten Wochen hat der eskalierende Handelskrieg von Donald Trump die Aussichten für den Welthandel und für die allgemeine wirtschaftliche Aktivität gesenkt, was wiederum die Ölnachfrage senken könnte. Dieses Szenario wird im Ölpreis sofort berücksichtigt. Nun gibt es mehrere Expertenaussagen, die ein globales Überangebot an Öl sehen. Wird dies weiteren Abwärtsdruck auf die Preise am Terminmarkt ausüben? Ein Blick auf die aktuellsten Aussagen.

Chart zeigt Ölpreis-Entwicklung der letzten zwölf Monate

Ölpreis fällt – Goldman warnt vor „großen Überschüssen“ bei Öl

Der globale Ölmarkt sieht sich in diesem und im nächsten Jahr mit „großen Überschüssen“ konfrontiert, da der Handelskrieg das Wachstum der Rohölnachfrage belastet und die OPEC+ die Angebotsbeschränkungen lockert, so sagte es laut Bloomberg gestern Goldman Sachs. Der weltweite Rohölmarkt wird 2025 voraussichtlich eine Überproduktion von 800.000 Barrel pro Tag und 2026 einen noch größeren Überschuss von 1,4 Millionen Barrel pro Tag aufweisen, wie Analysten, darunter Daan Struyven, in einer Notiz mitteilten (FMW: Für den Ölpreis könnte dies weiteren Abwärtsdruck bedeuten, wenn es auch im nächsten Jahr deutlich mehr Angebot als Nachfrage gibt).

Der Ölpreis erreichte diesen Monat ein Vierjahrestief, da der Handelskrieg – insbesondere die Konfrontation zwischen den USA und China – Ängste vor einer globalen Rezession schürte, die die Energienachfrage beeinträchtigen würde. Eine überraschende Entscheidung der OPEC+, die stillgelegte Produktion schneller als erwartet wieder aufzunehmen, hat die Baisse im Ölpreis noch verstärkt.

„Obwohl der Markt bereits einige zukünftige Bestandsaufbauten eingepreist hat, erwarten wir für 2025 und 2026 große Überschüsse, die die Preise weiter belasten werden“, so die Analysten. Derzeit wird erwartet, dass der Brent-Ölpreis im Durchschnitt bei 63 US-Dollar pro Barrel für den Rest dieses Jahres liegen wird, ein Basisszenario, das davon ausgeht, dass es keine Rezession in den USA und nur einen bescheidenen Anstieg der Lieferungen von der OPEC+ geben wird, so die Analysten.

Die weltweite Nachfrage nach Öl wird in diesem Jahr nur um 300.000 Barrel pro Tag steigen, wobei die stärkste Verlangsamung bei den petrochemischen Rohstoffen zu verzeichnen ist, so die Analysten. Letzte Woche haben die USA ihre Prognose für das globale Wachstum der Ölnachfrage auf etwa 900.000 Barrel pro Tag im Jahr 2025 gesenkt. Das sind etwa 400.000 Barrel weniger als in der Schätzung vom letzten Monat.

In den letzten Wochen gehörte Goldman Sachs zu den renommierten Banken, die ihre Prognosen für den Ölpreis nach unten korrigiert haben, da sich der von den USA angeführte Handelskrieg verschärft hat und die OPEC+-Verschiebung die Aussicht auf zusätzliche Lieferungen erhöht hat.

OPEC

Gestern verkündet die OPEC ihren Monatsbericht. Dort senkte das Kartell seine Prognosen für das Nachfragewachstum bei Öl für 2025 und 2026 um etwa 100.000 Barrel pro Tag, womit nun eine reduzierte Ausweitung um 1,3 Millionen Barrel pro Tag angenommen wird – oder etwa 1 % – für jedes Jahr. Auch diese Erwartung ist Ölpreis-Bärisch. Weniger Nachfrage nach einem Produkt wird nun mal preisdämpfend.

IEA: Globaler Öl-Überschuss wird 2026 aufgrund der sinkenden Nachfrage anhalten

Die Internationale Energieagentur hat heute die Prognosen für die weltweite Ölnachfrage in diesem Jahr angesichts des sich anbahnenden Handelskrieges drastisch gesenkt und in ihrer ersten detaillierten Einschätzung für 2026 einen anhaltenden Angebotsüberschuss vorhergesagt (FMW: Ölpreis-Bärisch). Bloomberg berichtet hierzu: Der Berater großer Volkswirtschaften senkte die Prognosen für das Nachfragewachstum im Jahr 2025 um satte 300.000 Barrel pro Tag – oder fast ein Drittel – auf 730.000 Barrel pro Tag, wie aus dem heutigen monatlichen Bericht hervorgeht. Die Hälfte des Rückgangs konzentriert sich auf die USA und China, die sich in einem ausgewachsenen Handelskrieg befinden.

Das Verbrauchswachstum wird 2026 mit 690.000 Barrel pro Tag noch langsamer sein, was auf „ein fragiles makroökonomisches Umfeld“ und die zunehmende Beliebtheit von Elektrofahrzeugen zurückzuführen ist, so die in Paris ansässige Agentur. „Die sich verschlechternden Aussichten für die Weltwirtschaft angesichts der plötzlichen starken Eskalation der Handelsspannungen Anfang April haben zu einer Herabstufung unserer Prognose geführt“, schrieben die IEA-Analysten.

Die Herabstufung folgt auf einen Einbruch im Ölpreis auf ein Vierjahrestief unter 60 US-Dollar pro Barrel in London letzte Woche, nachdem US-Präsident Donald Trump eine Reihe von Strafzöllen angekündigt hatte. Die Brent-Futures haben sich seitdem etwas erholt. Trumps Schritt, verbunden mit der überraschenden Entscheidung der OPEC+-Produzenten, die Produktionssteigerungen im nächsten Monat zu beschleunigen, löste eine Reihe von Ölpreis-Revisionen von Wall-Street-Giganten wie Goldman Sachs und JPMorgan aus. Da der Markteinbruch die US-Bohrunternehmen belastet, senkte die IEA auch ihre Schätzungen für neue Lieferungen außerhalb der Organisation erdölexportierender Länder in diesem Jahr um 200.000 Barrel pro Tag auf 1,3 Millionen Barrel pro Tag.

Diese zusätzlichen Lieferungen werden immer noch mehr als ausreichend sein, um die gedämpfte Nachfrage sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr zu decken. Im Jahr 2026 wird die Produktion außerhalb der OPEC+ um „robuste“ 920.000 Barrel pro Tag steigen, wobei das Wachstum weiterhin von den USA, Brasilien, Kanada und Guyana dominiert wird. Der weltweite Überhang wird im ersten Quartal des nächsten Jahres auf 1,7 Millionen Barrel pro Tag ansteigen, so die Daten der Agentur.

Inmitten der Trübsal zeigte der Bericht einige anhaltende Anzeichen von Stärke auf dem Ölmarkt. Das Nachfragewachstum war im ersten Quartal so stark wie seit 2023 nicht mehr, und die weltweiten Ölvorräte bewegen sich „nahe dem unteren Ende der Fünfjahres-Spanne“.

Dennoch sind die Aussichten insgesamt pessimistisch. Der OPEC-Führer Saudi-Arabien scheint den Marktabschwung überraschend zu fördern und die Gruppe dazu zu bewegen, die Produktion im Mai um das Dreifache der geplanten Menge zu erhöhen, um die anderen Mitglieder dazu zu zwingen, sich an ihre Fördermengenbeschränkungen zu halten. Es könnte sich dabei um eine kurzfristige Strategie handeln.

Für die IEA passt die Verlangsamung des Wachstums von zuletzt durchschnittlich etwa 1 Million Barrel pro Tag zu ihrer allgemeinen Prognose, dass der Ölverbrauch in diesem Jahrzehnt nicht mehr steigen wird, da der Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien an Fahrt aufnimmt.

Kommentar

FMW: Eine Aussicht auf weniger Nachfrage nach Öl bei gleichzeitig mehr Angebotsmenge auf dem Weltmarkt – diese hat der Ölpreis bis jetzt schon deutlich berücksichtigt. Aber es wäre gut denkbar, dass sich die Abwärtstendenz fortsetzt, wenn sich der Handelskrieg tatsächlich zum Abwürger der globalen Konjunktur entwickelt.

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Der 47. US-Präsident Donald John Trump, welcher im Zusammenhang mit der Schieferöl-/Frackingölindustrie sicherlich ein Interesse an einem möglichst stabilen Ölpreis hat, beabsichtigt ja, sich in der aktuellen, hießigen Woche zum Thema Zölle zu äußern. Die Öl-Allianz OPEC+ behält im Zusammenhang mit den OPEC+-Monatsberichten die Entwicklung der Ölindustrie im Blick.

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