Märkte

Ölpreis zu hoch? Markt ignoriert jüngste negativen Daten

Eine Öl-Pumpe

Der Ölpreis notiert aktuell bei 46,37 Dollar (WTI-Öl). Im Chart sehen wir den Kursverlauf der letzten zehn Tage. Ist dieses Preisniveau viel zu hoch? Dazu müssen wir uns zwei Faktoren anschauen, einen aus der letzten Woche, und einen von gestern. Und man sollte sich fragen, warum der Ölpreis trotz dieser Faktoren so stabil geblieben ist. Ganz aktuell kommt nach der EZB-Entscheidung von 13:45 Uhr und der PK von 14:30 Uhr noch hinzu, dass der Euro aufwertet, und der US-Dollar somit verliert. Dies pusht den Ölpreis noch ein wenig mehr nach oben.

OPEC erhöht Fördermenge

Wir berichteten letzte Woche ausführlich. OPEC und externe Partner einigten sich darauf ab Januar pro Tag 500.000 Barrels Öl mehr zu fördern. Eigentlich eine Katastrophe für den Ölpreis. Aber er fiel Ende letzte Woche überhaupt nicht. Daraus konnte man schlussfolgern, dass die Masse der Marktteilnehmer eher erleichtert zu sein schien, dass die Gesamtgruppe, die man als OPEC+ bezeichnet, nicht noch mehr Öl fördern wird. In der Realität dürften einzelne Teilnehmerländer dieser Gruppe wohl mal wieder mangels Disziplin mehr Öl fördern als vereinbart, wodurch in der Praxis wohl mehr Steigerung der Födermenge entsteht als +500.000 Barrels pro Tag. Aber der Ölpreis zeigte letzte Woche eine Beruhigung, die zeigte: Man war wohl erst einmal froh, dass man noch halbwegs gut weggekommen war mit diesem bisschen Fördermengenanstieg.

Öl-Lagerbestände können Ölpreis nur ganz kurz beeindrucken

Dann gab es gestern dieses Erdbeben. Die Erwartungen lagen bei -1,4 Millionen Barrels wöchentliche Veränderung in den Öl-Lagerbeständen in den USA. Aber nein, die staatliche Energie-Agentur vermeldete  gestern Nachmittag einen Anstieg der Bestände von 15,2 Millionen Barrels (wir berichteten). Was für ein gigantischer Zuwachs, der den Ölmarkt völlig unerwartet traf. Dies bedeutet entweder eine deutlich geringere Öl-Nachfrage in den USA, deutlich zu viel Angebot, oder beides gleichzeitig. Auf jeden Fall ist das keine gute Nachricht für die Bullen, die auf einen steigenden Ölpreis hoffen.

Der WTI-Ölpreis reagierte gestern Nachmittag sofort mit einem Preissturz von 46 Dollar auf 44,94 Dollar. Aber dann, nur wenige Minuten später, erholte sich der Markt sehr schnell, und der Ölpreis notierte wieder bei 46 Dollar. Bis jetzt konnte er dieses Niveau sogar leicht ausbauen, auf wie gesagt aktuell 46,37 Dollar.

Eugen Weinberg von der Commerzbank, Deutschlands womöglich renommiertester Rohstoff-Experte, kommentiert in seiner heutigen Öl-Analyse den gestern erstaunlicherweise nicht gefallenen Ölpreis nach dem dramatisch großen Anstieg der Öl-Lager, mit der Headline „Teflon-Ölpreis“. Damit will er zum Ausdruck bringen, dass der Ölmarkt diese schlechten Nachrichten einfach ignoriert und den Ölpreis nicht fallen lassen will. Eugen Weinberg geht im Detail auf die wirklich negativen Lagerdaten aus den USA ein. So seien auch die Zahlen für die Ölprodukte enttäuschend gewesen. Denn auch die Benzin- und Destillatevorräte stiegen um 4,2 Mio. bzw. 5,2 Mio. Barrels. Die US-Benzinnachfrage fiel dabei auf 7,6 Mio. Barrel täglich, den niedrigsten Stand seit dem Lockdown Anfang Juni. Sie lag damit 15 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Alles eigentlich keine guten Nachrichten im Sinne eines robusten Ölpreises.

Der Markt ist frohen Mutes

Aber warum will der Ölpreis denn nicht fallen? Dies darf erklärt werden mit einer offenbar kräftigen Euphorie, die auch den Aktienmarkt seit einigen Tagen pusht. Vorgestern wurde in Großbritannien zum ersten Mal gegen Corona geimpft. In Kürze werden viele andere Länder folgen, davon darf man ausgehen. Nun glaubt der Markt offenkundig an eine relativ schnelle konjunkturelle Erholung. Und man scheint sich (wohl zu Recht) auf die weitere Gelddruck-Unterstützung von Fed und EZB zu verlassen. Und wie man heute ja sieht, die EZB druckt weitere 500 Milliarden Euro, und kauft damit Anleihen.

Chart zeigt Ölpreis im Verlauf der letzten zehn Tage



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