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Ölpreis steigt deutlich – dafür gibt es verdammt gute Gründe

Der Ölpreis steigt derzeit immer weiter an. Der Preis für das amerikanische WTI-Öl liegt aktuell mit 84,61 Dollar, und damit nur 9 Cents unter dem Hochpunkt von heute früh, der den höchsten Stand seit Oktober 2014 darstellt. Noch am Freitag Nachmittag sah man Preise unter 83 Dollar. Letzten Donnerstag berichteten wir zuletzt über diverse gute Gründe, warum der Ölpreis weiter steigen könnte. Aktuell sind weitere Gründe hinzugekommen, die verdammt schwer wiegen.

Ölpreis steigt mit Blick auf deutlich geleerte Lager für Rohöl im Hauptlagerort der USA in Chushing

Das verschlafene Nest Cushing im US-Bundesstaat Oklahoma ist der größte Lagerort für Rohöl in den USA. Es ist auch ein gigantischer Knotenpunkt für die Verteilung von Öl. Offizielle Daten der US-Behörde Energy Information Administration (EIA) zeigen, dass die Lagertanks sich rasch leeren. Mit aktuell 31,3 Millionen Barrels erreicht das Niveau den tiefsten Stand seit Herbst 2018. Wichtig: Eine Mindest-Befüllungsmenge der Lagertanks von ca 20 Millionen Barrels ist laut allgemeiner Auffassung von Experten für den Normalbetrieb der Tanks in Cushing notwendig. Aber binnen zwei Wochen sanken die Tanks schnell um 4 Millionen auf wie gesagt 31,3 Millionen Barrels – das ist durchaus verblüffend für diese Jahreszeit.

Im folgenden Chart der EIA sehen wir das Level der Befüllung seit dem Jahr 2004. Experten weisen aktuell auf die sich rasch leerenden Tanks in Cushing hin. WorldOil spricht sogar davon, dass sich die Lager in Cushing kritischen Niveaus nähern. Die rasche Erschöpfung von Cushing zeige, wie knapp die weltweiten Ölvorräte seien – dies drohe den Ölpreis von seinem derzeitigen Niveau aus noch weiter in die Höhe zu treiben. Wir meinen dazu: Je weniger Rohöl in den Tanks lagert, desto besser für einen steigenden Ölpreis – denn man darf davon ausgehen, dass die Nachfrage nach Öl dann entsprechend groß ist, das Angebot zu klein, oder beides gleichzeitig. Die gesamten Lagerbestände für Rohöl in den USA wurden übrigens letzte Woche Mittwoch mit -0,4 Millionen Barrels überraschend niedriger als in der Vorwoche vermeldet. Auch das hilft den Öl-Bullen.

Grafik zeigt Lagerbestände für Rohöl in Cushing Oklahoma

Saudi-Arabien hält Knappheit bei Öl aufrecht

Der Experte Carsten Fritsch von der Commerzbank weist heute darauf hin, dass der in der OPEC dominierend Player Saudi-Arabien weiterhin nicht gewillt zu sein scheint mehr Ölangebot an den Markt zu geben. Der saudische Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman habe davor gewarnt den Anstieg im Ölpreis als gegeben anzusehen, da die Nachfrage noch immer durch die Corona-Pandemie getroffen werden könnte. Diese sei zwar eingedämmt, aber noch nicht vorüber.

Stark steigende Neuinfektionszahlen in Europa und neue lokale Lockdowns wie beispielsweise im Baltikum oder in Russland scheinen laut Carsten Fritsch seine vorsichtige Haltung zu bestätigen. Wir meinen: Man bedenke bitte, dass die OPEC erst am 4. Oktober die wichtige Entscheidung getroffen hat erstmal kein zusätzliches Öl auf den Weltmarkt zu bringen. Man verkündete, dass man auch für den Monat November die Fördermenge „nur“ um 400.000 Barrels pro Tag anhebt – so wie es vorher schon geplant war.

Fracker in den USA erhöhen ihre Förderung nicht

Laut Carsten Fritsch ist von der OPEC+ kurzfristig keine über das beabsichtigte Niveau hinaus gehende Produktionserhöhung zu erwarten. Dass Saudi-Arabien diese harte Linie durchziehen könne, liegt seiner Meinung nach auch an der nur zögerlichen Reaktion der US-Fracking-Industrie. Anstatt wie in früheren Zeiten die Produktion in Reaktion auf den gestiegenen Ölpreis deutlich zu erhöhen, würden sich die Frackingfirmen weiterhin zurückhalten.

Werfen wir doch mal einen Blick auf die Zahl der aktiven Öl-Bohrstellen in den USA. Sie steigt zwar an (siehe Chart, der bis 2012 zurückreicht) – aber das Nivea ist dramatisch niedriger als noch im Jahr 2014 – damals notierte WTI-Öl über 100 Dollar. Auch bei aktuell über 80 Dollar wäre Fracking in den USA längst ein profitables Geschäft. Aber die Fracking-Unternehmen scheinen sich diesmal (noch) zurückzuhalten mit dem Erhöhen ihrer Fördermengen – was auch gut ist für Spekulanten, die auf einen höheren Ölpreis setzen. Denn wenn die Fracker ihre Mengen nicht drastisch ausweiten, und ebenso wenig die OPEC, bleibt das Öl-Angebot relativ knapp.


source: tradingeconomics.com

Im folgenden TradingView Chart sehen wir den Verlauf im WTI-Ölpreis seit dem Jahr 2013.

Chart zeigt Verlauf im WTI-Ölpreis seit dem Jahr 2013

Öl-Tanks in Kanada
Beispielbild für Öl-Tanks in North York, Ontario. Foto: Magnolia677 CC BY 4.0



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