Der Ölpreis zeigt sich nach den jüngsten Anstiegen sehr robust! Heute ist letzter Handelstag im Future-Kontrakt mit Liefertermin Juni. Und siehe da. Ganz anders als noch vor vier Wochen beim Mai-Kontrakt scheint jetzt der Übergang von Juni auf den neuen Front-Monat Juli reibungslos zu funktionieren. Der Juni-Kontrakt notiert aktuell sogar gut 80 Cents höher als der nun neue Front-Monat Juli! Das Handelsvolumen für Juni liegt heute laut Börsendaten bei 89.376 Kontrakten, für Juli bei 561.527 Kontrakten. Die Preise auch für die folgenden Kontraktmonate liegen aktuell eng beieinander (hier eine Übersicht). Von daher wirkt der Markt aktuell recht gesund, anders als vor vier Wochen mit dem dramatischen Ereignis negativer Ölpreise!
Ölpreis robust auf dem Weg nach oben?
Ist der Ölpreis aktuell mit 32 Dollar robust unterwegs, und läuft heute weiter nach oben, nachdem der Markt in den letzten 24 Stunden eine kleine Pause auf hohem Niveau eingelegt hat? Gut möglich. Schauen wir uns den Chart an, der den WTI-Ölpreis seit dem 4. Mai zeigt. Ein tagelanger kräftiger Anstieg von 20 auf gestern in der Spitze 33 Dollar ist hier zu sehen. Dass der Markt da mal kurz durchschnauft, ist mehr als verständlich. Wir haben die letzten Tage diese kräftige Rally mit aktuellen Berichten begleitet, aber auch immer vor Rückschlagpotenzial gewarnt. Bislang lief der Markt aber weiter. Schafft WTI es heute die 33 Dollar zu überschreiten und weiter anzusteigen?
Heute Abend um 22:30 Uhr deutscher Zeit werden die privat erhobenen API-Daten für die Öl-Lagerbestände in den USA veröffentlicht. Sie sind wie jede Woche die Vorschau auf die staatlichen Daten, die morgen Nachmittag veröffentlicht werden. Letzten Mittwoch gab es nach 15 Wochen Anstieg in Folge überraschend einen kleinen Rückgang der Lagerbestände. Morgen wird es sehr interessant zu sehen, ob sich die Lagerbestände weiter beruhigen – oder ob das von den zahlreichen saudischen Supertankern entladenes Öl die Lager in Texas, Oklahoma etc wieder gefüllt hat.
Was machen die Öl-Förderer bei dem rasch gestiegenen Ölpreis?
An dieser Stelle möchten wir auf einen interessanten Bericht von Robert Zach verweisen. Er weist hin auf gestern in den USA offiziell veröffentlichte Daten zur Fracking-Produktion von Öl. Das Volumen werde im Juni wohl auf den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2018 zurückgehen. Es ist einfach nachvollziehbar. Der Ölpreis war die letzten Monate derart kollabiert, dass die Öl-Produktion für zahlreiche private Fracking-Firmen in den USA zu einem Minusgeschäft wurde. Mit jedem geförderten Barrel Öl vergrößerte man seinen Verlust – von daher sinkt derzeit die Produktion. Bei dem aktuell schnell wieder steigenden Ölpreis ist andererseits aber auch die aktuelle Frage der Expertin Amena Bakr berechtigt (siehe hier), ob die Fracker in den USA nicht bald auf die Idee kommen könnten ihre Fördermengen wieder hochzufahren.
Dies könnte passieren, weil dank dem schnell wieder gestiegenen Ölpreis bei manchen Anbietern die Rentabilitätsschwelle wieder überschritten sein könnte. Genau dieses Szenario hat Donald Trump gestern in nur drei Worten zum Ausdruck gebracht. „Oil is back“. Die US-Ölindustrie könnte bei diesem Ölpreis wieder kostendeckend fördern, so die Idee dahinter. Aber liebe Leute, so möchten wir anmerken… die globale Öl-Förder-Community müsste doch bitte erstmal einige Zeit die Kürzungen konsequent durchhalten, damit die Nachfrageseite sich überhaupt mal wieder kräftig erholen kann. Sonst bringt das alles ja nichts mit den Kürzungszusagen! Erhöhen die Fracker wieder schnell ihre Fördermengen, vergrößern sich wieder die Abstände zwischen Angebot und Nachfrage, und der Ölpreis könnte erneut crashen.
OIL (ENERGY) IS BACK!!!!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) May 18, 2020
Die Lage am Markt ist ähnlich wie gestern. Die Stimmung hellt sich weiter auf, die globale Öl-Nachfrage sollte, könnte, müsste derzeit von Tag zu Tag immer weiter zunehmen. In China soll das Nachfragevolumen nach Öl angeblich wieder das Niveau von vor der Coronakrise erreicht haben. Neben der großen Hoffnung auf die stetig steigende Nachfrage nach Öl blickt der Markt natürlich genau so auf die Angebotsseite. Nicht nur die Fracker in den USA, auch Länder im Nahen Osten (zum Beispiel der Irak?) könnten der Versuchung erliegen die Kürzungsvereinbarungen zu ignorieren, und „mal schnell“ mehr Öl fördern. Also, es bleiben Risiken bestehen für die Öl-Bullen. Aber derzeit wirkt alles so, also würde der Ölpreis nach dieser aktuellen Verschnaufpause weiter ansteigen können. Wie gesagt, 13 Dollar Anstieg in wenigen Tagen – das ist heftig! Ob es mit der Hausse weitergeht und in welchem Umfang, kann niemand vorhersehen. Aber die Grundstimmung scheint aktuell weiterhin gut zu sein. Lesen Sie beim Klick an dieser Stelle einen interessanten aktuellen Artikel von Wolfgang Müller mit der Fragestellung, ob es im Ölpreis zu einer Erholung in V-Form kommt.
Powell und EU-Hilfsfonds
Hier nochmal kurz ein aktueller Analystenkommentar, der verdeutlicht, warum die Stimmung derzeit grundsätzlich so positiv ist. Was den Aktien hilft, das tut auch dem Ölpreis dieser Tage gut. Denn alles was die Konjunktur pusht, bringt vermeintlich auch die Öl-Nachfrage nach oben! Milan Cutkovic, Marktanalyst bei AxiTrader, sagte heute früh folgendes, auszugsweise im Wortlaut:
Auch treibt immer noch die Ankündigung von Fed-Chef Powell die Kurse, dass die Notenbank noch viel Munition im Waffenschrank hat, falls diese benötigt würde. Anleger zeigen sich optimistisch, dass die Federal Reserve die Märkte weiterhin stützen und für den nötigen Rückenwind sorgen wird. Die Ankündigung, dass Deutschland und Frankreich 500 Milliarden Euro für den Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft einsetzen wollen, kam ebenfalls positiv an. Es bestehen weiterhin bedeutende Hürden, immerhin ist es aber ein Fortschritt. Für die Europäische Union steht einiges auf dem Spiel. Es geht nicht nur um die Wiederbelebung der Wirtschaft, sondern auch um das Vertrauen der Bürger, aber auch der Investoren in die Union.
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Was Amena Bakr sagt, ist ja das worauf ich auch schon mal hingewiesen habe: Bei steigenden Preisen würde es mich nicht wundern wenn einige Bohrlöcher wieder geöffnet werden, weil die Produktion dann wieder rentabel ist. Die Opec versteht nur nicht das sie mit kurzfristigen Preiskriegen die Fracker nicht tot kriegen werden, dazu muss sie den Ölpreis dauerhaft sehr niedrig halten was aber die Förderländer nicht überleben werden.
Sobald die Preise wieder auf oder über rentables Niveau hinaussteigen sind die Fracker wieder da. Ich schätze mal das dieses Niveau zwischen 20 und 30 US-Dollar liegt.