FMW-Redaktion
Der WTI-Ölpreis steigt immer weiter, und schleicht sich langsam an das Niveau um 60 Dollar heran. Gestern hatten wir über die Positionierung des harten Kerns der OPEC berichtet. Dort ist man durchweg positiv eingestellt für eine weitere zeitliche (!) Verlängerung der Fördermengenkürzung von 1,8 Mio Barrels pro Tag. Diese geht bislang bis März 2018, und dürfte wahrscheinlich bis Herbst 2018 verlängert werden.
Aber wie wir gestern auch berichteten: Das Nicht OPEC-Mitglied Russland als großer und wichtiger Teilnehmer der Kürzung hat sich bislang noch gar nicht geäußert. Irina Slav von oilprice.com führt in ihrem aktuellsten Artikel genau zu diesem Thema (lesenswert) gute Gründe an, warum Russland diesmal überraschend nicht an einer Verlängerung mitwirken könnte. Bei einem Staatsbudget, das mit einem Ölpreis von 40 Dollar zufrieden ist, kann man in Moskau die Lage eh deutlich entspannter betrachten als am Golf.
Russlands bislang ausgebliebenen Äußerungen bleiben ein Damoklesschwert über dem Markt, welches er derzeit phantastisch ignoriert. Der Preis steigt, alleine von gestern auf heute um mehr als 1 Dollar auf jetzt 57,82 Dollar (WTI). Unterstützt wird dieser Drang nach höheren Preisen von den gestrigen API-Daten. Mit einem Minus von 6,4 Millionen Barrels auf Wochenbasis deuten sie auf weiter rückläufige Lagerbestände beim Rohöl hin. Wie die Daten wirklich aussehen, erfahren wir heute um 16:30 Uhr deutscher Zeit durch die offiziell verkündeten Daten in den USA (wir berichten umgehend).
Terminmarkt-Händler in den USA führen für den ganz aktuellen Schub im Ölpreis folgenden Hauptgrund an. Bei der quer durch Nordamerika verlaufenden Keystone-Pipeline von Kanada bis nach Texas sind jüngst große Mengen Öl in South Dakota ausgetreten – und das auch noch genau dort, wo Indianer, Umweltschützer und Bürgerrechtlicher seit Monaten und Jahren massiv protestierten, und genau vor so etwas gewarnt hatten.
Daher hat der Pipeline-Betreiber TransCanada erst einmal beschlossen die Durchfuhr von Öl durch die Pipeline um mindestens 85% zu reduzieren. Das wird folglich kurzfristig zu weniger Ölangebot in den Raffinerien in Texas führen. Weniger Angebot bedeutet steigende Preise, so die kurzfristig richtige Denkweise. Wir aber meinen: Genau wie bei den Tropenstürmen in September im Golf von Mexiko wird die Förderung nach ein paar Tagen oder Wochen wieder auf alte Niveaus hochgefahren – von daher sind das recht dünne Argumente für steigende Ölpreise.
Dass man daher genau so ein Argument heranzieht, zeigt doch eines: Der Terminmarkt will derzeit steigende Preise, sei es eben mit diesem kurzlebigen Argument als Basis! Ach übrigens: JP Morgan hat ganz frisch in seinem Rohstoffausblick für 2018 verkündet, dass die Ölmärkte nächstes Jahr ausbalanciert sein werden, wenn sie von zeitlich verlängerten Produktionskürzungen unterstützt würden. Ohne diese Verlängerung würden die Ölmärkte einen Angebotsüberhang produzieren.
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